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Der verlorene Troll

Der verlorene Troll

Titel: Der verlorene Troll
Autoren: Charles Coleman Finlay
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Überreste seiner Wolfsmaske. Bald würden sich die letzten Feiernden auf den Heimweg machen. Bran wusste, dass er sich ihnen nicht anschließen würde. Er würde die beengten Räumlichkeiten hinter den Schloßmauern für lange Zeit nicht mehr verlassen.
    »Bedeutete ihm der Name etwas?« Die Stimme klang nun hart, gefährlich, so wie kurz zuvor draußen vor dem Saal.
    »Nein.«
    »Das«, sagte der Mann hinter der Maske, »macht die Angelegenheit nur noch rätselhafter. Ich habe keine Ahnung, warum er tat, was er tat.«
    Er hob beiläufig den Finger, worauf der Diener ihm einen Kelch mit Wein brachte. Vielleicht schmerzt ihm auch der Kopf, dachte Bran. Und er fragte sich, ob er den anderen Namen des Fremden hätte erwähnen sollen, den schwierigen, den, den dieser ihm zuerst genannt hatte.



Kapitel 1

    Drei Menschen drängten sich in einem engen Gang. In der Dunkelheit konnten sie den Weg vor sich kaum erkennen. Während Yvon noch einmal den Knoten prüfte, wiegte die Amme den betäubten Säugling in den Armen und murmelte: »Oh, Claye. Mein armer Schatz, mein armer, armer Schatz.«
    Yvon zog am Seil und überzeugte sich davon, dass es sicher am Pfosten befestigt war. Dann nahm er das zusammengerollte Ende und trat vorsichtig um die Frau und das Kind herum. »Bitte entschuldigt, Lady Xaragitte.«
    Sie sprach liebevoll mit dem Kind, ohne auf ihn zu achten.
    Als er die Kammer betrat, wehte eine Brise den Gestank von Unrat durch das Sitzloch hinein. Er ließ das Seil fallen, tastete nach der Steinplatte und versuchte vergeblich, sie zur Seite zu wuchten. Das wochenlange Fasten während der Belagerung hatte ihn geschwächt.
    »Braucht Ihr Hilfe?«, fragte eine atemlose, hohe Stimme.
    Yvon drehte den Kopf zur Tür. Dort stand Kepit, der Eunuch, Lord Gruethrists Verwalter, mit einer Kerze in der Hand, die sein rundes Gesicht erhellte.
    »Nein, Mylady«, erwiderte Yvon höflich. »Ich schaffe das.«
    Mit zusammengebissenen Zähnen stemmte er sich erneut gegen die Platte. Stein schabte auf Stein, als sie endlich beiseiteglitt. Yvon warf das Seil durch das Loch und verfolgte seinen Fall. Aus der Dunkelheit in die Dunkelheit - genau wie das Leben, dachte er.
    Er schaute auf und sah gerade noch, wie der Eunuch mit drei Fingern Stirn, Kinn und Brust berührte und dabei die Namen zweier Götter murmelte. »Solltet Ihr eines Tages doch beschließen, das Kleid zu wählen«, sagte Kepit, »wird unsere Herrin dafür sorgen, dass Ihr meinen Besitz erhaltet.«
    Yvon wusste die Ehre zu schätzen, aber aus anderen Gründen als den Vorzügen, die Rang oder Besitz boten. Einen Lidschlag lang ruhte sein Blick auf Xaragittes Umriss hinter dem Eunuchen.
    »Wenn ich an dem Seil zupfe, ist es sicher. Verstanden?«
    Der Eunuch nickte.
    Yvon packte den Strick und ließ sich durch das Loch hinab. Trotz seiner hageren Gestalt hatte er Mühe, sich durch den Hohlraum zu zwängen. Als er unter der Kammer wieder zum Vorschein kam, stemmte er die Füße gegen den Fels. Er schaute sich um, entdeckte aber keine Anzeichen von den Belagerern. Um herauszufinden, wo sie steckten, reckte er den Kopf in die andere Richtung.
    Der vordere Teil der Burg brannte, Flammen leckten wie Löwenzungen am Himmel. Die Eichenbalken am Dach der großen Halle verwandelten sich in Blätter aus schwarzer Asche, ein wogender Wald aus Rauch, der die Sterne verdeckte. Die Belagerer hatten ihre Posten verlassen, sie drängten sich um das Haupttor und starrten auf die Feuersbrunst wie Motten, die von einer Kerze angelockt werden - so wie Lord Gruethrist es vorhergesagt hatte, ehe er mehrere mit Öl gefüllte Häute nahm, zu den Dachsparren emporkletterte und die Burg in Brand setzte, die er einst mit eigenen Händen erbaut hatte.
    Yvon hangelte sich hastig in die Tiefe und landete auf einem kleinen Wall inmitten des schmutzigen Wassers. Er zog am Seil, und sogleich verschwand es in der Dunkelheit über ihm. Der stechende Dunst ließ seine Augen blinzeln, und er hielt die Luft an, um den fauligen Gestank der Abwässer nicht einzuatmen.
    Ein Mann, allein, in der Dunkelheit, auf einer Insel aus Scheiße - das war an sich schon eine angemessene Beschreibung sämtlicher schlechter Momente in Yvons Leben, doch zum ersten Mal entsprach es voll und ganz der Wahrheit.
    Der kleine Hügel aus alten Exkrementen und Unrat unter seinen Füßen wurde von üppig wuchernden Rebengewächsen zusammengehalten, tiefer verwurzelt und noch widerspenstiger als die Bergbauern in ihren Tälern. Zwischen
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