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Der Tote im Schnee

Der Tote im Schnee

Titel: Der Tote im Schnee
Autoren: Kjell Eriksson
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Lindell zusammengearbeitet und glaubte der Aufgabe gewachsen zu sein, spürte aber dennoch Unsicherheit und Ungeduld wie ein Kribbeln in allen Gliedern.
    Erneut griff Haver nach dem Telefon, rief den Staatsanwalt an und versuchte anschließend, einen gewissen Andreas Lundemark zu erreichen, der für die Schneekippe in Libro verantwortlich war. Haver wollte sich ein Bild davon machen, wie die Arbeitsabläufe da draußen geregelt waren. Etliche LKW-Fahrer waren dort gewesen, davon zeugten die gigantischen Schneemassen. Vielleicht hatte einer von ihnen etwas gesehen. Sie mußten alle verhört werden.
    Die Telefonzentrale der Stadtverwaltung gab ihm Lundemarks Handynummer, aber der Mann ging nicht dran. Haver sprach eine Nachricht auf die Mailbox.
    Er legte den Hörer auf und wußte, jetzt mußte er in die Gänge kommen. Er hatte Johns Akte vor sich, und die seines Bruders. Er sah das Register durch. Die Akte über Lennart Jonsson war ein ordentlicher Wälzer. Haver notierte sich die Namen der Personen, die in den verschiedenen Ermittlungsverfahren auftauchten, insgesamt zweiundfünfzig. Alle mußten verhört werden. Am wichtigsten waren die Personen um Lennart, die als sein engster Bekanntenkreis angeführt wurden: Diebe, Hehler, Saufkumpane und andere, bei denen sich Lennart unter Umständen aufhielt.
    Als Haver fertig war, blieb er sitzen und dachte wieder an Rebecka. Er war ein guter Ermittler, aber zu Hause biß er auf Granit. Er konnte nicht richtig erkennen, was sie quälte. Sie war doch schon einmal mit einem Kind zu Hause gewesen, und damals war alles wunderbar gelaufen.
    Vielleicht sollte er sie ganz einfach fragen? Sich mit ihr zusammensetzen, wenn die Kinder eingeschlafen waren, sie regelrecht verhören? Nichts dem Zufall überlassen, systematisch sein und versuchen davon abzusehen, daß er selber der Schuldige sein könnte.
    »Heute abend«, sagte er laut und stand auf, wußte aber im gleichen Moment, daß er sich selber belog. Er hätte nie im Leben die Kraft zu einem Gespräch mit ihr, wenn er nach dem ersten Arbeitstag an einem Mordfall nach Hause kommen würde. Und wann würde er überhaupt nach Hause kommen?
    »Ich darf nicht vergessen, sie anzurufen«, murmelte er.
     
    Beatrice blieb eine Weile im Hauseingang stehen, las die Namen der Mieter und stellte fest, daß es zwei Anderssons, einen Ramirez und einen Oto gab. Woher kommt Oto? Aus Westafrika, Malaysia oder einem anderen fremden Land? Und dann gab es noch J. und B. Jonsson, oberster Stock.
    Sie war allein und froh darüber. Die Nachricht vom Tod eines Menschen zu überbringen, war das Schwerste überhaupt. Kollegen störten Beatrice in solchen Situationen nur. Sie hatte genug mit ihren eigenen Gefühlen zu kämpfen und konnte darauf verzichten, einen Kollegen mitzuschleppen, der vielleicht munter drauflos redete oder aber nur verbissen den Mund hielt und Verunsicherung verbreitete.
    Die Tür war frisch gestrichen, es roch noch nach Farbe. Sie versuchte sich vorzustellen, daß sie hier war, um eine gute Freundin zu besuchen, vielleicht jemanden, den sie seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Die Spannung und Freude des Wiedersehens.
    Sie strich mit der Hand über die mattgrüne, raue Wand. Der Farbduft vermischte sich mit Küchendünsten, es roch nach Zwiebeln. Weil ich zu Besuch komme, kocht Oto sein Nationalgericht, dachte sie. Oto, wie schön, dich wiederzusehen. Oh, gedünstete Zwiebeln, mein Leibgericht!
    Sie machte einen Schritt, zögerte dann jedoch. Das Handy surrte in ihrer Tasche. Sie sah nach, wer anrief: Ola.
    »Wir haben gerade eine Vermißtenmeldung reinbekommen«, sagte er. »Berit Jonsson hat angegeben, daß ihr Mann John seit gestern abend verschwunden ist.«
    »Ich stehe im Treppenhaus«, sagte Bea.
    »Wir haben ihr gesagt, wir würden einen Polizeibeamten vorbeischicken.«
    »Und das bin ich?«
    »Das bist du«, antwortete Ola Haver mit großem Ernst.
    Verdammt, dachte Beatrice, sie weiß, daß einer von uns unterwegs ist. Sie glaubt, daß ich eine Vermißtenanzeige aufnehmen will, und dann komme ich mit einer Todesnachricht.
    Beatrice ging Schritt für Schritt weiter. »John, Berit und Justus Jonsson.« Das Klingelzeichen war von der Art, die sie verabscheute, ein dumpfes Glockenspielklingeln. Sie trat einen Schritt zurück. Die Tür wurde praktisch sofort geöffnet.
    »Beatrice Andersson von der Polizei«, sagte sie und streckte die Hand aus.
    Berit Jonsson griff danach. Ihre Hand war warm und feucht.
    »Das ging aber
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