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Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)

Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)

Titel: Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)
Autoren: Cody Mcfadyen
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verstehen, dass ich lesen soll, was sie geschrieben hat.
    »Sie möchte wissen, ob Sie vertraut sind mit Bonnies Geschichte.«
    Juan nickt. Sein Interesse ist aufgeflammt. »Selbstverständlich bin ich damit vertraut! Das war ein inspirierender Akt! Dich zum Zusehen zu zwingen, während er deine Mutter vergewaltigt und tötet, und dich an ihren Leichnam zu fesseln! Ein Meisterwerk von einem wahren Künstler des Todes.«
    »Du Dreckskerl!«, fauche ich, zitternd vor Wut.
    Bonnie legt mir eine Hand auf den Arm. Sie nimmt den Block wieder an sich. Ich funkle Juan an, während sie wieder ein paar Worte schreibt. Juan lächelt mich an. Bonnie reicht mir den Block. Ich lese, was sie geschrieben hat, und mein Herz stottert …
    »Sie …« Ich räuspere mich. »Sie möchte wissen, ob Sie gerne von ihr erfahren möchten, warum sie nicht spricht. Den wahren Grund. Sie glaubt, dass Sie es zu schätzen wissen.«
    Ich schaue Bonnie an. »Wir sollten gehen. Das alles gefällt mir nicht.«
    Wieder tätschelt sie meinen Arm. Heiter, gelassen.
    Vertrau mir , sagt ihr Blick.
    Juan leckt sich die Lippen. Ein Mundwinkel zuckt.
    »Oh, das würde ich sehr gerne hören!«, sagt er.
    Bonnie lächelt ihn an, nimmt den Notizblock, kauert über ihm, schreibt. Sie reicht ihn mir, doch bevor ich lesen kann,bemerke ich ihren Blick. Ich sehe Besorgnis in ihren Augen. Ich sehe ein klein wenig Weisheit. Entschieden zu viel für ein Mädchen ihres Alters. Und ich sehe noch mehr von dieser unbeirrbaren Heiterkeit.
    Mach dich bereit, aber hab keine Angst , scheint ihr Blick mir sagen zu wollen.
    Ich lese, was sie geschrieben hat, und ich weiß warum. Mir stockt der Atem. Meine Hände zittern. Eine Träne kullert mir über die Wange. Ich habe das Gefühl, als würde ich fallen.
    Mein Schmerz ist ein gefundenes Fressen für Juan. Blut in seinem Wasser. Seine Nüstern beben.
    »Sag es mir!«, verlangt er.
    Ich starre Bonnie an, fühle mich wie betäubt. Verzweiflung breitet sich in mir aus.
    Ein Geschenk für Juan? Zugegeben, es ist eins. Er würde es lieben, jener böse Teil von ihm. Warum wollte sie ihm dieses schreckliche, dieses furchtbare Geschenk machen?
    Sie streckt die Hand nach meinem Gesicht aus, wischt mir die Träne von der Wange.
    Nur zu , sagt ihr Lächeln. Vertrau mir.
    Ich atme tief durch.
    »Sie sagt …« Ich stocke. »Sie sagt, dass sie nicht mehr reden will, weil ihre Mutter es auch nicht mehr kann.«
    Juan ist genauso berührt von dieser Eröffnung, wenngleich aus völlig anderen Gründen. Er öffnet den Mund, lehnt sich zurück. Er blinzelt in schneller Folge, und sein Atem geht flach.
    Die Freude am Leiden anderer.
    Ich schaue Bonnie an. »können wir jetzt gehen?«, frage ich sie. Ich fühle mich hohl. Ich will nach Hause, will mich unter der Bettdecke verkriechen und weinen.
    Sie hebt den Finger.
    Eine Sache noch , sagt sie.
    Sie wendet sich Juan zu und lächelt ihr wundervolles, unschuldiges Lächeln, und es überrascht Juan. Er runzelt die Stirn. Fühlt sich mit einem Mal unbehaglich. Unsicher.
    »Aber ich habe meine Meinung geändert«, sagt Bonnie mit fester, deutlicher Stimme. »Ich habe beschlossen, dass die Zeit gekommen ist, wieder zu sprechen.«
    Ich springe so unvermittelt von meinem Stuhl auf, dass er polternd nach hinten kippt.
    »Bonnie!« Es löst sich als Schrei aus mir.
    Sie steht ebenfalls auf. Klemmt sich ihren Notizblock unter den Arm und nimmt meine Hand. »Hi, Smoky.«
    Jetzt bin ich diejenige, die die Sprache verloren hat.
    »Fahren wir nach Hause«, sagt Bonnie. Sie dreht sich zu Juan um. Ihre Heiterkeit schwindet für einen Moment. »Schmoren Sie in der Hölle, Mister.«
    Er starrt sie an, wütend, nachdenklich.
    Versteht er es? , frage ich mich. Sieht er, was sie sagt?
    In diesem Moment war Bonnie in gewisser Weise der Engel, der Juan selbst einst gewesen ist. Unschuldig und rein, ohne Erbarmen und Mitleid für ihn, ohne einen Gedanken an das, was er einmal gewesen ist und voller Gewissheit, was er heute ist.
    Sie hat ihm das Geschenk ihrer Verzweiflung gemacht und es ihm gleich wieder weggenommen, indem sie mir meinen Triumph geschenkt hat.
    In dem Verhörzimmer, zusammen mit diesem bösen, verlorenen Mann, war ich so glücklich wie seit vielen Monaten nicht mehr. Und das war es, was Bonnie mir, uns, jedem sagen wollte.
    Wie schlimm es auch werden mag – in den wichtigen, entscheidenden Dingen triumphieren die Bösen nur dann, wenn wir sie lassen.
    Es war auch der Moment, in dem mir klar wurde, dass ich
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