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Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Titel: Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton
Autoren: Michael Connelly
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Vorwort  
    Das Haus in Silverlake war dunkel, seine Fenster so leer wie die Augen eines Toten. Es war ein altes kalifornisches Holzhaus mit einer breiten Veranda an der Vorderseite und zwei Mansardenfenstern, die aus der langen Dachschräge hervorragten. Kein Licht leuchtete jedoch hinter den Fensterscheiben, selbst nicht über dem Türeingang. Statt dessen verbreitete das Haus eine unheimliche Dunkelheit um sich, in die nicht einmal das Licht der Straßenbeleuchtung eindrang. Jemand könnte auf der Veranda stehen, ohne daß Bosch ihn sehen würde.
    »Sind Sie sicher, das ist es?« fragte er sie.
    »Nicht das Haus«, sagte sie. »Dahinter. Die Garage. Fahren Sie etwas vor, damit Sie in die Auffahrt sehen können.«
    Bosch tippte das Gaspedal an, und der Caprice rollte vorwärts zur Einfahrt.
    »Dort«, sagte sie.
    Bosch stoppte den Wagen. Hinter dem Haus stand eine Garage, über der sich ein Apartment befand. An der Seite eine Holztreppe, die nach oben führte; über der Tür eine Lampe. Zwei Fenster, aus denen Licht drang.
    »Okay«, sagte Bosch.
    Sie starrten die Garage ein paar Momente an. Bosch war sich nicht klar, was er zu sehen erwartete. Vielleicht nichts. Das Parfum der Hure erfüllte den Wagen, und er kurbelte sein Fenster herunter. Er wußte nicht, ob er ihrer Behauptung glauben sollte oder nicht. Sicher war nur, daß er keine Verstärkung anfordern konnte. Er hatte kein Funkgerät dabei, und sein Auto war nicht mit einem Telefon ausgerüstet.
    »Was werden Sie … Da ist er!« rief sie aufgeregt.
    Bosch hatte es mitbekommen. Der Schatten einer Person hatte sich hinter dem kleineren Fenster vorbeibewegt. Das Badezimmer, nahm er an. »Er ist im Bad«, sagte sie. »Dort habe ich das ganze Zeug gesehen.«
    Bosch wandte seinen Blick vom Fenster ab und sah sie an.
    »Was für Zeug?«
    »Ich, mh, habe das Schränkchen durchsucht. Als ich drin war. Nur um zu sehen, was er so alles hat. Als Frau muß man vorsichtig sein. Und dann sah ich das ganze Zeug. Make-up. Maskara, Lippenstifte, Puderdosen, der ganze Scheiß. Deshalb wußte ich, daß er es ist. Das benutzt er alles, um sie hinterher anzumalen – nachdem er sie umgebracht hat.«
    »Warum haben Sie mir das nicht am Telefon gesagt?«
    »Sie haben nicht gefragt.«
    Er sah, wie die Gestalt hinter den Vorhängen des anderen Fensters vorbeiging. Seine Gedanken überstürzten sich jetzt, sein Herz lief auf Hochtouren.
    »Wie lang ist das her, daß Sie dort rausgerannt sind.«
    »Mann, ich weiß nicht. Ich mußte bis zur Franklin Avenue latschen, um ein Auto anzuhalten. Die Fahrt zum Hollywood Boulevard hat ungefähr zehn Minuten gedauert. Wie lang es insgesamt war, weiß ich nicht.«
    »Schätzen Sie. Es ist wichtig.«
    »Ich weiß nicht. Es ist mehr als eine Stunde her.«
    Verdammt, dachte Bosch. Sie hatte unterwegs noch einen Kunden bedient, bevor sie die Nummer der Fahndungsgruppe angerufen hatte. Sie bewies wirklich, wie besorgt sie war. Inzwischen hat sich der Typ eventuell Ersatz geholt, und ich sitze hier und gaffe.
    Er ließ den Wagen nach vorne schießen und fand einen Parkplatz vor einem Hydranten. Dann stellte er den Motor ab, ließ den Schlüssel jedoch in der Zündung. Nachdem er aus dem Wagen gesprungen war, steckte er seinen Kopf wieder durchs offene Fenster hinein.
    »Passen Sie auf. Ich geh’ hin. Sie bleiben hier. Falls Sie Schüsse hören oder wenn ich in zehn Minuten nicht zurück bin, klopfen Sie hier an den Haustüren und holen Polizei her. Sagen Sie, daß ein Polizist Hilfe braucht. Auf dem Armaturenbrett ist eine Uhr. Zehn Minuten.«
    »Zehn Minuten, Baby. Geh und spiel den Helden. Aber ich kriege die Belohnung.«
    Bosch zog seine Waffe, während er die Auffahrt hinaufeilte. Die Treppe an der Seite der Garage war alt und das Holz verzogen. So leise wie möglich nahm er drei Stufen auf einmal. Trotzdem kam es ihm vor, als würde er sein Eintreffen mit Fanfaren ankündigen. Oben angekommen, zerschlug er mit dem Revolver die nackte Glühbirne über der Tür. Dann lehnte er sich in der Dunkelheit nach hinten gegen das Geländer. Er hob seinen linken Fuß, legte sein ganzes Gewicht hinter seinen Absatz und traf die Tür über dem Knauf.
    Mit einem lauten Bersten schlug die Tür auf. Bosch nahm Kampfpositur ein und bewegte sich in der Hocke über die Schwelle. Sofort erblickte er den Mann, der am anderen Ende des Raums hinter einem Bett stand. Er war nackt, nicht nur sein Kopf war unbehaart, sondern sein ganzer Körper. Bosch sah, wie sich die
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