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Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)

Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)

Titel: Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)
Autoren: Cody Mcfadyen
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Eine Obszönität in Sarahs kleinen Händen. Etwas, das nicht dorthin gehört.
    Ich erkenne Gibbs kaum wieder. Er trägt keinen Bart.
    Es war ein falscher Bart, Idiotin.
    Er dreht sich zu mir um, sieht mich, lächelt noch breiter.
    Und die Augen sind nicht blau, sie sind braun. Er hat farbige Kontaktlinsen getragen.
    »Hallo, Agentin Barrett«, begrüßt er mich mit unterwürfiger Stimme, doch seine Augen leuchten. Er hat die Maske fallen lassen, zeigt den Wahnsinn, der ihn beherrscht. »Sind Sie die gute Seite von dem, was aus mir geworden ist?«
    »Halt’s Maul!«, schreit Sarah ihn an. Die Waffe in ihren Händen zittert.
    Ich sehe zu Alan. Schüttle den Kopf. Bedeute ihm zu warten. Ich senke die Waffe, ohne sie wegzustecken.
    Sarah hat völlig die Fassung verloren. Ich sehe ihr Gesicht, und endlich verstehe ich, was der Künstler alias Juan all die Jahre erreichen wollte.
    Sarahs Gesicht ist das eines Engels – ein Engel mit gestutzten Flügeln, dem die Gnade Gottes entzogen wurde. Da ist kein Glaube mehr, keine Hoffnung.
    Ein zerstörtes Leben.
    Ich blicke zu Juan und sehe, wie er das Entsetzen in sich aufsaugt, das für ihn zu einer Art Ekstase geworden ist. Vielleicht hat er irgendwann einmal gesagt, dass es nur um Gerechtigkeit geht. Vielleicht ging es irgendwann tatsächlich einmal darum. Doch seitdem hat er sich verändert, auf die grundlegendste und schlimmste nur denkbare Weise, bis es ihm nur noch um eines ging: die Freude, andere leiden zu lassen.
    Er hatte sich aufgemacht, böse Menschen zu bestrafen. Und indem er das tat, wurde er selbst böse.
    »Das ist nicht das Ende, das ich geplant hatte«, sagt er. Er beachtet mich jetzt gar nicht mehr. »Doch Gottes Wille ist in allem, und ich sehe, was er hier tut in seiner unendlichen Weisheit, gelobt sei der Herr. Er hat mich auf den Weg gesandt, um dich nach meinem Ebenbild neu zu erschaffen, und jetzt sehe ich, dass dies nur vollendet werden kann, wenn ich von deiner Hand sterbe, Sarah. Gelobt sei der Herr. Du wirst mich im Namen der Rache töten. Du wirst mich töten, weil du denkst, dass es richtig ist, doch ich sehe jetzt, dass du mich nur deswegen töten wirst, weil Gott es so will, gelobt sei der Herr.« Er zögert, blickt zu Boden.
    »Du wirst mich nicht töten, um Theresa zu retten. Sie wurde bereits befreit, ist unverletzt. Du wirst mich töten, weil du danach dürstest, mein Blut zu vergießen, ein Verlangen, das in dir brennt, das dich verzehrt mit seiner Kraft. Und woher kommt dieses Verlangen? Woher kommt diese verzehrende Flamme?«
    Er nickt, grinst. »Es ist die Flamme Gottes, Little Pain. Siehst du das nicht? Ich war ein Racheengel, den der Schöpfer gesandt hat, um die Männer zu vernichten, die sich hinter Symbolen verstecken. Dämonen, die in feinen Anzügen durchdie Welt streifen und so tun, als wollten sie Gutes tun, während sie in Wirklichkeit die Seelen der Unschuldigen verderben.
    Ich wurde von Gott gesandt, um eine Schneise zu schlagen, eine Schneise voller Blut, in dem sowohl Täter als auch Opfer ertrinken, Unschuldige und Schuldige, ohne Unterschied. Was bedeuten schon ein paar unschuldige Tote, wenn es um das große Ganze geht? Ich wurde geopfert, sodass der Herr mich zu seinem Schwert schmieden konnte. Ich habe dich geopfert, damit du zu mir werden und meinen Platz einnehmen kannst, gelobt sei der Herr!«
    Er beugt sich vor, schließt die Augen, einen Ausdruck der Glückseligkeit auf dem Gesicht. »Ich bin bereit, Gott dem Herrn gegenüberzutreten. Der Mutter Gottes, voll der Gnade.«
    Ich betrete die Küche, ignoriere Juan, beobachte Sarah. Ich gehe zu ihr, bleibe nicht stehen, bis ich direkt neben ihr bin. Sie reagiert nicht, kann den Blick nicht von Juans Gesicht lösen.
    Sie sieht, wird mir bewusst, wie ich sehe. Wie James sieht. Wie jene arme FBI-Agentin, die sich in den Kopf geschossen hat. Sarah sieht Juan, und sie begreift.
    Ihr Schmerz ist sein Klimax. Doch die Gründe hinter allem sind Tragödie und Irrsinn.
    Ich kann den Schmerz, die Not, die Verzweiflung spüren, die Sarah ausstrahlt. Es brennt wie Feuer. Ihr Finger am Abzug zittert, und sie verharrt im Augenblick. Sie will seinen Tod, doch sie hat auch Angst. Angst, dass es nicht reichen könnte. Dass es nicht lange genug dauern könnte. Dass es zu schnell vorbei ist und nicht ausreicht, um das Loch in ihrem Innern zu füllen.
    Und sie hat recht. Sie könnte ihn für eine ganze Ewigkeit töten, und am Ende würde sie nur sich selbst verlieren.
    Was soll ich ihr
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