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Der Tod und der Dicke

Der Tod und der Dicke

Titel: Der Tod und der Dicke
Autoren: Reginald Hill
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sagte Pascoe. »Ist das klug? Ich weiß, Hector ist nicht unbedingt vertrauenswürdig, aber er erkennt eine Waffe, wenn er eine sieht …«
    Als Plädoyer für mehr Vorsicht erwies sich diese Aussage als kontraproduktiv.
    »Lass den Blödsinn«, lachte Dalziel. »Wir reden von jemandem, der sich nicht an die eigene Nase greifen kann, wenn man ihm nicht ein Kreuz drauf malt und einen Spiegel vors Gesicht hält. Wenn er was gehört hat, dann wahrscheinlich seinen eigenen Furz, und der Typ drinnen hat wahrscheinlich einen Kebab in der Hand gehalten. Komm schon, Pete. Regeln wir die Sache, und dann kannst du mich auf ein Pint einladen.«
    Er staubte seinen Anzug ab, richtete die Krawatte und machte sich auf den Weg über die Straße mit den selbstsicheren Schritten eines Mannes, der mit Königen einherschreiten, mit Präsidenten parlieren, mit Philosophen diskutieren, mit Propheten weissagen konnte und nicht im Geringsten daran zweifelte, dass er recht hatte.
    Kaum etwas in ihrer langen Beziehung hatte Pascoe wirklich einen Grund gegeben, diese Mutmaßung in Frage zu stellen, doch als er sich erhob und in den Fußstapfen seines großen Meisters diesem nachfolgte, kam ihm interessanterweise der Gedanke, dass es für alles ein erstes Mal geben müsse, und wie ironisch es doch sei, wenn Ellies weiches Herz ihn dazu veranlasst hätte, an Ort und Stelle zu sein, wenn der Mythos von Dalziels Unfehlbarkeit in die Luft gesprengt würde …
     
    Genau in diesem Augenblick, als hätte sein Geist telekinetische Fähigkeiten erworben, explodierte die Mill Street.

3
    Fingerzeige
    Ellie Pascoe schlief in der von ihrem Gatten so widerstrebend geräumten Hängematte, als sich die Explosion ereignete.
    Das Haus der Pascoes in den nördlichen Vororten lag von der Mill Street so weit entfernt, dass hier nur der leiseste Hauch des Knalls zu hören war. Was Ellie aufwachen ließ, war das anhaltende Gebelfer des Mischlingsterriers ihrer Tochter.
    »Was ist mit Tig los?«, fragte Ellie gähnend.
    »Weiß nicht«, sagte Rosie. »Wir haben mit dem Ball gespielt, und auf einmal hat er angefangen.«
    Ein plötzlicher Verdacht bewegte Ellie dazu, eingehend den hohen Apfelbaum im nachbarlichen Garten ins Auge zu fassen. Die Pubertät beschenkte den Nachbarssohn mit ihren groben Veränderungen, und erst kürzlich, als sie von der sommerlichen Hitze in ihrem Bikini ins Freie gelockt worden war, hatte sie ihn einige Male dabei ertappt, wie er im Laub auf sie herabgestarrt hatte. Aber von ihm war nichts zu sehen, außerdem zeigte Tigs Nase nach Süden in Richtung Stadtzentrum. Als sie seinem starren Blick folgte, entdeckte sie weit entfernt eine dünne Rauchwolke, die das vollkommene Blau des Sommerhimmels beschmutzte. Wer konnte an einem Tag wie diesem nur ein Feuer entzünden?
    Tig bellte immer noch.
    »Kannst du ihn nicht zum Schweigen bringen?«, blaffte Ellie.
    Ihre Tochter sah sie überrascht an, nahm sich dann von einem Teller einen Keks und warf ihn über den Rasen. Tig stieß ein Abschiedskläffen aus und machte sich mit der selbstzufriedenen Miene dessen, der seine Pflicht erfüllt hatte, auf die Suche nach der Belohnung.
    Ellie hatte ein schlechtes Gewissen, ihre Tochter angeschnauzt zu haben. Ihre Reizbarkeit hatte nichts mit dem Hund zu tun, etwas anderes musste dahinterstecken. Sie rollte sich aus der Hängematte. »Mir ist zu heiß«, sagte sie. »Ich werde mich unter der Dusche abkühlen. Du kommst allein zurecht?«
    Rosie warf ihr einen Blick zu, der ihr zu verstehen gab, dass sie ihr bislang sowieso kaum Gesellschaft geleistet hatte, was sollte daran nun also anders sein? Ellie ging ins Haus, stellte die Dusche an und trat darunter. Das kühle Wasser wusch den Schweiß fort, hatte sonst aber keinen Einfluss auf ihr Gefühl der Unruhe. Noch immer nichts Bestimmtes. Oder nichts, was sie näher bestimmen wollte. Zwecklos, darüber nachzudenken. Zwecklos deshalb, weil sie dann vielleicht zu dem albernen Schluss gelangt wäre, dass sie – das war nämlich der wahre Grund für ihre Dusche – keinen Bikini tragen wollte, wenn schlechte Neuigkeiten eintrafen …
     
    Amanda Marvell, Andy Dalziels Lebensgefährtin und von ihren Freunden nur Cap genannt, war zu dem Zeitpunkt, als die Mill Street in die Luft flog, noch weiter entfernt. Da ihr Mann Dienst hatte, war sie den Volksmassen auf deren traditionellen Zug zur Küste gefolgt, allerdings nicht, um sich dort am Strand durchbraten zu lassen, sondern um die Kranken zu besuchen.
    Die Kranken
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