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Der Tod und der Dicke

Der Tod und der Dicke

Titel: Der Tod und der Dicke
Autoren: Reginald Hill
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auf sie zugerobbt kam.
    »Schadet nichts, wenn man was zu lachen hat«, sagte Dalziel und lächelte wie ein verrosteter Kühlergrill. »Hector, Bursche, bist du in Form? Ich hab eine Aufgabe für dich, falls du dich ihr gewachsen fühlst.«
    »Sir?«, kam es zögernd von Hector.
    Pascoe wünschte sich, Hectors Zögern demonstriere einen gewissen Argwohn gegenüber den Absichten des Dicken, er wusste aber aus Erfahrung, dass dies nur die natürliche Reaktion des Constable auf jegliche Form der Ansprache war, von »Hallo« bis zu »Hilfe! Ich ertrinke!«. Man mochte ihn noch so sehr vorglühen lassen, Hectors gewaltiger Denkapparat legte immer einen Kaltstart hin, selbst wenn wie jetzt sein unbedeckter Kopf augenscheinlich äußerst erhitzt war. Einige Wochen zuvor war er mit einem derart kahlrasierten Schädel aufgetaucht, dass Bruce Willis dagegen wie Esau aussah, was Dalziel zu der Bemerkung veranlasst hatte: »Ich hab immer gedacht, du bringst mich noch mal ins Grab, Hec, aber das ist noch lange kein Grund, wie der Knochenmann höchstpersönlich rumzulaufen!« Jetzt betrachtete er den glatten weißen, mit Schweiß lackierten Schädel, den die strahlende Sonne blank wedelte, schüttelte traurig den Kopf und sagte: »Bursche, Folgendes will ich dir auftragen. Ich verschmachte noch, wenn ich weiter hier rumhänge. Du kennst Pat’s Pantry am Station Square? Der, der nie zuhat? Spring kurz rüber und hol mir zwei Hammelpasteten und eine Mandelschnitte. Und eine Cremetarte für Mr. Pascoe. Sein Lieblingsteilchen. Kannst du dir das alles merken?«
    »Ja, Sir«, sagte Hector, machte aber keinerlei Anstalten, sich in Bewegung zu setzen.
    »Worauf wartest du noch?«, fragte Dalziel. »Ach so, das Geld, darum geht’s? Gibt es denn gar kein Vertrauen mehr? Gut, Mr. Pascoe wird zahlen. Ich kann nicht jedes Mal was springen lassen.«
    Jedes zehnte Mal wäre schon nett, dachte sich Pascoe, als er Hector zwei Ein-Pfund-Münzen auf die verschwitzte Handfläche klatschte, wo sie wie die Augen eines Toten liegen blieben.
    »Wenn’s nicht reicht, wird Mr. Dalziel den Rest drauflegen«, sagte er.
    »Ja, Sir … aber was ist mit … ihm ?«, murmelte Hector, während er einen schnellen Blick zur Hausnummer 3 warf. Der arme Scheißer hat Angst, erschossen zu werden, dachte sich Pascoe.
    »Er?«, sagte Dalziel. »Das liebe ich an dir, Hector. Denkst immer auch an die anderen.«
    Erneut erhob er sich mit dem Megaphon.
    »Du da im Haus. Wir schicken jemanden zu Pat’s Pantry, um was zum Futtern zu holen, und mein Bursche möchte wissen, ob du auch was willst. Eine Pastete vielleicht? Sie haben auch große Eccles-Cakes.«
    Er hielt inne, lauschte, dann setzte er sich wieder.
    »Glaub nicht, dass er was will. Aber ein netter Gedanke.
    Muss man dir zugutehalten. Ich werd’s mir merken.«
    »Nein, Sir«, sagte Hector. Die Angst verlieh ihm Mut. »Ich meine, wenn er sieht, dass ich mich bewege, dann fühlt er sich vielleicht bedroht …«
    »Wie? Ach, jetzt versteh ich. Dann schießt er vielleicht auf dich. Wenn er sich bedroht fühlt.«
    Gedankenverloren kratzte sich Dalziel die Nase. Pascoe vermied es, ihm in die Augen zu schauen. »Das Beste«, sagte der Dicke schließlich, »wäre es, wenn du nicht bedrohlich aussiehst. Halt dich einfach gerade, Brust raus, Schultern zurück, und marschier hübsch langsam, als hättest du ein festes Ziel vor Augen. Und wenn der Kerl dann trotzdem auf dich schießt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Kugel sauber durch dich durchgeht und kaum Schaden anrichtet. So, los jetzt.«
    Bis zu diesem Zeitpunkt war Pascoe überzeugt, der blinde Gehorsam gegenüber wahnsinnigen Befehlen, der das schreckliche Abschlachten im Ersten Weltkrieg ermöglicht hatte, sei mit den Millionen Toten damals dahingeschieden. Aber als er jetzt Hector sah, der langsam durch die Straße ging, als watete er durch Wasser, hatte er so seine Zweifel. Erst als Hector außer Sichtweite war, lehnte er sich entspannt an den Wagen und sagte: »Okay, Sir. Entweder sagst du mir jetzt, was genau hier los ist, oder ich verzieh mich wieder in meine Hängematte.«
    »Du meinst, du willst Hectors Geschichte hören? Warum nicht? Es war einmal …«
     
    Hector ist in der modernen Polizei eine Rarität, ein Streifenbeamter, der permanent zu Fuß unterwegs ist und damit in einer Zeit, in der besorgte Gemeinden die Rückkehr des guten alten Bobby einfordern, der Statistik nützliche Dienste erweist. Denn in Wahrheit, ob hinter dem Steuer
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