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Der Tod und der Dicke

Der Tod und der Dicke

Titel: Der Tod und der Dicke
Autoren: Reginald Hill
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erklärbar!
    Allerdings, denn ich war schon immer der Kriminalliteratur verfallen, sah ich vielleicht auch nur das, was meine überhitzte Vorstellungskraft mich sehen ließ; wiewohl die Taufe des Babys auf den Namen des verlorenen Liebhabers doch aufschlussreich schien. Natürlich waren solche Spekulationen, als ich nach diesen vielen Jahren in den Zeitungen vom traurigen Schicksal des armen Kindes las, irrelevant, um nicht zu sagen anstößig. Die arme Edith! Dass ihre Suche nach Vergnügen und ihres Vaters Suche nach Ehrbarkeit sie in einen solchen Hinterhalt führen sollte! In der Tat, was Fliegen sind den müß’gen Knaben, das sind wir den Göttern. Aber es freut mich sehr zu hören, dass die müß’gen Götter Ihrem Andy kein Ende gesetzt haben. Möge seine Besserung fortschreiten. Es klingt, als wäre er ein interessanter Mann. Vielleicht lerne ich ihn eines Tages ja kennen? Apropos, als Hinweis, möchte ich Sie daran erinnern, dass die Avalon-Klinik nicht nur eine Einrichtung ist, in der alte Keiler wie ich sich zum Sterben einfinden. Das alte Gebäude zum Beispiel wird zur Rehabilitation benutzt, und dessen Insassen wurden tatsächlich gesichtet, wie sie es auf ihren eigenen zwei Beinen auch wieder verlassen haben. Wie immer Sie sich entscheiden mögen, melden Sie sich wieder bei mir, und sei es auch nur, um mich daran zu erinnern, dass unsere grübelnden Astronomen recht haben und es dort draußen wirklich Leben gibt! Mit herzlichen Grüßen,
    Kitty Bagnold
     
    PS: Beinahe hätte ich es vergessen. Sie haben mich nach dem Gärtner gefragt. Er war ein Pole, der 1945 als Kind zu uns kam, nachdem seine Familie beschlossen hatte, sie hätten nach fünf Jahren unter den Nazis Besseres verdient als eine kommunistische Zukunft. Er wuchs auf, heiratete ein Mädchen aus Yorkshire, und ihrer Ehe entsprang dieser bemerkenswert appetitliche junge Mann (ja, selbst im Angestelltentrakt enthielten wir uns nicht solcher Kommentare!), der die Ursache war für all diese Probleme.
    Der Vater hieß Jakub, was wir zu Jacob machten, der Junge Lukasz, was bei uns zu Luke wurde, und der Familienname lautete Komorowski.
     
    Mehrere Minuten lang rührte sich Ellie nicht. Sie dachte an viele Dinge, an Wahrheit und Täuschung, an Gerechtigkeit und Rache, an menschliche Roheit und Menschenrechte, an Prinzipien und Pragmatismus, an Gewissen und Konsequenzen. Sie dachte an Eltern und ihre Kinder und wie man durch sie lebte und manchmal auch durch sie litt. Sie dachte an Väter und ihre Söhne, an Stolz und Hoffnung, an zerstörte Hoffnungen und falschen Stolz. Sie dachte an Väter und ihre Töchter, an Peter und Rosie, die ihr zugewinkt hatten, als sie sich mit Tig auf den Weg machten, an Peter, der fast so jung und quietschvergnügt ausgesehen hatte, als wäre er der ältere Bruder des Mädchens und nicht dessen Vater. Sie dachte an ihn, wie er am Fluss saß und Rosie und Tig beobachtete, die darin wetteiferten, wer nasser und schlammverkrusteter zurückkehren würde. Sie dachte an die sorgenvollen Wochen nach der Explosion in der Mill Street, und sie dachte an die ruhigen Tage seit ihrem Besuch bei Dalziel, und sie dachte an Peters Freude, nachdem zu erwarten stand, dass der dicke alte Mistkerl irgendwann völlig wiederhergestellt sein würde.
    Die Zeit mochte aus den Fugen geraten sein, aber es war die Aufgabe von jemand anderem, sie wieder gerade zu rücken. Irgendwie war die imaginierte Welt ihres Romans, in der ihre Figuren sich in einem Netz aus widerstreitenden Loyalitäten und moralischen Entscheidungen verstrickt hatten, nicht der Ort, an dem sie jetzt sein wollte.
    Sie drückte auf Löschen und ging nach unten, um zu bügeln.
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