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Der Tod und der Dicke

Der Tod und der Dicke

Titel: Der Tod und der Dicke
Autoren: Reginald Hill
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solchen Gedanken zu plagen.
     
    Shakespeare,
    König Heinrich der Fünfte,
    Akt II, 3. Szene

1
    Das Ende
    »Du hast ihm gesagt, ich sei tot, und der Scheißer hat das wirklich geglaubt?«, sagte Andy Dalziel.
    Peter und Ellie Pascoe saßen an seinem Bett. Eine Woche war vergangen, seitdem er das Bewusstsein wiedererlangt hatte. Seine Tage hatten zunächst aus kurzen Spannen verwirrten Wachseins bestanden, durchsetzt mit langen Perioden des Schlafs, von denen manche natürlich, manche durch Medikamente hervorgerufen worden waren. Ab dem dritten Tag wurden die Wachperioden länger und weniger verwirrt. Am sechsten Tag wurde er aus der Intensivstation verlegt, und am siebten Tag verlangte er nach einem Viertelpint Highland Pard und sechs Schinken-Sandwiches, was von manchen im Krankenhauspersonal als Anzeichen beginnender Demenz eingestuft wurde. Glücklicherweise konnte John Sowden, der ihn von früher kannte, seine Kollegen davon überzeugen, dass Dalziel damit in Wirklichkeit einen großen Schritt auf dem Weg der Besserung sei.
    »Aber es ist ein langer Weg, und wie viel er davon wirklich zurücklegen wird, lässt sich unmöglich sagen«, warnte Sowden Cap Marvell. »Er ist kein junger Mann mehr. Die Rückkehr in den Dienst wird erst nach einer ausgedehnten Rekonvaleszenzzeit möglich sein. Tatsächlich, sollte er dazu geneigt sein, sehe ich kein Problem, ihn aus medizinischen Gründen vorzeitig in den Ruhestand zu schicken … Was?«
    Cap, die ein amüsiertes Johlen von sich gegeben hatte, sagte:
    »Warum schlagen Sie ihm das nicht persönlich vor, Doktor? Aber ich rate Ihnen, halten Sie Ihr Notfallteam bereit.«
    »Nicht nötig«, versicherte ihr Sowden. »Mit seinem Herzen gibt es kein Problem.«
    »Das weiß ich«, sagte Cap. »Ich meinte auch nur Ihretwegen.«
    In dieser Zeit waren bis auf Cap keine Besucher zugelassen, an jenem Abend aber rief sie Pascoe an und sagte ihm, dass Dalziel endlich besucht werden konnte.
    »Ich hab ihm alles erzählt, was vorgefallen ist«, sagte sie.
    »Aber er ist ganz begierig darauf, es aus deinem Mund zu hören, Peter.«
    Was nichts anderes war als die freie Übersetzung von »Ich will es von diesem Pferdearsch selber hören«.
    Es war ein Schock, ihn aufrecht im Bett sitzen zu sehen. Als er noch auf dem Rücken gelegen hatte, regungslos, von Drähten und Schläuchen am Leben gehalten, war er irgendwie noch er selbst gewesen. Ein gestrandeter Wal vielleicht, aber dennoch von leviathanischer Größe. Jetzt aber, aufrecht, blass und gebrechlich, glich er mehr einer Flunder, die auf Deck ihre letzten Zuckungen tat.
    Dennoch hatte er Kraft genug, um deutlich zu machen, dass er alles erfahren wollte, was in Hinblick auf die Mill-Street-Ermittlungen geschehen war. Also erzählte Pascoe, zögerlich erst, dann immer zügiger, die Geschichte.
    Seine Schwäche machte Dalziel zu einem besseren Zuhörer als sonst. Noch überraschender war es, dass Ellie ihn kaum unterbrach. Der Frieden war bei den Pascoes wieder eingekehrt, nachdem er versichert hatte, sein Flirt mit der Dämmerwelt der CAT und deren Arbeit sei definitiv vorüber.
    Seine Missetat war verziehen, aber nicht, fürchtete er, vergessen, und als er in seiner Geschichte den Punkt erreichte, wie er Kentmore hinters Licht geführt hatte, versuchte er darüber hinwegzugehen, aber der Dicke stürzte sich wie ein Geier darauf.
    »Du hast ihm gesagt, ich sei tot, und der Scheißer hat das wirklich geglaubt?«
    »Nun, ja«, sagte Pascoe.
    Dalziel schüttelte ungläubig den Kopf. Pascoe sah zu Ellie und versuchte zu eruieren, ob sie sein Amüsement darüber teilte, dass in dieser langen, verwickelten Geschichte von Tod und Täuschung den Dicken einzig und allein die Tatsache verwunderte, jemand habe ihn wirklich für tot halten können.
    Ihre Miene blieb versteinert. Peter Pascoe mochte verziehen worden sein, aber es würde noch sehr lange dauern, bis sie irgendetwas daran amüsant fand.
    »Du musst aber schon verdammt überzeugend gewesen sein«, kam es anklagend von Dalziel.
    »Na ja, eigentlich war es Wieldy, der die Nachricht verkündet hat«, sagte Pascoe.
    »Der hat ja auch das Gesicht dazu«, sagte der Dicke grollend. »Also, weiter.«
    Den Höhepunkt im Grange Hotel verkürzte er beträchtlich, wie er es bereits in seinem Bericht für Ellie getan hatte, nachdem er nicht erklären wollte oder, um gerecht zu sein, nicht zu erklären imstande war, warum er sich nicht als Erster durch die Tür aus dem Staub gemacht hatte, als Kilda
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