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Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition)

Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition)

Titel: Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition)
Autoren: Karen Clarke
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2. Kapitel
    An jenem Mittwochabend stand ich in voller Brautmontur vorm Spiegel in meinem Schlafzimmer, angefangen bei Mums zeitlosem Brautkleid – einer körperbetonten, elfenbeinfarbenen Säule mit aufwändigem Perlenbesatz und großzügigem Dekolleté – über idiotisch teure Seidenstrümpfe bis hin zu abenteuerlich hohen, cremefarbenen Peeptoes von Louboutin, die mich vier Zentimeter größer machten, als der Bräutigam es war. Ausnahmsweise war mir das aber egal.
    Nicht schlecht, Sasha, gar nicht schlecht . Wenn ich die Augen zusammenkniff, sah ich mich selbst fast als Model, höchstens ein bisschen dicker. Eine diffuse Wärme durchströmte mich, und in meinem Bauch tanzten die Schmetterlinge. Endlich wurde es wahr. Pete hatte Ja gesagt, und schon bald würden wir Mr. und Mrs. Treadwell sein. Obwohl ich über den Onlinedienst ›Perfect Partners‹ immer die Nase gerümpft hatte, hatte er mir schließlich den Mann vermittelt, den ich heiraten würde. Nicht, dass ich gerne daran erinnert wurde, wie wir uns kennengelernt hatten. Mein Problem war, dass ich so sehr von meiner Catering-Firma in Anspruch genommen wurde, dass mir ganz einfach keine Zeit blieb, meinem Traummann über den Weg zu laufen. Mit Pete Treadwell war ich allerdings gleich auf eine Goldmine gestoßen. Mit meinem Pete. Umwerfend, zuverlässig und grundsympathisch.
    »Pete, mein Schatz …«, murmelte ich, stakste näher an den großen Spiegel heran und stellte mir vor, in seine sanften blauen Augen zu blicken. »Ich, Sasha Enid Clayton, nehme dich, Peter Graham Treadwell, zu meinem rechtstreuen … rechtmäßigen … ach, verdammt.« Unbeholfen drehte ich mich zum Frisiertischchen um, wobei sich die schwere Seide zwischen meinen Knien verfing. Und als ich gerade nach meinen Notizen greifen wollte, wirbelte sie ein plötzlicher Windstoß quer durch den Raum.
    Das war der Moment, in dem ich ihn sah. Und mit »ihn« meine ich nicht Pete.
    Ich schrie, bis meine Stimmbänder zu zerreißen drohten.
    »Jesus, Maria und Joseph«, sagte der Mann, als ich aufgehört hatte, und nahm die Finger aus den Ohren. Ganz in Schwarz gekleidet, stand er am Korbstuhl neben meinem Bett. Groß, schlank, schwarzes, zerzaustes Haar, grünliche Augen. »So furchterregend bin ich doch auch wieder nicht, oder?«
    Der Schock, einen attraktiven Einbrecher im Schlafzimmer zu haben, ließ mich verstummen. Das verstand er offenbar als Friedensangebot. Er setzte sich auf mein Bett und grinste zu mir hoch.
    »Ich fasse es nicht«, sagte er mit einer überraschend höflichen Stimme. »Es hat tatsächlich funktioniert!« Er schüttelte seine Arme und Beine, als wollte er prüfen, ob sie noch dran waren.
    »Wer zum Teufel sind Sie?«, fragte ich und griff nach meinem Bademantel, um mein Kleid zu bedecken.
    Meine Stimme schien ihn magnetisch anzuziehen, unvermittelt streckte er die Arme nach mir aus. Ich stolperte rückwärts und hätte fast das Frisiertischchen umgerissen.
    »Was wollen Sie?« Ich hielt nach potentiellen Waffen Ausschau, entdeckte aber nur die Bürste meiner Urgroßmutter mit dem silbernen Bürstenrücken. Obwohl die Borsten alles andere als zum Fürchten aussahen, schnappte ich sie mir. »Keinen Schritt näher.«
    Er hielt tatsächlich inne.
    Der Mann wirkte älter, als ich zunächst gedacht hatte – Ende vierzig, würde ich sagen. Sein Dreitagebart war grau durchsetzt, das Grübchen darunter filmstarreif. Feine Fältchen sprossen fächerförmig aus seinen Augenwinkeln.
    »Wie sind Sie hier hereingekommen?«, fragte ich und sah zur Tür, die fest verschlossen war. Das galt auch für das Fenster, was seltsam war, da doch eben ein Windstoß meine Zettel weggepustet hatte. Automatisch schweiften meine Augen durch den Raum und erblickten sie nun in der Ecke bei meiner Jeans.
    »Sind Sie Sasha Clayton?«, fragte er ernst und beugte sich vor.
    Meine Finger umklammerten die Bürste. Woher zum Teufel wusste er das? Allmählich fragte ich mich, ob er einer von Mums Sozialfällen war, der sich irgendwie Zutritt zum Haus verschafft und unter meinem Bett versteckt hatte. Allerdings sah er nicht aus wie diese Leute, dazu war er viel zu gut gekleidet. Außerdem war er, na ja … eine durchaus umwerfende Erscheinung.
    »Sie kommen mir irgendwie bekannt vor«, murmelte er, wobei mir plötzlich bewusst wurde, wie sonderbar ich in meinem Hochzeitsaufzug aussehen musste – wie Miss Havisham, bevor sie sitzen gelassen wurde. »Kate Winslet!« Er schlug sich mit der Hand an die Stirn.
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