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Der stille Sammler

Der stille Sammler

Titel: Der stille Sammler
Autoren: Becky Masterman
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warum. Ein sehr scharfsinniger Mann, dein Dr. Weiss.« Er legte den Arm um mich und ließ ihn eine Weile dort.
    Ich wusste, dass ich mit Carlo noch nicht über den Berg war. Viele Dinge, viele Wahrheiten warteten noch darauf, erzählt zu werden. Und ich musste Entscheidungen treffen, ihm diese Wahrheiten beizubringen. Wie würde er reagieren, wenn ich ihm sagte, dass ich für den Tod von Gerald Peasil ins Gefängnis müsste, falls Max sein Schweigen brechen würde?
    Wir fuhren zurück zum Haus, wo ich mich müde zu den Hunden auf den Boden fallen ließ. Sie wuselten zögernd und winselnd um mich herum. Mit einem Gefühl von Ausgelassenheit, weil ich am Leben und sicher bei meinem Rudel war, zog ich die beiden zu mir. Sie jaulten und leckten mich ab, und ich erwiderte ihren Überfall mit Kopfnüssen.
    Schließlich begannen sie sich zu langweilen und rannten davon. Ich blieb mit kurzen hellen Hundehaaren auf der Jeans noch ein paar Minuten auf dem Boden liegen und betrachtete aus meinem einzigartigen Blickwinkel das Wohnzimmer. Der Streifen Tapete mit malvenfarbenen Trauben unter der Decke war von hier aus gesehen genauso hässlich.
    »Jane?«, flüsterte ich. »Bist du hier, Jane?« Es war halb elf abends, eine Stunde nach unserer normalen Bettzeit, und Carlo war ins Bad gegangen, um sich zum Schlafen fertig zu machen. Nur das schlabbernde Geräusch der Hundezungen an ihrem gemeinsamen Trinknapf war in der Stille zu hören. Ich vermutete, dass Janes Geist nicht im Haus war. Vielleicht war er nie hier gewesen.
    Ich rollte mich auf den Bauch und erhob mich. Mein erster Stopp morgen früh, noch vor dem offiziellen Beginn meiner Vernehmung, würde bei Crate and Barrel sein – nein, bei Pottery Barn. Ich brauchte dringend einen neuen Satz Geschirr ohne jede Ähnlichkeit mit bayrischem Porzellan. Und eine neue Bettdecke, nicht pinkfarben und nicht aus Satin.
    Als ich ins Schlafzimmer ging, sah ich, dass Carlo die Bettdecke heruntergezogen hatte. Und ich bemerkte auch den Esszimmerstuhl am Fuß des Bettes, auf dem er offensichtlich in der Nacht zuvor gesessen und über meinen Schlaf gewacht hatte.
    Ich musste neu anfangen. Ich hatte herausgefunden, dass ich ein glückliches Jahr in meinem Leben haben konnte. Welcher Gott, wie grausam er auch sein mochte, würde mir ein zweites Jahr verwehren? Ich dachte daran, wie ich Carlo im Dunkeln vertraut hatte. Und an mein Geständnis, vor dem ich mich stets wie vor einem Abgrund gefürchtet hatte. An meine Furcht, in diesen Abgrund zu stürzen.
    Nur dass es diesmal jemanden gab, der darauf wartete, dass ich aus diesem Abgrund zurückkehrte.
    ENDE
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