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Der Sternenschwarm

Der Sternenschwarm

Titel: Der Sternenschwarm
Autoren: Brian W. Aldiss
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herangekommen war und zwischen Käfig und Tank wartete, nahmen sie nicht einmal genug Notiz von mir, um leiser zu sprechen. Mylady starrte die grauen Felswände landeinwärts an, wobei ihr Gesichtsausdruck nicht minder abweisend und streng war; eine Augenbraue zuckte, als sie fragte: »Du hältst dich also für tapfer und stark, nicht wahr?«
    Sie erwähnte nie seinen Namen, wenn sie zornig war; darin drückte sich vielleicht der unbewußte Wunsch aus, er möge verschwinden.
    »Das ist es nicht«, antwortete er unterwürfig. »Bitte sei vernünftig, Herrin; du weißt, daß ich fort muß – kein Mann kann immer zu Hause sein. Ich bitte dich, sei nicht länger zornig.«
    Sie drehte sich endlich nach ihm um.
    Ihr Gesicht war verschlossen und streng; es war abweisend und empfing nicht. Ihre Warmvision wurde nur selten benützt und war beschränkt. Und trotzdem besaß sie eine Art Schönheit, die ich nicht schildern kann, als ob die Vermengung von Müdigkeit und Wissen Schönheit hervorbringen könnte. Ihre Augen waren so grau und entfernt wie der schneebedeckte Vulkan weit hinter ihr. Sie war hundert Jahre älter als Derek, aber der Unterschied zeigte sich nicht in ihrer Haut, die noch ein Jahrtausend lang glatt und faltenlos bleiben würde, sondern in ihrer Autorität.
    »Ich bin nicht zornig. Ich bin nur verletzt. Du weißt, daß es in deiner Macht steht, mich zu verletzen.«
    »Herrin ...«, sagte er und trat einen Schritt auf sie zu.
    »Rühr mich nicht an«, wehrte sie ab. »Geh, wenn es sein muß, aber verspotte mich nicht, indem du mich berührst.«
    Er faßte sie an den Ellbogen. Sie hielt einen Minicoypu in der Armbeuge – alle Tiere hielten unter ihrer Hand still – und drückte ihn etwas fester an sich.
    »Ich wollte dich nicht verletzen, Herrin. Du weißt, daß wir Stern Eins zu Lehensdiensten verpflichtet sind; ich muß diese Aufträge durchführen, sonst ist unser Besitz gefährdet. Verabschiede mich bitte diesmal liebevoll.«
    »Liebevoll! Du gehst fort und läßt mich mit einer Horde jämmerlicher Parthenos zurück – wie kannst du da noch einen liebevollen Abschied verlangen? Gib dir keine Mühe, deine Freude über diese Trennung zu verbergen. Du hast mich satt, nicht wahr?«
    »Das ist es nicht ...«, begann er langsam.
    »Siehst du! Du bemühst dich nicht einmal, mich zu überzeugen. Warum gehst du nicht endlich? Was aus mir wird spielt doch keine Rolle.«
    »Oh, wenn du nur hören könntest, wie erbärmlich dieses Selbstmitleid klingt!«
    Nun rollte eine einzelne Träne über ihre Wange. Sie drehte den Kopf, damit er sie sehen mußte.
    »Wer würde mich sonst bemitleiden? Du nicht, denn in diesem Fall würdest du nicht immer wieder fortgehen. Was wird aus mir, wenn dich diese Klippe ermordet?«
    »Ich komme wieder, Herrin«, versicherte er ihr. »Darauf kannst du dich verlassen.«
    »Das ist leicht zu sagen. Warum hast du nicht den Mut, endlich zuzugeben, daß du mich freudigen Herzens verläßt?«
    »Weil ich mich nicht zu einem Streit provozieren lassen will.«
    »Pah! Du redest wieder kindisches Zeug. Warum antwortest du nicht klar und deutlich? Statt dessen läufst du fort und weichst deiner Verantwortung aus.«
    »Ich laufe nicht fort!«
    »Natürlich tust du das, selbst wenn du etwas anderes vorgibst. Du bist einfach noch zu unreif.«
    »Das bin ich nicht! Und ich laufe nicht fort! Meine Aufgabe erfordert sogar viel Mut!«
    »Du überschätzt dich und deine Fähigkeiten!«
    Er wandte sich mürrisch ab. Er ging auf die Landeplattform zu. Er begann zu rennen.
    »Derek!« rief sie.
    Er antwortete nicht.
    Sie nahm den Minicoypu am Nackenfell und schleuderte ihn wütend in den nächsten Wassertank. Er verwandelte sich in einen Fisch und sank in die Tiefe.

     
    Derek flog in seinem schnellen Protonenschiff zum Schleiernebel. Das Schiff hatte hier im Raum seine halbkreisförmigen Segmente ausgefahren, die dicht an dicht mit Fotozellen besetzt waren; auf diese Weise nahm es die Energie auf, die es für seinen raschen Flug brauchte. Derek lag in seiner Kabine und erlebte nur winzige Bruchteile der langen Reise bei vollem Bewußtsein.
    Er wachte in dem therapeutischen Bett auf, als behutsame Maschinen seinen Körper massierten, um die steif gewordenen Muskeln geschmeidig zu machen. Nährflüssigkeit brodelte in einer Retorte und stieg blasig zu einem Mundstück vor seinem Gesicht auf. Er trank. Er schlief wieder, weil ihn die lange Untätigkeit müde gemacht hatte.
    Als er das nächstemal erwachte,
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