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Der Sternenschwarm

Der Sternenschwarm

Titel: Der Sternenschwarm
Autoren: Brian W. Aldiss
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    SEKTOR ROT

     

     
    Ein Riese, der aus den grauen Wassern des Fjords aufgetaucht wäre, hätte über die steilen Klippen hinwegsehen können und Endehabven entdecken müssen, das sich unmittelbar am Rand der Insel erstreckte.
    Derek Flamifew/Ende hatte von seinem hohen Fenster aus einen ähnlichen Blick; seine wachsende Unruhe bewirkte sogar, daß er alle Einzelheiten besonders deutlich sah, wie es oft vor Gewittern der Fall ist, wenn die Landschaft unnatürlich klar erscheint. Obwohl er mit dem Gesicht warmsah, betrachtete er seinen Besitz auch mit den Augen.
    In Endehabven war alles eintönig ordentlich – das kann ich am besten beurteilen, denn ich bin für diese Ordnung verantwortlich. Im Park stehen Büsche und Bäume, die niemals blühen; so ist es Myladys Wunsch, denn auch der Park soll eintönig, streng wie die Landschaft am Meer sein. Das Gebäude, Endehabven selbst, ist riesig und kalt und streng; in früheren Jahrhunderten wäre seine Konstruktion unmöglich gewesen: Tausende eingebaute Schwerkraftreduktoren sorgen dafür, daß Mauern, Gewölbe, Bogen und Säulen nur einen Bruchteil des scheinbaren Gewichts zu tragen haben.
    Zwischen Gebäude und Fjord, wo sich der Park in seiner unterdrückten Pracht ausbreitete, standen Myladys Laboratorium und die Stallungen für Myladys Tiere – und diesmal auch Mylady selbst. Ihre langen Hände beschäftigten sich mit dem Minicoypu und den quietschenden Atoshkies. Ich stand neben ihr, versorgte die Tiere in den Käfigen oder reichte ihr Instrumente oder bewegte die Tanks und führte jeden ihrer Befehle aus. Und Derek Endes Augen sahen auf uns herab; nein – sie blickten nur auf sie herab.
    Derek Flamifew/Ende stand über der Empfängerschale und nahm die Botschaft von Stern Eins auf. Sie spielte leicht über seine starren Züge und die ausgeprägten Höcker seiner Stirn. Obwohl er draußen die nur allzu vertrauten Kulissen seines Lebens betrachtete, warmsah er die Nachricht trotzdem klar genug. Als sie zu Ende war, schaltete er den Empfänger um, drückte das Gesicht in die Schale und sandte seine Antwort.
    »Ich werde tun, was du verlangt hast, Stern Eins. Ich begebe mich sofort nach Festi XV im Schleiernebel und nehme dort Verbindung mit einem Wesen auf, das du ›Klippe‹ nennst. Nach Möglichkeit werde ich auch deinen Wunsch erfüllen und eine Probe der Klippe nach Pyrylyn bringen. Ich danke dir für deine Grüße und Wünsche; ich erwidere sie gleichermaßen.«
    Er richtete sich auf und massierte sein Gesicht: über größere Entfernungen warmzusehen war immer ermüdend, als wüßten die empfindlichen Gesichtsmuskeln, daß ihre winzigen elektrostatischen Entladungen das Vakuum zwischen den Sternen zu überwinden hatten, und als erschreckten sie davor. Sein Gesicht entspannte sich allmählich, als er langsam seine Ausrüstung zusammensuchte. Der Flug zum Schleiernebel würde lange dauern, und die dort gestellte Aufgabe genügte, um das tapferste Herz zu ängstigen. Aber er zögerte auch aus einem anderen Grund: Bevor er starten konnte, mußte er sich von seiner Herrin verabschieden.
    Er trat in den Korridor hinaus, schritt dort über den Mosaikfußboden, dessen Muster er seit seiner Kindheit im Gedächtnis hatte, und erreichte den Antischwerkraftschacht. Minuten später verließ er den großen Saal und näherte sich Mylady, hinter der der Vatya Jokatt bis zu den niedrigen Wolken aufragte, in denen sein Gipfel verschwand.
    »Geh hinein und hol mir die Schachtel mit Namensringen, Hols«, hatte sie zu mir gesagt; ich ging also an Mylord vorbei, als er sich ihr näherte. Er beachtete mich ebensowenig wie jeden andern Partheno, denn er hatte nur Augen für Mylady.
    Als ich zurückkam, drehte sie ihm noch immer den Rücken zu, obwohl er eindringlich mit ihr sprach.
    »Du weißt, daß ich meine Pflicht erfüllen muß, Herrin«, hörte ich ihn sagen. »Nur ein normalgeborener Abrogunnaner kann mit dieser Art Aufgabe betreut werden.«
    »Schöne Aufgaben! Die Galaxis steckt voller Aufgaben dieser Art! Du kannst dich immer wieder damit entschuldigen.«
    »So darfst du nicht davon sprechen«, mahnte er. »Du kennst die Eigenschaften der Klippe – ich habe dir alles darüber erzählt. Du weißt, daß es sich nicht um einen Vergnügungsausflug handelt; das Unternehmen erfordert meinen ganzen Mut. Und du weißt, daß in unserem Sektor aus irgendeinem Grund nur Abrogunnaner diesen Mut besitzen ... Habe ich nicht recht, Herrin?«
    Obwohl ich inzwischen
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