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Der Sternenschwarm

Der Sternenschwarm

Titel: Der Sternenschwarm
Autoren: Brian W. Aldiss
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stieg aus und wartete auf ihn.
    »Die Schafe sind auf der Farm«, sagte er, »deshalb habe ich Zeit, das SAL-Schiff zu beobachten. Das ist für mich ... nun, es ist für mich eine Art Höhepunkt, weißt du.«
    »Ein Höhepunkt?« wiederholte ich verständnislos. Fay, Fay, Fay, sagte eine Stimme in meinem Innern.
    »Vasko, wir sind immer Freunde gewesen, deshalb brauche ich vor dir keine Geheimnisse zu haben. Dieses Ereignis alle vierzehn Tage ist wirklich ein Höhepunkt für mich. Ich meine ... nun, sogar Sex verblaßt vor einem Naturereignis dieser Art, wie es der Eintritt eines SAL-Schiffes ist.«
    Ich hörte verständlicherweise kaum zu und verstand erst später, was er damit gemeint hatte.
    »Und ich habe das Bild für Tandy Zwei gefunden, das ich immer gesucht habe, Vasko.« Seine Augen strahlten. »Tandy ist eine Frau ...«
    Es geschah ohne Warnung.
    Das SAL-Schiff trat in den Normalraum über.
    Cerenkow-Strahlen schossen zum Himmel und nahmen uns die Sicht. Wir wurden in gelbes Licht getaucht. Tandy war von Flammen umgürtet, die fast augenblicklich erloschen. Dann setzte die Reaktion ein.
    Die Sonne raste über den Himmel.
    Wir fielen zu Boden, und der Tag wurde zur Nacht.
    Murrag bewegte sich eher als ich. Als ich begriff, daß er seine Rauchmaske aufsetzte, folgte ich seinem Beispiel; ich hatte die Maske ganz automatisch aus dem Wagen mitgenommen.
    Ich wollte den Alptraum beenden, unter dem ich litt, war aber zu keiner vernünftigen Überlegung fähig. Ich schien zu rufen: »Fay ist tot!«, und Murrag schien zu sagen: »Tandy Zwei ist eine Frau!« Wir rollten über den Boden, den er so liebte, während ich ihn haßte, und ich verstand nicht, was ich hier tat. Dann merkte ich, daß ich den Kampf selbst angefangen hatte; als ich meinen Griff lockerte, traf Murrags Faust mich zwischen den Augen.

     
    Als das LAL-Schiff Monteith eine Woche später in Richtung Droxy startete, waren Col, Bes und Tes Dourt an Bord. Ich ebenfalls. Ich lag im Schiffslazarett, und auf meinem Krankenbett stand, ich sei geisteskrank und deshalb dienstunfähig.
    Die Dourts besuchten mich.
    Sie waren überraschend fröhlich. Schließlich hatten sie ihr Geld in der Tasche und konnten ein neues Leben beginnen. Selbst Bes sprach nicht von Fay; ich hatte sie schon immer für hartherzig gehalten.
    Sie brachten mir einen Brief von Murrag. Er war lang und reichlich umständlich. Murrag war so sehr mit seinen eigenen Entdeckungen beschäftigt, daß er ebensowenig wie die Dourts um Fay trauerte. Sein Brief zeigte einmal mehr, mit welcher Blindheit er geschlagen war, wenn es um Menschen ging. Ich verlor bald die Geduld, habe jedoch die letzten Abschnitte noch mehrmals gelesen; Murrag hat sie in seinem Bestseller Meiner geliebten Tandy wiederholt.
    »... Yilmoffs klassisches Werk der 54. Ära, Theorie der Charakterbilder, führt den Nachweis, daß die Umgebung den Menschen psychisch beeinflußt; wir alle sind diesen Einflüssen mehr oder minder stark ausgesetzt. Besitzt der Planet eine so ausgeprägte Persönlichkeit – der Ausdruck ist in diesem Fall durchaus angebracht – wie Tandy Zwei, ist selbstverständlich auch die Beeinflussung größer und wirksamer.
    Ich erkläre, daß ich Tandy liebe – im wahren psychologischen Sinn des Wortes. Sie ist der Inbegriff alles Weiblichen für mich und füllt meine Gedanken restlos aus. Und dies ist ihr Porträt: der Kopf eines Mädchens oder einer jungen Frau, liebliche Schönheit, dichtes Haar im Norden, aber das Gesicht im Süden ein Knochenschädel, den ein flammendes Band umschlingt. Dies ist das wahre Porträt meiner schrecklichen Geliebten.«
    Darüber muß sich jeder selbst eine Meinung bilden. Verrückt? Ich glaube nicht.
    Murrag ist der einzige Mensch, der ständig mit seiner Geliebten zusammen ist.

     

     
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