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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers
Autoren: Stephen R. Lawhead
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werde ich nicht«, erklärte Adalbert widerspenstig.
    »Das wirst du doch«, erwiderte Murdo. »Und, mein Herr Bischof«, warnte er im Flüsterton, »ich schlage vor, Ihr sprecht ein stilles Gebet, daß wir die beiden Frauen gesund und glücklich vorfinden.«
    »Ich werde einwilligen, euch zu dem Konvent zu führen«, erklärte der intrigante Kirchenmann, »aber für alles Übel, das die Unvorsichtigen befällt, kann ich wohl kaum verantwortlich gemacht werden. Das ist die Sache des Allmächtigen, nicht meine.«
    »Diese Güter unterstanden deiner Obhut«, entgegnete Murdo. »Deshalb ist es deine Sache. Auf jeden Fall werde ich dich zur Verantwortung ziehen.«
    »Du übernimmst dich; Gott ist mein Richter, nicht du.«
    »Dann werden wir dich zu deinem Richter schicken«, sagte Mur-do in sanftem, festen Tonfall und brachte sein Gesicht unmittelbar vor das des habgierigen Kirchenmannes, »und wir werden ihn entscheiden lassen, ob ich einen unschuldigen Mann getötet habe.«

    urdo und Emlyn blieben vor dem Tor stehen. Der Mönch leg-Kte dem jungen Mann die Hand auf den Arm. »Erlaube mir, dir in dieser Sache zu helfen«, bat er sanft. »Ich werde hineingehen, mit der Äbtissin sprechen und dir dann Bescheid geben.«
    Murdo blickte auf das große Holztor. »Ich bin nicht so weit gekommen, nur um mich jetzt abzuwenden. Ich muß das durchstehen.«
    »Wie du willst.« Emlyn trat zu der kleinen Pforte im Tor, hob den Klopfring und schlug ihn mit dumpfem Knall gegen das Holz. Nur einen Augenblick später öffnete sich ein schmaler Sehschlitz zwischen den Balken, und ein fülliges, freundliches Gesicht erschien. »Guten Tag, Schwester. Ich bin Bruder Emlyn aus der Abtei Sankt Aidan, und dies hier ist Herr Murdo Ranulfson.«
    »Auch Euch einen guten Tag, Bruder, und Euch beiden Gottes Segen«, antwortete die alte Frau. »Wie kann ich Euch dienen?«
    »Wir wollen.«, platzte Murdo heraus.
    Emlyn fiel ihm rasch ins Wort. »Wir sind gekommen, um uns nach der Äbtissin zu erkundigen. Ich hoffe, es geht ihr gut.«
    »Es geht ihr in der Tat gut«, antwortete die Nonne. »Wenn Ihr bitte einen Augenblick warten würdet.« Der Sehschlitz schloß sich wieder, und sie hörten ein Kratzen hinter der Tür, als der Riegel wieder vorgeschoben wurde.
    »Warum hast du das getan?« verlangte Murdo zu wissen. »Wir sind hier, um meine Mutter und Ragna zu finden, oder etwa nicht?«
    »Geduld«, tadelte ihn der Mönch. »Alles zu seiner Zeit. Es ist besser, mit Anstand und Umsicht vorzugehen, wenn wir erwarten, hier Hilfe zu bekommen. Auch glaube ich, daß wir uns zunächst auf deine Mutter beschränken sollten. Frau Ragna sollten wir vorerst nicht erwähnen.«
    »Warum?« Die Worte des Mönchs ergaben keinen Sinn für Mur-do.
    »Wir wissen nicht, was der Bischof der Äbtissin gesagt hat, als die Frauen hierhergebracht worden sind; aber ich gehe davon aus, daß es zumindest nicht die Wahrheit war. Daher rate ich zur Vorsicht, bis wir wissen, wie die Dinge stehen.«
    Murdo nickte und trat mit dem Stiefel in die Erde vor dem Tor. Kurz darauf knarrte die kleine Tür und schwang auf.
    »Ich bin überrascht, daß die Türen des Konvents geschlossen sind. Sind sie den ganzen Tag über verriegelt?« fragte Murdo.
    »Leider ja, Bruder«, antwortete die Nonne. »Wir sind Gefangene in unserem eigenen Kloster, denn es hat in diesem Jahr bereits viele Überfälle gegeben. Vergangenen Sommer hat man uns dreimal sogar direkt angegriffen. Das liegt daran, daß sich die meisten der Herren und Ritter auf Pilgerfahrt befinden, wißt Ihr? Die Seewöl-fe wissen, daß sie uns ohne Schutz leicht ausplündern können.« Sie lächelte, und Lachfalten umrahmten ihren alten, freundlichen Mund. »Danke, daß Ihr gefragt habt. Bitte, tretet ein, und ich werde Euch zur Äbtissin bringen.«
    Der Mönch verneigte sich knapp und trat über die Schwelle. Mur-do drehte sich noch einmal um und blickte zu dem Schiff in der Bucht unter ihm. Nicht weit entfernt konnte er die Ausfahrt des Fjords erkennen, den die Nordmänner Dalfjord nannten, und ein Stück weiter südlich zeigte Rauch die Lage von Inbhir Ness an. Schließlich drehte er sich zur Tür, atmete tief ein, straffte die Schultern und trat hindurch.
    Der Konvent glich einer kleinen Siedlung, umgeben von hohen Steinmauern mit Gebäuden verschiedener Größe: eine Kirche, Obstund Gemüsegärten, Stallungen, Lager und Arbeitsräume für die Handwerker. Innerhalb der Mauern gab es fast so viele Gebäude wie außerhalb, und der
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