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Rette mich

Rette mich

Titel: Rette mich
Autoren: Becca Fitzpatrick
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PROLOG
    Coldwater, Maine, drei Monate zuvor
    A uf dem Parkplatz, von dem aus man auf den Friedhof hinunterblicken konnte, kam der schnittige schwarze Audi langsam zum Stehen. Allerdings hatte keiner der drei Männer darin die geringste Absicht, den Toten Respekt zu erweisen. Es war nach Mitternacht, und offiziell war der Friedhof geschlossen. Ein merkwürdiger Sommernebel hing dünn und trostlos in der Luft, wie eine Kette aufsteigender Gespenster. Sogar der Mond, eine schmale, zunehmende Sichel, sah aus wie ein herunterhängendes Augenlid. Noch bevor der Straßenstaub sich legte, sprang der Fahrer heraus und öffnete die beiden hinteren Türen.
    Blakely stieg zuerst aus. Er war groß und hatte ein hartes, rechteckiges Gesicht unter ergrauendem Haar – er war beinahe dreißig Menschenjahre alt, aber nach der Nephilimzeitrechnung deutlich älter. Ihm folgte ein zweiter Nephilim namens Hank Millar. Hank war ebenfalls ungewöhnlich groß, mit blondem Haar, blitzenden blauen Augen und einem sympathischen Äußeren. Sein Glaubenssatz lautete »Gerechtigkeit vor Gnade«, und das hatte ihm, zusammen mit seinem schnellen Aufstieg zur Macht in Kreisen der Nephilim, in den letzten Jahren die Namen Faust der Gerechtigkeit, Eiserne Faust und – den berühmtesten – die Schwarze Hand eingetragen. Unter seinen Leuten galt er als ein visionärer Führer, als Erlöser. Doch in den Hinterzimmern wurde er »Die Blutige Hand« genannt. Die flüsternden Stimmen dort sprachen nicht von einem Erretter, sondern von einem gewissenlosen Diktator. Hank amüsierte sich über ihr nervöses Gerede; ein wahrer Diktator hatte absolute Macht und duldete keinen Widerstand. Hoffentlich konnte er eines Tages ihre Erwartungen erfüllen.
    Hank stieg aus, zündete sich eine Zigarette an und nahm einen langen Zug.
    »Sind meine Männer versammelt?«
    »Zehn Männer in den Wäldern über uns«, antwortete Blakely.
    »Noch einmal zehn in Autos an beiden Ausgängen. Fünf sind an verschiedenen Punkten auf dem Friedhof versteckt; drei stehen direkt hinter den Türen des Mausoleums und zwei am Zaun. Noch mehr und wir verraten uns. Zweifellos wird der Mann, den Sie heute Nacht erwarten, seine eigenen Leute dabeihaben.«
    Hank lächelte in der Dunkelheit. »Oh, das bezweifle ich.«
    Blakely blinzelte. »Sie haben fünfundzwanzig Ihrer besten Nephilimkrieger hergebracht, um gegen einen einzigen Menschen zu kämpfen?«
    »Nicht gegen einen Menschen«, erinnerte ihn Hank. »Heute Nacht darf nichts schiefgehen.«
    »Wir haben Nora. Wenn er Ihnen Probleme macht, dann lassen Sie ihn am Telefon mit ihr sprechen. Es heißt, Engel könnten keine Berührungen spüren, aber Gefühle sind frei. Ich bin sicher, er kann es fühlen, wenn sie schreit. Dagger steht bereit, er wartet nur auf seinen Einsatz.«
    Hank drehte sich zu Blakely und lächelte ihn langsam und abwägend an. »Dagger bewacht sie? Der ist doch kaum zurechnungsfähig.«
    »Sie haben gesagt, Sie wollten sie brechen.«
    »Das habe ich sicher nicht gesagt. Oder doch?«, grübelte Hank. Es war erst vier kurze Tage her, dass er sie gefangen genommen hatte, dass er sie aus einem Geräteschuppen im Delphic Vergnügungspark herausgezerrt hatte, aber er hatte bereits genau bestimmt, welche Lektionen sie zu lernen hatte. Erstens: Niemals vor seinen Männern seine Autorität zu untergraben. Zweitens: Ergebenheit ihrer Nephilimblutlinie gegenüber. Und was vielleicht am wichtigsten war: ihrem leiblichen Vater Respekt zu erweisen.
    Blakely übergab Hank ein kleines mechanisches Gerät mit einem Knopf in der Mitte, der in einem unwirklichen Blauton leuchtete.
    »Stecken Sie das in die Tasche. Drücken Sie auf den blauen Knopf, und Ihre Männer kommen von überallher angeschwärmt.«
    »Ist es mit Teufelskraft verstärkt worden?«, fragte Hank.
    Ein Nicken. »Wenn es aktiviert wird, soll es den Engel zeitweilig bewegungsunfähig machen. Ich kann Ihnen nicht sagen, für wie lange. Es ist ein Prototyp, und ich habe ihn noch nicht ausgiebig getestet.«
    »Hast du mit irgendjemandem hierüber gesprochen?«
    »Sie haben mir befohlen, es nicht zu tun, Sir.«
    Zufrieden steckte Hank den Apparat in die Tasche. »Wünsch mir Glück, Blakely.«
    Sein Freund schlug ihm auf die Schulter. »Das brauchen Sie nicht.«
    Hank warf seine Zigarette weg und ging die Treppe hinunter, die zum Friedhof führte, einem nebligen Stück Land, das einen Aussichtspunkt sinnlos erscheinen ließ. Er hatte gehofft, den Engel zuerst zu sehen, von oben,
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