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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers
Autoren: Stephen R. Lawhead
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gewartet, euch dies zu geben«, sagte Mur-do, »aber es waren stets zu viele Menschen um uns herum, und ich fürchtete mich vor dem, was Magnus getan hätte, hätte er es jemals herausgefunden. Doch das alles spielt nun keine Rolle mehr.«
    Verwirrt von diesen Worten beobachteten die Mönche, wie Mur-do sich niederkniete und mit den Händen an der Unterseite der Reling entlangtastete. Wenige Augenblicke später hatten seine Finger das Gesuchte gefunden. »Da ist sie ja«, sagte er und holte einen langen, leicht verbogenen Eisenspeer hervor.
    Als Ronan die Reliquie erblickte, verfiel er in ehrfürchtiges Schwei-gen.
    Emlyn jedoch war nicht mit Sprachlosigkeit geschlagen. »Gott steh dir bei, Murdo!« keuchte er. »Was hast du getan?«
    »Die heilige Lanze!« murmelte Fionn über die Maßen erstaunt.
    Ronan sank auf die Knie. »Kann das sein?« flüsterte er. Er faltete die Hände und blickte hoffnungsvoll zu Murdo empor. »Ist dies wirklich die heilige Lanze?«
    »Das ist sie«, bestätigte Murdo. »Ich wollte es euch wirklich schon früher sagen, glaubt mir. Aber ich durfte nicht riskieren, sie zu verlieren.«
    »Aber ich habe doch gesehen, wie du die Lanze weggegeben hast«, bemerkte Fionn. »Mit meinen eigenen Augen habe ich es gesehen.« Zustimmung suchend blickte er zu seinen Brüdern. »Wir alle haben es gesehen.«
    »Ihr habt gesehen, wie ich den Speer weggeben habe, den ich in Arles geschmiedet habe«, berichtigte ihn Murdo. »Erinnert ihr euch an Arles?«
    »Aber ja.« Jon Reißzahn nickte nachdenklich. »Ich hatte es ganz vergessen.«
    Murdo berichtete, wie er Balduins Männern in Jaffa zunächst entkommen war, so daß er das Schiff noch rechtzeitig erreicht hatte, um die beiden Waffen auszutauschen. »Ich habe die eine in die Tücher der anderen eingewickelt. Das war dann die >heilige Lanze<, die ich Bohemund gegeben habe.«
    »Du hast die Fürsten angelogen.« Emlyn staunte ob Murdos Kühnheit.
    Murdo schüttelte den Kopf. »Nein, Bruder, ich habe ihnen die Wahrheit gesagt. Bohemunds Arroganz und Habgier hat den Rest erledigt.«
    »Aber Magnus hat dir Land im Tausch für die Lanze gegeben. Du hast ihn betrogen, Murdo«, erklärte Fionn. »Das ist eine große Sünde.«
    »Aber dem ist nicht so«, widersprach der junge Mann. »Wie Em-lyn sich sicher erinnern wird, habe ich Bohemund und Magnus gesagt, ich würde keine Belohnung für die Lanze annehmen, und das habe ich auch nicht. König Magnus hat mir Land gegeben, weil Prinz Sigurd das Gut meines Vaters gestohlen und es Orin Breitfuß gegeben hat. Ich habe nur Gerechtigkeit verlangt, und das war mein Recht.«
    Schweigen senkte sich über die kleine Gruppe, als sie das ganze Ausmaß der Entschlossenheit und der Gerissenheit des jungen Mannes erkannten. Jon Reißzahn jedoch bewunderte vor allem den Mut, mit dem die Tat ausgeführt worden war. »Solch Wagemut wird in den Hallen der Könige von Skania bis Dänemark besungen werden!«
    Murdo schüttelte den Kopf. »Niemand außer uns wird je davon erfahren.« Er hielt kurz inne und blickte auf die eiserne Lanze; dann kniete er nieder und bot sie Ronan an. »Dies ist die Lanze Christi. Ich übergebe sie in deine Obhut und die deiner Brüder.«
    Ronan bemühte sich noch immer, das ganze Ausmaß des Glücks zu begreifen, das über sie gekommen war. Er starrte auf die heilige Lanze und brachte kein Wort heraus.
    »Als ich auf der Ebene vor Jaffa stand«, fuhr Murdo fort, »habe ich beschlossen, dem Wahren Weg zu folgen, und euch muß ich danken, daß ihr ihn mir gezeigt habt. Ihr wart besser zu mir als meine eigenen Brüder, und dafür bin ich euch dankbar. Falls jemals etwas Gutes aus diesem schrecklichen Kreuzzug hervorgehen sollte, dann möchte ich, daß ihr daran teilhabt. Die heilige Lanze gehört euch, und ich kann nicht glauben, daß irgendein anderer sie auch nur annähernd so gut verehren und beschützen würde wie ihr.«
    Bruder Ronan nahm die Lanze entgegen. »Das ist ein Wunder«, sagte er, blickte liebevoll auf die uralte Reliquie und schüttelte langsam den Kopf. »All die Zeit über habe ich geglaubt, sie sei für immer verloren und daß unsere Pilgerfahrt nach Jerusalem gescheitert sei.« Er blickte zu Murdo, und die Tränen standen ihm in den Augen. »Ich hatte sogar schon an der Vision gezweifelt, die der Herr uns geschenkt hat. Ich gestehe, ich habe sogar an Gott selbst ge-zweifelt.«
    »Nun könnt ihr die Vision erfüllen.«
    Ronan drückte den Speer an die Brust, als wäre es seine Seele und
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