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Nacht des Flamingos

Nacht des Flamingos

Titel: Nacht des Flamingos
Autoren: Jack Higgins
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Das Buch

    Joanna Craig, die Tochter eines vermögenden Industriellen, wird tot im Fluß gefunden. Es sieht so aus, als habe sie Selbstmord begangen. An ihren Armen findet man die typischen Narben einer Morphinistin…
    Ist Joanna im Morphiumrausch ins Wasser gestürzt und ertrunken? Oder hat doch ihr Freund, der Nachtklubbesitzer Max Vernon, seine Hand im Spiel gehabt?

    Der Autor

    Jack Higgins (eigentlich Harry Patterson) wurde 1928 in Irland geboren. Er versuchte sich in mehreren Berufen: als Zirkushelfer, als Versicherungsvertreter und bei der Royal Horse Guard. Später studierte er Soziologie und Sozialpsychologie an der Universität London. Heute lebt er mit seiner Familie auf der Insel Jersey. Sein Roman »Der Adler ist gelandet« brachte ihm Weltruhm und wurde auch verfilmt.

    JACK HIGGINS

    Nacht der Flamingos

    ROMAN

    GOLDMANN VERLAG
    1

    Sie war jung und sicherlich ein recht attraktives Mädchen. Doch davon war jetzt keine Spur zu sehen. Ihr rechtes Auge war fast zugeschwollen, die Wange bläulich verfärbt von Blutergüssen. Die Lippe war aufgeplatzt vom harten Schlag einer Männerfaust.
      Mit schmerzverzogenem Gesicht schleppte sie sich, von einer Polizeibeamtin gestützt, in den Raum, in dem die Gegenüberstellung stattfinden sollte; eine bemitleidenswerte, schmale Gestalt mit einer Decke um die Schultern, die das zerrissene Kleid verbergen sollte.
      Miller und Brady saßen auf einer Bank am Ende des Raumes. Brady bemerkte sie zuerst. Er tippte seinem Kollegen auf die Schulter, und Miller drückte die Zigarette aus. Er stand auf, um ihr entgegenzugehen.
      Einen Moment blieb er stehen und musterte sie mit beinahe klinischer Sachlichkeit. Das Mädchen wich zurück vor diesem seltsamen jungen Mann mit dem weißen Gesicht und den dunklen Augen, die unergründlich waren wie Stein und durch sie hindurchzublicken schienen.
    Sergeant Nicholas Miller von der Kriminalpolizei war müde, so müde wie er seit Monaten nicht mehr gewesen war. Seit zehn Stunden schon tat er Dienst, ohne Pause. Er hatte die ersten Ermittlungen in zwei Einbrüchen und einem Überfall eingeleitet. Später war er zu einem Gasthaus in der Nähe des Marktes gerufen worden, wo ein junger Mann bei einer Messerstecherei schwer verletzt worden war. Kaum waren dort die nötigen Formalitäten erledigt, da hatte man ihn zu einem Haus in der Hafengegend beordert, wo er sich eines besonders empörenden Falles von Kindesmißhandlung annehmen sollte. Er war mit dem Inspektor zusammen hinausgefahren. In einem dunklen, fensterlosen Raum, der von unerträglichem Gestank erfüllt war, hatten sie drei halbverhungerte Kinder gefunden, die dort hausten wie die Tiere.
      Und jetzt dies. Um fünf Uhr morgens – noch dazu an einem düsteren Februarmorgen – regt sich das Mitleid nur widerwillig. Doch das Gesicht des Mädchens verriet Furcht. Das Mädchen hatte genug durchgemacht. Er lächelte. Und mit diesem Lächeln schien in seinem ganzen Wesen eine Wandlung vorzugehen. Die Wärme, die es ausstrahlte, hüllte das Mädchen ein. Unversehens füllten sich ihre Augen mit Tränen.
      »Es wird schon alles gutgehen«, sagt er. »Es wird alles wieder gut. In ein paar Minuten ist es vorbei.« Er wandte sich nach Wachtmeister Brady um. »Lassen Sie sie jetzt vorführen, Jack.«
      Brady nickte und drückte auf einen roten Knopf an einem kleinen Schaltbrett an der Wand. Weißes Licht erleuchtete grell ein Podium am anderen Ende des Raumes. Wenig später öffnete sich eine Tür, und ein halbes Dutzend Männer marschierte im Gänsemarsch herein. Ihnen folgten zwei Polizeibeamte, die für Ordnung sorgten.
      Miller faßte das Mädchen sachte am Arm; doch noch ehe er etwas sagen konnte, begann sie heftig zu zittern. Mit Anstrengung hob sie ihre rechte Hand und deutete auf den Häftling, der als erster hereingekommen war. Er war ein massiger, stiernackiger Mann, dessen rechte Wange von einer langen Narbe gezeichnet war. Das Mädchen wollte sprechen, ein erstickter Laut kam aus ihrer Kehle, dann sank sie ohnmächtig an Millers Schulter.
      Er hielt sie fest an sich gedrückt und blickte hinauf zum Podium.
    »Okay, Macek, mit Ihnen werden wir uns nachher unterhalten.«
    Jack Brady war ein stämmiger, schwergewichtiger Ire mit Fäusten, die mit unglaublicher Wucht zuschlagen konnten. Er war seit fünfundzwanzig Jahren bei der Polizei. Ein Vierteljahrhundert lang hatte er Tag für Tag erneut mit dem Bösen in all seinen Formen und Spielarten Bekanntschaft
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