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Der Schatten von Thot

Der Schatten von Thot

Titel: Der Schatten von Thot
Autoren: Michael Peinkofer
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magst an Zufälle dieser Art glauben, Onkel Mortimer – ich tue es nicht. Ich glaube an das Schicksal und bin davon überzeugt, dass nichts auf dieser Welt aus purem Zufall geschieht. Deshalb werde ich weiter nach Antworten suchen.«
    »In deinen Büchern?«
    »Warum nicht? Kennst du einen besseren Ort?«
    »Vielleicht ja«, bestätigte der Arzt und legte eine Kunstpause ein, in der er nach seinem Taschentuch griff und es Sarah reichte, damit sie ihre Tränen trocknen konnte. »Was, wenn es für dich eine Möglichkeit gäbe, weiter an den Fragen zu forschen, die dich beschäftigen? Mehr Licht ins Dunkel der Geschichte zu bringen, ohne dass deine Arbeit verlacht oder missachtet würde?«
    »Das wäre schön«, gestand Sarah, »aber das wird nicht geschehen.«
    »Vielleicht doch«, widersprach Laydon mit triumphierendem Lächeln. »Denn du musst wissen, mein Kind, dass ich gekommen bin, um dir genau dies anzubieten – und noch ungleich mehr.«
    »Du beliebst zu scherzen, Onkel.«
    »Durchaus nicht. Denn nur aus diesem Grund bin ich hier. Ich soll dich auf oberstes Geheiß nach London bringen, wo deine Kenntnisse und deine Fähigkeiten dringend gebraucht werden.«
    »Meine Kenntnisse?« Sarah hob ihre schmalen Brauen. »Meine Fähigkeiten? Was soll das heißen?«
    »Das soll heißen, dass die Geschehnisse in Ägypten nicht verborgen geblieben sind. Die Königin kennt deinen Namen und weiß, was das Empire dir verdankt – und sie hat mich gebeten, dich in ihrem Namen um Hilfe zu bitten.«
    »Um Hilfe? Wobei?«
    »Das werde ich dir erst verraten, wenn du zugesagt hast, mich nach London zu begleiten.«
    »London.« Sarah kaute den Namen der Hauptstadt wie alten Wein, während ein wahrer Wust an Erinnerungen in ihr Bewusstsein flutete, gerade so, als wäre ein Schleusentor geöffnet worden. Und nicht jede dieser Erinnerungen war angenehm…
    »Ich bedaure, Onkel Mortimer«, entgegnete sie deshalb. »Aber ich fürchte, ich kann dein großzügiges Angebot nicht annehmen.«
    »Weshalb nicht?«
    »Weil ich Kincaid Manor nicht den Rücken kehren werde, weder für London noch für sonst einen Ort auf der Welt.«
    »Und warum nicht?«
    »Weil ich es Vater schuldig bin, deshalb.«
    »Unsinn, Sarah«, widersprach Laydon entschieden und lauter, als es einem Gentleman zukam – mochte es nun am Alkohol liegen oder daran, dass die bäuerischen Sitten Yorkshires bereits auf ihn übergegriffen hatten. »Du schuldest deinem Vater nicht das Geringste.«
    »Nein?«, fragte sie trotzig. »Verzeih, Onkel Mortimer, aber ich denke nicht, dass du darüber urteilen solltest. Die letzten Worte, die mein Vater auf dieser Welt sprach, galten mir. Er bat mich, seine Mission fortzuführen und nach der Wahrheit zu suchen.«
    »Dann verstehe ich erst recht nicht, weshalb du Kincaid Manor nicht verlassen willst. Gardiners Sammlung in allen Ehren, aber in London sind die Voraussetzungen für ernsthafte wissenschaftliche Arbeit ungleich besser – ich möchte nur an die königliche Bibliothek und das Britische Museum erinnern. Aber in Wirklichkeit geht es nicht darum, oder?«
    »Was meinst du?«
    »In Wirklichkeit«, fuhr Laydon fort, »willst du Kincaid Manor nur aus einem einzigen Grund nicht verlassen – weil du dich fürchtest. Du fürchtest dich vor der Welt da draußen, die dir den Menschen genommen hat, den du mehr geliebt hast als jeden anderen, und du hast dich hier in diese einsame Gegend verkrochen, um zu trauern. Eine Zeitlang mag dies angebracht gewesen sein, aber die Zeit der Trauer und des Versteckspielens ist zu Ende. Du musst dich dem Leben wieder stellen, Kind. Auch dein Vater hätte es so gewollt.«
    »Was du nicht sagst«, konterte Sarah wenig diplomatisch. »Und das alles fällt dir ein, nachdem ich dir über Monate hinweg völlig gleichgültig gewesen bin? Bei Gott, Onkel Mortimer, ich hätte in all der Zeit einen Freund sehr gut gebrauchen können.«
    Laydon hielt ihrem empörten Blick stand. »Das glaube ich dir gerne, mein Kind«, sagte er mit ruhiger Stimme, »und ich kann verstehen, dass du wütend auf mich bist. Es stimmt, ich war in den dunklen Tagen, die hinter dir liegen, nicht bei dir, und dafür bitte ich dich um Verzeihung. Könnte ich ungeschehen machen, was geschehen ist, so glaube mir, ich würde es tun. Und könnte ich meinen alten Freund ins Leben zurückholen, indem ich meines dafür gebe, so würde ich auch das ohne Zögern tun. Willst du mir das glauben?«
    Sarah ließ sich mit der Antwort Zeit. Laydon hatte
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