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Der pfeifende Mörder

Der pfeifende Mörder

Titel: Der pfeifende Mörder
Autoren: Heinz G. Konsalik
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entsetzliche, unbeschreibliche Angst. Sie möchte fliehen, kopflos davonstürmen, fühlt sich aber festgehalten. Von wem, von was? Vom Gefühl einer Pflicht? Ach was, das besteht nicht mehr, sie hat nur noch Angst, aber sie weiß, daß hier in der Nähe Polizisten wachen, ihr Vater - und daß, wenn sie flieht, irgendwohin, niemand mehr in ihrer Nähe sein wird, der über sie wacht. Also bleibt sie und bereut es zutiefst, nicht auf ihre Mutter gehört zu haben.
    Zitternd starrt sie in den Nebel. Von den Bäumen tropft das Naß. Irgendwo in der Ferne heult ein Hund. Alba merkt auf, läßt aber keinen eigenen Ton verlauten. Antje hält seine Leine in der Hand, doch nur mit schwachen Fingern.
    Sie versucht mit ihrem Blick den Nebel zu durchdringen, er ist zu dicht. Sie kann weder Büsche noch Bäume sehen, der Schein der Laterne erhellt zu ihren Füßen nur in einem kleinen Umkreis das nasse Pflaster der Straße.
    Vater und die Polizisten sind aber um mich, denkt sie. Sie lassen kein Auge, kein Ohr von mir. Und Alba ist da.
    Mir kann nichts geschehen … ich bin sicher … absolut sicher …
    »Nicht wahr, Alba?« flüstert sie und blickt hinunter zu dem Tier.
    Und zwei, drei Sekunden lang fühlt sie sich wirklich so wohlbehütet wie in Abrahams Schoß. Autosuggestion.
    Doch im nächsten Augenblick geschieht etwas, das zeigt, wie es tatsächlich um sie steht. Ein unsichtbarer Vogel im dunklen Geäst eines nahen Baumes flattert auf, und dieses unvermutete Geräusch jagt ihr einen solch fürchterlichen Schreck ein, daß sie ohnmächtig zu Boden sinkt. Die Leine von Alba entgleitet ihr.
    Den Mörder trennen in diesem Moment von Antje keine fünfzig Meter mehr, er hat das blanke Beil schon in der Hand. Alba, verwirrt vom Ohnmachtsanfall des ihm anvertrauten ›Objekts‹, scheint zu spüren, daß von dieser Seite nichts mehr zu erwarten ist, das ihm zur Anleitung dienen könnte. Er knurrt, sträubt die Rückenhaare, wird zur tödlichen Gefahr für jeden Feind, der sich ihm widersetzen will.
    Das Knurren von Alba, mehr schon ein Grollen, pflanzt sich fort zu seinen ›Kollegen‹; die Polizisten sind dagegen machtlos, der Instinkt der Tiere ist von der besten Dressur nicht mehr zu zügeln. Schlagartig ist der stille Park voller bösester Geräusche für den Mörder, ihm sträuben sich gewissermaßen die Ohren, er wendet sich im Nebel zur Flucht. Kommissär Leerdam sieht das natürlich nicht, aber er kann es ahnen und setzt als ultima ratio seine Trillerpfeife in Tätigkeit. Das heißt für alle: Vollalarm!
    Die Hundeführer wissen, daß es nun nur an ihren Tieren liegt. Sie selber – überhaupt keiner der Polizisten – sie alle können in diesem teuflischen Nebel nichts ausrichten. Es wäre ja ein reiner Zufall, wenn der Mörder an einem von ihnen in unmittelbarer Nähe vorbeirennen würde.
    Aber die Hunde erweisen sich des in sie gesetzten Vertrauens ganz rasch würdig, an der Spitze Alba. Eigentlich innerhalb weniger Sekunden stellen sie ihn. Und nun macht er einen tödlichen Fehler, sich ihrer mit dem Beil zu erwehren. Er spaltet Alba, der ihn als erster anspringt, den Kopf. In Raserei versetzt, zerfleischen ihn daraufhin die anderen im Nu. Nur ein schrecklicher Todesschrei von ihm durchdringt noch die Nacht. Bis der erste Polizist den Ort des grauenvollen Geschehens erreicht, ist alles schon vorbei. Die Hunde können nur mit großer Mühe wieder einigermaßen beruhigt werden.
    Paul Leerdam sieht das Beil des Mörders liegen und atmet erleichtert auf.
    »Stellen Sie sich vor«, sagt er zu Wilm Schouwen, »das Ganze wäre passiert mit einem harmlosen Bürger, der sich noch auf dem Nachhauseweg befunden hätte. Wäre doch auch möglich gewesen – oder nicht? Großer Gott, ich darf gar nicht daran denken, Wilm!«
    »Ich auch nicht, Chef«, seufzt der Assistent.
    »Wissen wir schon, wer der Kerl ist?«
    Sie beugen sich über den getöteten Mörder, dessen Mund offensteht, als habe ein zweiter Schrei keine Zeit mehr gehabt, ihm zu entfliehen. Der Goldzahn glänzt links oben im Gebiß – auch das ein beruhigender Beweis dafür, daß die Hunde keinen Falschen angefallen haben.
    In dem vielen Blut und zerfetzten Fleisch, auf das die Polizisten herniederstarren, ist das Gesicht ziemlich gut zu erkennen, da es relativ unverletzt geblieben ist. Die Perücke hat sich vom Kopf gelöst und liegt zwei Meter neben der Leiche.
    »Mann«, stößt Schouwen völlig konsterniert hervor, »ich dachte schon, das sei Dan Paldoorn …«
    »…
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