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Der Mann von Nebenan

Der Mann von Nebenan

Titel: Der Mann von Nebenan
Autoren: Amelie Fried
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auseinander. Es zeigte zwei Elefanten, die sich gegenüberstanden. Ihre Rüssel bildeten ein Herz.
    Malise fragte ungeduldig: »Also, was denkst du?«
    Kate steckte das Papier ein. »Du meinst, er wollte uns einen Hinweis auf Mattuschek geben?«
    »Was denn sonst? Er hätte auf meine Frage ja auch sagen können: Nein, machen Sie sich keine Sorgen, Ihr Nachbar hat nichts damit zu tun. Hat er aber nicht gesagt.«
    »Manchmal trifft das scheinbar Unwahrscheinliche zu«, wiederholte Kate nachdenklich. »Den Satz hat er schon mal zu mir gesagt.«
    »Und wann?«
    »Als wir darüber sprachen, ob Mattuschek meine Werkstatt angezündet haben könnte.«
    »Na, also, glaubst du’s jetzt endlich?« fragte Malise.
    Kate spürte einen leichten Schwindel. Sie konnte nicht mehr unterscheiden, was sie dachte und was Malise sagte.
     
    Es war ein ungewöhnlich warmer Tag für die Jahreszeit, und Malise hatte darauf bestanden, endlich wieder angeln zu gehen.
    »Laßt uns ein Boot nehmen«, schlug sie vor, als Kate, Inge und sie den Waldweiher erreicht hatten.
    Gemeinsam schoben sie eines der Ruderboote, die am Steg vertäut waren, ins Wasser. Sie verstauten ihr Angelzeug und setzten sich auf die Holzbänke.
    »Willst du?« fragte Malise und bot Kate die Ruder an.
    »Hab’ ich noch nie gemacht«, sagte Kate verlegen.
    »Sieht man.« Malise grinste. »Als erstes mußt du dich mal andersrum hinsetzen. So, und dann hältst du die Ruder hier fest, tauchst ein und ziehst sie zu dir hin.«
    Kate befolgte die Anweisung. Zuerst drehte das Boot sich auf der Stelle, dann setzte es sich langsam in Bewegung. Sie glitten unter den Ästen der großen Bäume entlang, an denen sich bereits winzige Knospen zeigten.
    »Endlich wieder Frühling«, seufzte Inge wohlig. »Ich habe eine solche Sehnsucht nach Wärme.«
    »Wieso ziehst du eigentlich nicht nach Mallorca?« fragte Kate, während sie sich bemühte, gleichmäßig zu rudern. »Du mußt nicht mehr arbeiten, bist ungebunden – ich an deiner Stelle wäre längst weg.«
    »Rentnerinsel«, brummte Inge abfällig. »Außerdem kann ich kein Spanisch. Lern’ ich auch nicht mehr auf meine alten Tage.«
    »Da reden doch eh alle Deutsch«, widersprach Kate.
    »Ich hab’ keine Lust, wegzugehen. Ich bin hier zu Hause, auch wenn du das vielleicht nicht verstehst.«
    Malise beteiligte sich nicht an der Unterhaltung. Sie war mit den Gedanken woanders. Plötzlich sah sie auf und sagte: »Es gibt ein Gift, das entsteht in verdorbenen Lebensmitteln, insbesondere in Fleisch. Innerhalb von ein, zwei Tagen nach Verabreichung führt es zu Sprach- und Sehstörungen, dann zur Lähmung der Extremitäten, schließlich zur Lähmung der Atemmuskulatur und dadurch zum Ersticken.«
    Sie hielt inne und sah Inge an, die ihr, ebenso wie Kate, überrascht gelauscht hatte. »Dieses Gift wird auch zu pharmazeutischen Zwecken hergestellt. Ich will, daß du es besorgst.«
    »Verdammt, Malise«, sagte Inge wütend, »du hast versprochen, mich aus der Sache rauszuhalten!«
    »Ich halte dich ja raus. Ich will nur, daß du mir dieses Gift besorgst.«
    Kate hatte die Ruder sinken lassen; das Boot trieb jetzt ungefähr dreißig Meter vom Ufer entfernt auf dem Weiher.
    »Wenn du mich dazu zwingst, machst du mich zur Mittäterin. Ich will aber mit der Sache nichts mehr zu tun haben. Gustav wird davon auch nicht wieder lebendig«, sagte Inge und unterstrich ihre Worte mit heftigen Armbewegungen. Das Boot begann zu schaukeln.
    »Wackel nicht so, sonst kippen wir um«, bat Kate ängstlich. Sie hatte nicht die geringste Lust, im eiskalten Wasser zu landen.
    »Ich verspreche dir, niemand wird jemals erfahren, daß überhaupt Gift im Spiel war«, sagte Malise.
    »Irgendwann wird Willi tot umfallen. Natürlich wird man ihn obduzieren; dabei wird eine Lebensmittel-Vergiftung festgestellt werden. Man findet eine Menge leerer Dosen bei ihm, darunter eine, in der sich winzige Spuren dieses Botulinus-Toxins befinden. Todesursache: eine verdorbene Konserve. Niemand wird auf die Idee kommen, daß an der Sache was komisch sein könnte.«
    »Außer, man findet das kleine Loch in der Büchse, durch das du das Gift reingespritzt hast«, stellte Kate trocken fest.
    »Die Büchse, die gefunden wird, muß ja nicht dieselbe sein wie die, aus der er gegessen hat«, konterte Malise.
    Sie nahm ihre Angel und warf den Köder aus. Alle drei saßen schweigend da.
     
    Kate versuchte, sich auf die Arbeit zu konzentrieren. Sie hatte noch mehr Geld geliehen, um besseres
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