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Der Mann von Nebenan

Der Mann von Nebenan

Titel: Der Mann von Nebenan
Autoren: Amelie Fried
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standen noch drei Büchsen mit Ravioli.
    »Wir nehmen die da.« Sie tippte auf die vorderste.
    Malise griff nach der Konserve und setzte sich an den Tisch. Aus einer Umhängetasche nahm sie den Bohrer, die Spritze und das Gift. Vorsichtig löste sie eine Ecke des Etiketts und setzte den Bohrer an. Nach wenigen Sekunden stieß die Spitze durch das dünne Metall.
    »Ich muß schnell was holen«, murmelte Kate und verließ die Küche.
    »Beeil dich!« rief Malise ihr nach.
    Kate lief die Treppe ins Obergeschoß hoch. Sie wollte endlich ihre Sachen in Sicherheit bringen, damit es in diesem Haus keine Hinweise auf sie gäbe.
    Gerade wollte sie die Klinke zum Schlafzimmer runterdrücken, als die Türglocke schrillte. Von Panik ergriffen, machte sie kehrt, mit wenigen Sätzen war sie wieder im Erdgeschoß.
    Im gleichen Moment schoß Malise aus der Küche, und beide liefen Richtung Keller. Durch die Milchglasscheibe in der Haustür zeichneten sich die Umrisse einer Gestalt ab. Als die Tür zur Tiefgarage hinter ihnen ins Schloß fiel, klingelte es oben zum zweiten Mal.
    »Scheiße«, fluchte Kate, »das war Lander.«

ACHTZEHN
     
    D ie Sirene des Rettungswagens, der die Hauptstraße entlangraste und dann in die Bergstraße einbog, war im ganzen Dorf zu hören.
    Kate stand in der Kassenschlange des Lebensmittelladens. Ihr war flau. Aufgeregt unterhielten sich die Kunden darüber, was nun wieder passiert sein könnte. Kate versuchte, gleichgültig auszusehen.
    Zehn Minuten später stürmte sie in Malises Küche.
    »Und? Ist es soweit?«
    Malise drehte sich zu ihr um. Ihr Gesicht war ernst.
    »Stell dir vor, der Notarzt war da und hat Willi in die Klinik gebracht. Er hat sich in Krämpfen gewunden, der arme Kerl!«
    Kate stutzte. Wieso benahm sie sich so komisch?
    Im nächsten Moment begriff sie: Auf der Küchenbank saß David, Malises jüngster Sohn. Er sollte mit seinen Brüdern eigentlich bei den Großeltern sein.
    »Seid ihr schon wieder da?« fragte Kate, und David schüttelte den Kopf. »Nee, sind wir nicht«.
    Im nächsten Moment kamen auch Simon und Lukas in die Küche, um sich Kakao zu machen. Sie löffelten Unmengen von Schokopulver in die Milch, bis Malise Simon die Packung entwand.
    »Schluß jetzt. Und raus aus der Küche!«
    Endlich waren Malise und Kate allein.
    »Und?« fragte Kate ungeduldig.
    Auf Malises Gesicht breitete sich ein diabolisches Grinsen aus.
    »Du hättest ihn sehen sollen!« sagte sie. »Er war grün im Gesicht und krümmte sich wie eine Gebärende in den Preßwehen! Ich hab’ ihm zum Abschied freundlich zugewinkt; ich glaube, in diesem Moment ist ihm einiges klargeworden.«
    »Hat er was gesagt?«
    »Allerdings. ›Hexe‹ hat er gesagt!« Ihr Grinsen wurde noch breiter.
    Plötzlich fühlte Kate sich unwohl in Malises Gegenwart. Hatte diese Frau denn nicht den kleinsten Zweifel?
    In ihr selbst tobten die widersprüchlichsten Empfindungen. Angst und Neugier, Schrecken und Erleichterung.
    »Was ist mit der Dose?« fragte sie aufgeregt.
    »Schon passiert«, sagte Malise beruhigend. »Alles da, wo es hingehört.«
    »Und die Spritze? Hast du daran gedacht, sie verschwinden zu lassen?«
    »Liegt längst im Fluß. Ganz ruhig, Liebes, es ist alles in Ordnung.«
    Malise umfaßte Kates zitternde Hände und hielt sie fest.
    »Wir haben es also getan«, sagte Kate nach einer Pause, als staune sie selbst über diese Erkenntnis.
    »Ja«, sagte Malise. »Wir haben es getan.«
    »O Gott«, schreckte Kate hoch, »die Fotos! Ich muß heute nacht die Fotos rausholen.«
    »Muß das sein?« fragte Malise unwillig. »Alles ist so gut gelaufen, jetzt müssen wir doch kein unnötiges Risiko eingehen.«
    »Ich muß die Sachen rausholen!« beharrte Kate.
    »Gib mir den Schlüssel.«
     
    Zum zweiten Mal wühlte Kate sich durch Mattuscheks Schlafzimmerschrank. Sie wollte sichergehen, daß nichts zurückbliebe, was einen Hinweis auf sie geben könnte. Zwischen ihr und Mattuschek sollte keine Verbindung bestehen, außer der Tatsache, daß sie zufällig Nachbarn waren.
    Sie hatte die Vorhänge geschlossen und arbeitete im Schein von Samuels Taschenlampe, einer robusten Campingausführung, die genügend Licht gab.
    Mattuscheks Sammlung von Fotos und Autogrammkarten war wirklich beeindruckend; mehr als dreißig Jahre lang mußte er dieses Hobby gepflegt haben. Die jüngsten Unterschriften waren ungefähr fünf Jahre alt, danach hatte er offenbar die Lust verloren.
    Plötzlich zuckte sie zusammen: Sie hielt eine von ihren
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