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Der Mann von Nebenan

Der Mann von Nebenan

Titel: Der Mann von Nebenan
Autoren: Amelie Fried
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Werkzeug kaufen zu können. Jetzt bohrte, feilte und schliff sie wie besessen, um endlich einige ihrer Aufträge fertigzustellen. Mit den Einnahmen würde sie einen kleinen Teil ihrer Schulden zurückzahlen können. Aber daß ihre finanzielle Lage sich bald bessern würde, war nicht abzusehen.
    Immer wieder war es zu Auseinandersetzungen mit Samuel gekommen, der Kates strikten Sparkurs nicht mehr mittragen wollte. Als er an diesem Nachmittag aus der Schule kam, war schnell klar, daß sich ein weiterer Konflikt anbahnte.
    »Mam, ich brauch’ endlich ein Snowboard«, verlangte er. »Alle haben eins, nur ich nicht!«
    »Was heißt das – du brauchst ein Snowboard?« fragte Kate gereizt und ließ den Schleifblock sinken.
    »Deine Skier sind gerade zwei Jahre alt, und du bist vielleicht zehnmal damit gefahren.«
    »Ich habe ja auch nicht gesagt, ich brauche neue Skier. Ich hab’ gesagt, ich brauche ein Snowboard.«
    »Verdammt noch mal, du weißt genau, daß wir kein Geld für so was haben«, sagte Kate ärgerlich.
    »Dann laß ich es mir von Bernd bezahlen«, gab Samuel trotzig zurück.
    Das war eine Kriegserklärung. Kate hatte Samuel in langen Gesprächen erklärt, warum sie kein Geld von Bernd annehmen wollte. Und warum auch er keines annehmen sollte. Er hatte ihr fest versprochen, ihre Bitte zu respektieren. Und bisher hatte er es auch getan, zumindest hoffte Kate das.
    »Warum brichst du unsere Abmachung?« fragte sie verletzt.
    »Weil ich nicht einsehe, daß ich auf alles verzichten soll, nur weil du Krach mit Bernd hast!«
    »Ich hab’ keinen Krach mit Bernd.«
    »Und warum darf er mir dann kein Snowboard schenken? Er hat soviel Geld, und wir haben nichts.«
    »Geld, immer nur Geld! Als gäbe es nichts Wichtigeres im Leben! Du bist schon genauso geldgeil wie dein Vater«, schleuderte sie ihm wütend entgegen.
    »Du bist gemein, Mam«, sagte er getroffen und rannte aus dem Zimmer.
    »Bleib gefälligst hier, solange ich mit dir rede!« schrie Kate hilflos hinterher.
    Von draußen hörte sie seine Stimme: »Am besten, ich ziehe ganz zu Bernd. Dann hast du keine Unkosten mehr durch mich!«
    Wütend schrappte Kate mit dem Sandpapier über das Holz, dann hielt sie inne. Nein, so ging das nicht. Sie mußte warten, bis sie sich wieder beruhigt hatte.
    Das Telefon klingelte.
    »Komm rüber«, befahl Malise ohne weitere Erklärung.
     
    Malise saß mit Inge in der Küche, als Kate eintraf. Inge holte ein unscheinbares Fläschchen aus ihrer Handtasche, das in Alufolie eingeschlagen war. Vorsichtig rollte sie die silberne Umhüllung ab.
    »Die Fahrkarte in die Hölle«, flüsterte Malise.
    Kate wurde heiß und kalt. Inge hatte es also doch getan.
    »Zeig mal«, wisperte sie heiser.
    Inge ließ das Fläschchen in Kates Hand gleiten und griff nach einem weiteren Päckchen. Darin befanden sich ein dünner Handbohrer, eine Injektionsspritze, eine Tube Klebstoff und mehrere Paar Latexhandschuhe, wie sie zum Operieren verwendet werden.
    »Also, ihr hebt die Papierumhüllung der Dose ein wenig an, bohrt mit dem Ding hier ein winziges Loch, injiziert das Gift und klebt das Papier wieder fest. Für alle Fälle tragt ihr Handschuhe, wegen der Fingerabdrücke.«
    Sie stand auf. »Mehr kann ich nicht für euch tun.«
    »Danke«, sagte Malise und wollte sie umarmen. Inge machte sich schweigend von ihr los und ging.
    »Wie hast du das bloß wieder geschafft?« wollte Kate wissen.
    Malise zuckte die Schultern. »Es gibt Mittel und Wege«, antwortete sie unbestimmt.
    Kate fragte nicht, was sie damit meinte.
    »So, und jetzt bist du dran«, fuhr Malise fort. »Du mußt Rita dazu bringen, den richtigen Schlüssel aus ihrem Vorrat rauszurücken. Falls sie rumzickt: Mach ihr klar, daß sie mit drinhängt. Die Miroslav-Idee war von ihr, und im Juristendeutsch heißt das Anstiftung zum Mord.«
     
    Der Kellereingang zu Mattuscheks Wohnung sprang auf. Kate und Malise streiften die Handschuhe über und huschten nach oben.
    Mattuschek war bei seinem täglichen Radtraining; vor Ablauf von zwei Stunden würde er kaum zurück sein.
    In der Küche stapelten sich Pizzakartons, leere Flaschen und Dosen. Wie erwartet fand sich in der Speisekammer ein größerer Vorrat an Konserven.
    »O Gott, welche nehmen wir bloß?« flüsterte Malise erschrocken.
    Kate überlegte kurz, dann untersuchte sie einige leere Büchsen in der Ecke.
    »Von sechs Dosen sind vier Ravioli. Das ist eindeutig sein Lieblingsgericht.«
    Sie ging zurück zum Vorratsregal. Dort
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