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Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung

Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung

Titel: Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung
Autoren: Mark Boyle
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die Bürger, »damit sind unsere Probleme gelöst!«
    Herr Bank sagte, er werde in einem Jahr zurückkommen und dann von jedem der 100 Bürger 110 Kaurimuscheln zurückverlangen. Die zusätzlichen 10 Kaurimuscheln, so erklärte er, seien ein Zeichen ihrer Wertschätzung dafür, dass er ihnen viel Zeit erspart und ihr Leben viel einfacher gemacht habe. »Das hört sich fair an, aber woher kommen die zehn zusätzlichen Kaurimuscheln?«, fragte die überaus kluge Frau Koch, als Herr Bank vom Podium stieg. Sie wusste, dass unmöglich alle Bewohner der kleinen Stadt die zehn extra Kaurimuscheln würden aufbringen können. »Machen Sie sich keine Gedanken, das werden Sie irgendwann herausfinden«, entgegnete Herr Bank und begab sich auf den Weg in die nächste Stadt.
    Und das war, dargestellt anhand einer einfachen Allegorie, die Geburtsstunde des Geldes. Das, wozu sich Geld entwickelt hat, ist von seinen bescheidenen Anfängen weit entfernt. Das Finanzsystem ist inzwischen so kompliziert, dass es sich einer Erklärung beinahe widersetzt. Geld umfasst nicht nur die Banknoten und Münzen in unserer Tasche. Die Zahlen auf unserem Bankkonto sind nur der Anfang. Es gibt Termingeschäfte und Derivate, Staatsanleihen, Unternehmensanleihen und Kommunalobligationen, Zentralbankreserven und durch Hypotheken gesicherte Wertpapiere, wobei Letztere als Verursacher des weltweiten Kollapses von Finanzinstituten bei der Kreditklemme 2008 Berühmtheit erlangten. Es gibt so viele Instrumente, Indizes und Märkte, dass nicht einmal international anerkannte Experten genau verstehen, wie diese miteinander interagieren.
    Das Geld arbeitet nicht mehr für uns. Wir arbeiten für das Geld. Das Geld hat die Macht über die Welt ergriffen. Wir als Gesellschaft verehren ein Gut, das an sich keinen Eigenwert besitzt, zu Lasten alles anderen. Darüber hinaus basiert unsere Vorstellung von Geld komplett auf einem System, das Ungleichheit, Umweltzerstörung und Respektlosigkeit der Menschheit gegenüber fördert.
    Gradueller Ablösungsprozess
    Bis 2007 hatte ich seit fast zehn Jahren in irgendeiner Form mit Geschäftsbeziehungen zu tun. Ich hatte in Irland vier Jahre lang Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft studiert und arbeitete anschließend sechs Jahre lang im Management von Biokostfirmen mit Sitz im Vereinigten Königreich. Zu Biolebensmitteln war ich gekommen, nachdem ich im letzten Semester vor Studienende ein Buch über Mahatma Gandhi gelesen hatte. Die Art, wie dieser Mann sein Leben lebte, hat mich überzeugt zu versuchen, all mein Wissen und alle meine Fähigkeiten in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, anstatt in die Unternehmenswelt einzutreten, um möglichst schnell möglichst viel Geld zu verdienen, was mein ursprünglicher Plan gewesen war. Eine Redensart Gandhis, die in mir eine Saite zum Klingen brachte, war: »Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt«, egal, ob du zu einer »aus einer Person bestehenden Minderheit oder einer Mehrheit von Millionen Menschen« gehörst. Das Problem war nur, ich hatte überhaupt keine Ahnung, was für eine Veränderung das sein sollte. Die Branche der Biolebensmittel schien ethische Grundsätze zu haben (und in vielerlei Hinsicht ist das noch immer so), also schien dies ein guter Ausgangspunkt zu sein.
    Nachdem ich mich sechs Jahre lang intensiv mit der Biolebensmittelbranche beschäftigt hatte, betrachtete ich sie nun als ausgezeichnetes Sprungbrett für eine umweltgerechtere Lebensweise und weniger als den Heiligen Gral der Nachhaltigkeit, an den ich einst geglaubt hatte. Viele Probleme der konventionellen Lebensmittelindustrie waren auch hier verbreitet: Lebensmittel wurden um die ganze Welt geflogen, Waren des täglichen Bedarfs wurden in zu viele Schichten Plastik verpackt, und große Konzerne kauften kleine, unabhängige Unternehmen auf. Das desillusionierte mich, und ich begann, andere Wege zu ergründen, wie ich mich der wachsenden Bewegung von Menschen auf der ganzen Welt anschließen konnte, die sich über Themen wie den Klimawandel und die Verknappung von Ressourcen Gedanken machten und etwas dagegen unternehmen wollten.
    Eines Abends diskutierte ich mit meiner guten Freundin Dawn über einige der wichtigen Themen in der Welt: Ausbeuterbetriebe, Zerstörung der Umwelt, Massentierhaltung, Ressourcenkriege und Ähnliches. Wir stellten uns die Frage, welches dieser Themen wir als Lebensaufgabe betrachten sollten. Nicht, dass wir das Gefühl hatten, viel bewegen
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