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Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung

Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung

Titel: Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung
Autoren: Mark Boyle
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begegnete. Der Unterschied bestand darin, dass ich in der Vergangenheit meine Probleme immer mit Geld hätte erschlagen können, egal wann und wo sie auftraten. Mir wurde klar, in was für einer prekären Lage ich mich befand, ich, der sich anschickte, in eine Welt einzutauchen, von der er so wenig wusste. Zum ersten Mal fühlte ich mich verwundbar. Die einfachsten Aufgaben, Aufgaben, die ich bisher immer als selbstverständlich angesehen hatte, würden extrem schwer, wenn nicht unlösbar werden. War dieses Experiment von Anfang an zum Scheitern verurteilt? Ich beschloss, mir darüber keine Gedanken zu machen: Für einen Rückzieher war es sowieso zu spät. Außerdem hatten Millionen von Menschen von meinem Experiment gehört, was die Belastung, die ich empfand, noch um einiges verstärkte.
    Und während ich so dalag und an die Decke starrte, ölverschmiert, voller Sorgen, erschöpft und gestresst, schossen mir alle möglichen Gedanken durch den Kopf. Wie um alles in der Welt war ich in meinem Leben an diesen Punkt gelangt, und welcher Teufel hatte mich geritten, eine scheinbar unmögliche Mission unter den Augen der Öffentlichkeit zu beginnen?

1 Warum ohne Geld?
    Mit dem Geld ist es ein bisschen so wie mit der Liebe. Wir rennen ihm unser ganzes Leben lang hinterher, aber nur wenige von uns verstehen, was eigentlich dahintersteckt. In vielerlei Hinsicht war Geld anfangs eine fantastische Idee.
    Es war einmal vor langer, langer Zeit, da tätigten die Menschen viele ihrer Geschäfte nicht mit Geld, sondern trieben Tauschhandel. Wenn Markttag war, begaben sie sich mit dem, was sie hergestellt hatten, auf den Markt: Die Bäcker kamen mit Brot, die Töpfer mit Tongeschirr, die Brauer schleppten ihre Bierfässer heran, und die Schreiner brachten Holzlöffel und Stühle. Sie verhandelten mit anderen, von denen sie hofften, dass sie etwas von Wert anzubieten hätten. Das war für die Leute eine wirklich großartige Form der Begegnung, aber nicht so effizient, wie es hätte sein können.
    Wenn Herr Bäcker etwas Bier wollte, ging er zu Frau Brauer. Nach einem Pläuschchen über die Kinder bot Herr Bäcker Frau Brauer Brot im Tausch gegen ihr köstliches Bier an. In den meisten Fällen war das eine gute Lösung, und beide Parteien waren zufrieden mit dem Handel. Aber – und hier fing das Problem an – manchmal wollte Frau Brauer kein Brot oder fand, dass ihr Nachbar ihr nicht genug für ihr Bier gab. Doch Herr Bäcker hatte nichts anderes anzubieten. Dieses Problem ist bekannt als »Double Coincidence of Wants« (Gegenseitige Übereinstimmung der Bedürfnisse): Jede an einer Transaktion beteiligte Person muss etwas besitzen, das die andere Person haben will. Vielleicht hatte Frau Brauer bei ihrem Mann eine Glutenintoleranz entdeckt, und die Brote des Herrn Bäcker hatten sein Reizdarmsyndrom noch verschlimmert. Oder sie wollte statt Brot lieber einen neuen Löffel von Frau Schreiner und etwas Gemüse von Frau Bauer. All das war für die arme Frau Brauer sehr verwirrend.
    Eines Tages kam ein Mann, der einen eleganten Zylinder und einen maßgeschneiderten Nadelstreifenanzug trug, in die kleine Stadt. Die Leute hatten ihn zuvor noch nie gesehen. Dieser Neuling, der sich selbst als Herr Bank vorstellte, ging zum Markt und lachte über das geschäftige Treiben, bei dem alle chaotisch durcheinanderliefen und versuchten, das zu bekommen, was sie für die Woche brauchten. Als Herr Bank sah, wie Frau Bauer sich ohne Erfolg bemühte, ihr Gemüse gegen ein paar Äpfel einzutauschen, nahm er sie beiseite und sagte ihr, sie solle alle Bürger der Stadt am Abend ins Rathaus kommen lassen, denn er wisse einen Weg, wie sich ihrer aller Leben erheblich vereinfachen ließe.
    An diesem Abend versammelte sich die ganze Gemeinde. Sie schubsten sich gegenseitig vor lauter Aufregung und waren gespannt darauf zu erfahren, was dieser charismatische Fremde mit dem Zylinder und dem schicken Anzug ihnen erzählen würde. Herr Bank zeigte ihnen 10000 Kaurimuscheln, auf denen seine Signatur aufgeprägt war. Und er gab jedem der 100 Bürger 100 Kaurimuscheln. Herr Bank erklärte ihnen, dass sie, anstatt sperrige Gegenstände wie Bierfässer, Brotlaibe, Töpfe und Stühle mit sich herumzutragen, die Waren mit diesen Kaurimuscheln bezahlen könnten. Alles, was sie zu tun hätten, wäre, festzulegen, wie viele Kaurimuscheln ihre Waren und Produkte wert seien, um sie dann im Tausch gegen diese kleinen Marken zu verkaufen. »Das ist sehr sinnvoll«, sagten
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