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Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung

Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung

Titel: Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung
Autoren: Mark Boyle
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Problem wird das Ganze, wenn die Bank 90 Prozent der Kaurimuscheln ihrer Einzahler verleiht. Das Ergebnis ist, dass von all den Kaurimuscheln auf allen Bankkonten dieser fiktiven Welt nur 10 Prozent tatsächlich existieren! Wenn alle Einzahler gleichzeitig mehr als 10 Prozent der Gesamtmenge an Kaurimuscheln haben wollten, würde die Bank zusammenbrechen (ein Bank-Run), und den Leuten würde klar, dass die Bank imaginäres Geld schöpft .
    Dieses System mag lächerlich scheinen, und doch ist es genau das, was heute jeden Tag und in jedem Land der Welt passiert. Anstatt einer Bank sind es Tausende. Anstatt Kaurimuscheln haben wir auf der Welt unzählige Währungen. Doch das Prinzip ist das gleiche: Das meiste Geld wird dadurch geschaffen, dass Privatbanken Geld verleihen. Unser kostbarstes Gut hat keinen Wert, und bei den Zahlen auf Ihrem Bankkonto handelt es sich größtenteils um die Schulden eines anderen, die wiederum indirekt von den Schulden eines anderen finanziert werden und so weiter. Bank-Runs sind auch nicht fiktiv. Die jüngsten Bankenkrisen, von Northern Rock im Vereinigten Königreich bis hin zu Fannie Mae in den USA, zeigen die dem System innewohnende Instabilität, die daher kommt, dass unser Finanzsystem auf imaginären Ressourcen basiert. Es ist ein Scheingebäude, und wie die im Jahr 2009 weltweit getätigten Nothilfen für Banken zeigen, müssen die Steuerzahler diese zwangsläufig mit Milliarden unterstützen, um das Scheingebäude zu erhalten, wenn das System implodiert.
    Schulden forcieren den Wettbewerb, nicht die Kooperation
    Wenn im gegenwärtigen Finanzsystem die Einzahlungen bei den Banken verbleiben, können diese keine Zinsen erheben und daher kein Geld verdienen. Also besteht für Banken ein großer Anreiz, mit allen möglichen Mitteln Kreditnehmer zu finden. Ob sie dies mit Werbung tun, künstlich gesenkte Zinsen anbieten oder zu einem ungezügelten Konsumverhalten ermuntern, Banken haben ein Interesse daran, fast ihre gesamten Einlagen zu verleihen. Die Kredite, die dadurch geschaffen werden, sind meiner Meinung nach zu einem großen Teil verantwortlich für die Umweltzerstörung der Erde, da sie uns ermöglichen, ein Leben zu führen, das unsere Mittel bei Weitem übersteigt. Jedes Mal, wenn eine Bank jemandem eine Gutschrift ausstellt, erhalten die Erde und ihre zukünftigen Generationen eine entsprechende Lastschrift.
    Es scheint, als könnten wir den Hals einfach nicht voll kriegen. Laut eines 2010 von Credit Action veröffentlichten Berichts sind heute in Großbritannien 70 Millionen Kreditkarten im Umlauf, d. h., es gibt dort mehr Kreditkarten als Menschen. Im Vergleich dazu schätzt der Bundesverband deutscher Banken, dass in Deutschland inzwischen 25 Millionen Kreditkarten im Umlauf sind.
    Ein durchschnittlicher britischer Haushalt hat (ohne Hypotheken) mehr als 18000 Pfund Schulden, und was die Lage noch schlimmer macht: Während der Entstehung dieses Buches stieg die Staatsverschuldung des Vereinigten Königreichs um verblüffende 4385 Pfund pro Sekunde. Die Zeit der Rückzahlung wird unweigerlich kommen, sowohl in ökonomischer als auch in ökologischer Hinsicht. Diese ganze Geldschöpfung ist zwar großartig für die Wirtschaft, aber nicht so gut für die Menschen, denen die Wirtschaft ursprünglich dienen sollte. Jeden Tag hilft die Bürgerberatungsstelle »Citizens’ Advice« mehr als 9300 Menschen im Vereinigten Königreich, die professionelle Unterstützung bei Schuldenproblemen benötigen. Alle vier Minuten geht ein Mensch in Konkurs oder muss Insolvenz anmelden, und alle elfeinhalb Minuten wechselt ein Haus seinen Eigentümer. In Deutschland waren 2009 8 Prozent der Haushalte verschuldet, und für 2010 rechnet man mit einem Anstieg der Privatinsolvenzen auf ca. 100000 Fälle.
    Am Ende führt der Prozess der Geldschöpfung unweigerlich dazu, dass die Reichen reicher und die Armen ärmer werden. Die Banken verleihen Geld, das sie, nach objektiven Maßstäben, nie hatten. Es laufen in jeder Phase Zinsen auf, und sie behalten sich das Recht vor, Vermögenswerte in Besitz zu nehmen, wenn das Darlehen nicht zurückgezahlt wird. Verwundert es da, dass in der Welt eine enorme Ungleichheit herrscht?
    Kehren wir zurück zu unserer kleinen Stadt. Früher war es zu gewissen Zeiten, wie zum Beispiel bei der Ernte, üblich, dass sich die Menschen oft gegenseitig halfen, ganz unkompliziert und ohne dass dafür etwas zurückverlangt wurde. Und die Leute dort arbeiteten auch viel
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