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Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung

Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung

Titel: Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung
Autoren: Mark Boyle
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Erde etwas mehr als drei von ihnen hat. Erdöl ist der einzige Grund dafür, dass wir Menschen der westlichen Welt so leben können, wie wir es tun; ein Leben, das in jeder Hinsicht unhaltbar ist.
    Zwar mögen Regierungen in der Lage sein, Banken wie während der Kreditkrise von 2008 finanziell zu stützen, aber leider steuern wir auch auf das zu, was George Monbiot als »Naturkrise« bezeichnet. Wie er treffend feststellt, ist eine finanzielle Unterstützung der Natur nicht möglich. Pavan Sukhdev, ein für die Deutsche Bank tätiger Ökonom, der eine Studie zu Ökosystemen leitete, berichtete, dass wir »jedes Jahr allein aufgrund der Abholzung natürliche Ressourcen mit einem Wert zwischen 2 und 5 Trillionen Dollar verlieren«. Die vom Finanzsektor aufgrund der Kreditklemme erlittenen Verluste belaufen sich auf 1 bis 1,5 Trillionen Dollar – ein bescheidener Betrag im Vergleich zu den Unsummen, die wir jedes Jahr an Naturkapital verlieren. Wird Geld auch dann noch eine Sicherheit darstellen, wenn wir auf eine Umweltkatastrophe zuschlingern und die Wirtschaft schrumpft? Oder tritt an seine Stelle das Leben in einer eng verbundenen Gemeinschaft, die ihre Fähigkeit, zusammenzuarbeiten und zum Wohle aller zu teilen, wiedererworben hat?
    Dass diese Frage berechtigt ist, wurde mir klar, als ich 2008 nach Irland reiste, um meine Eltern zu besuchen. In den sechs Jahren, in denen ich fern der Heimat in England arbeitete, hatte sich das Land so verändert, dass ich es nicht mehr wiedererkannte. Das Wachstum, das das irische Volk während der Wirtschaftsperiode des »Keltischen Tigers« erlebte, hatte seine Kultur radikal verändert. Zwanzig Jahre zuvor, als ich dort Ende der 80er-Jahre aufwuchs, war mir alles noch ganz anders erschienen. Meine Erinnerungen waren geprägt von der Straße, in der meine Eltern noch heute leben. Als ich dort wohnte, kannte jeder jeden; zu Fuß waren es 15 Minuten bis in die Stadt. Außerdem gab es nur in einem der 80 Häuser ein Telefon. Wenn man telefonieren wollte, ging man zu diesem Haus (dessen Haustür, wie bei allen anderen Häusern, immer offen stand), legte einige Münzen auf den Tisch und führte ein meist wirklich wichtiges Telefonat. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass mehr als fünf Autos auf der Straße standen. Wenn man einen Mercedes sah, wusste man, dass jemand Verwandte aus dem Ausland zu Besuch hatte.
    Heute sind die meisten Menschen nur daran interessiert, eigenen Besitz zu erwerben und die Karriereleiter zu erklimmen. Es spielt eigentlich keine Rolle, gegen was für eine Wand diese Leiter gelehnt ist, Hauptsache, es geht nach oben. Die Straße von früher gibt es so nicht mehr; die einst offenen Türen sind alle geschlossen.
    Planet Erde AG
    Geld macht es uns möglich, unseren Reichtum ganz einfach und für lange Zeit zu deponieren. Würde man uns dieses unkomplizierte Depot wegnehmen, bestünde für uns dann immer noch der Anreiz, die Erde und alle Arten, die sie bewohnen, auszubeuten? Wenn es keine Möglichkeit gäbe, jene langfristigen Profite auf einfache Art zu »lagern«, die dadurch entstehen, dass wir mehr nehmen, als wir brauchen, würden wir höchstwahrscheinlich nur die Ressourcen verbrauchen, die wir tatsächlich benötigen. Dann wäre ein Mensch nicht mehr in der Lage, die Bäume eines Regenwalds in Zahlen auf einem Bankkonto zu verwandeln, und hätte daher keinen triftigen Grund mehr, in jeder einzelnen Sekunde einen Hektar Regenwald abzuholzen. Es wäre sinnvoller, die Bäume in der Erde verwurzelt zu lassen, bis wir sie brauchen.
    Nehmen wir an, die Erde wäre ein Einzelhandelsunternehmen, dessen Geschäftsführer die Staatsoberhäupter unserer Welt wären. Diese Manager der Firma Planet Erde AG haben auf vier Jahre befristete Verträge, also beschließen sie, in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Profit zu machen, um damit ihre Chancen auf eine Vertragsverlängerung zu erhöhen. Sie beschließen, einige der Registrierkassen und Regale zu verkaufen, um das Jahresergebnis noch ein klein wenig zu verbessern und das Erfolgskonto gesünder aussehen zu lassen. Das funktioniert: Die Aktionäre – wir – machen sich nicht die Mühe, sich die Bilanzen anzusehen, und die Manager bekommen neue Verträge. Im Jahr darauf verringert sich ihr Gewinnpotenzial, da sie wichtige Inventarstücke und Einbauten entfernt haben, also müssen sie das Gleiche noch einmal machen, bis sie jedes vorhandene Anlagegut aufgebraucht haben. In der Zwischenzeit haben die
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