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Der Liebe eine Stimme geben

Der Liebe eine Stimme geben

Titel: Der Liebe eine Stimme geben
Autoren: Lisa Genova
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hochgezogenen Augenbrauen hinüber zu Petra, wartet mit angehaltenem Atem.
    »Dieses Ende ist perfekt«, sagt Petra.
    Beth atmet aus, und sie schwört, sie kann ihr Herz lächeln spüren.
    »Vielen Dank. Ich liebe das Ende auch«, sagt sie mit einem Blick auf Olivia. »Es ist mein Lieblingsteil an dem ganzen Buch.«
    Beth erinnert sich, wie sie, als sie die Geschichte zu schreiben begann, dachte, wie fremd ihr die Figur war, dieser Junge mit Autismus, der nicht sprach, der sich nicht gern berühren ließ, der keinen Blickkontakt aufnahm, der Barney und die Zahl drei und seine Steinreihen liebte. Aber während sie weiterschrieb, während sein Autismus ihr allmählich vertrauter wurde, erkannte sie immer deutlicher die Ähnlichkeiten zwischen ihnen – sie kaut an ihren Fingernägeln, um sich selbst zu beschwichtigen, sie fühlt sich ruhig, wenn ihr Haus sauber ist und alle Bilderrahmen gerade und in der Mitte hängen, sie erträgt den Gedanken nicht, dass jemand anders auf ihrem Platz in der Bibliothek sitzt, sie regt sich auf, wenn zu viel Lärm um sie herum ist, und manchmal muss sie einfach allein sein.
    Aber ihre Ähnlichkeiten haben nichts mit Autismus zu tun. Während sie weiterschrieb, erkannte sie allmählich, dass es in dieser Geschichte eher um Anthony, den Jungen, ging als um Anthony, den Jungen mit Autismus. Der Autismus wurde fast unwichtig, und schließlich schrieb sie einfach über Anthony, einen Jungen, der Glück und Sicherheit und das Gefühl, gewollt und geliebt zu sein, verdient hatte. Genau wie sie. Je mehr sie über Anthony schrieb, desto deutlicher erkannte sie, dass sie tatsächlich über sich selbst schrieb.
    Sie liebt das ganze Buch, aber dieses letzte Kapitel, das sie beinahe gar nicht geschrieben hätte, ist zweifellos ihr Lieblingsstück. Und das wichtigste. Es war die Lektion, die ihr Herz brauchte, der Rat, den ihr wahres Selbst hören wollte.
    Und jetzt ist ihr Buch fertig. Sie reibt den glatten, kalten Mondstein an ihrer Halskette zwischen Zeigefinger und Daumen und drückt ihn an ihr Herz.
    Danke, Anthony.
    »Ich denke, wir sollten über das Ende reden, nachdem wir über den Anfang geredet haben«, sagt Jill. »Ich habe auf den Lesezeichen eine Anleitung zur Diskussion für uns erstellt. Das Essen steht da. Es gibt noch jede Menge Champagner, und Kaffee und Orangensaft, aber bitte nehmt den Moët nicht für den Sekt-Orange. Nehmt dafür den Korbel. Okay, lasst uns essen und über das Buch reden!«

VIERZIG
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    Es ist früh am Tag, und die Sonne scheint wärmend auf Olivias Rücken, während sie am Fat Ladies Beach am Rand des Wassers entlanggeht. Es ist ein klarer Morgen, ohne Nebel und mit einem nur sanften Wind. Der Himmel ist ein reines, sanftes Blau, und die Luft riecht frisch. Gestern, als der Himmel von schweren, grauen Wolken verhangen war und ein stürmischer Wind ging, waren überall an diesem Strand Kitesurfer in schwarzen Anzügen zu sehen, die parallel zur Küste ritten, auf den kabbeligen Wellen spielten. Heute sind die abenteuerlustigen Sportler zu Hause geblieben, ersetzt von Leuten, die ihre Hunde ausführen. Olivia hat schon mindestens ein Dutzend Leute und ihre Vierbeiner mit einem Nicken gegrüßt. So viel Treiben am Fat Ladies Beach ist ungewöhnlich für April. Aber an diesem Wochenende ist es zu erwarten gewesen. An diesem Wochenende ist das Narzissenfestival.
    Sie hat das Gefühl, genug gelaufen zu sein, aber sie wird nicht von hier weggehen, bevor sie noch einen gefunden hat. Sie hat ihre Jeans bis zu den Waden hochgekrempelt und lässt die Schuhe von Mittel- und Zeigefinger baumeln, während sie barfuß über den glatten, festen Sand schlendert, der nass und kalt von der kürzlichen Flut ist. Sie geht mit gesenktem Kopf, den Blick auf die goldgelben Sandkörner vor sich geheftet, eine Spur ihrer eigenen tiefen Fußabdrücke hinter sich zurücklassend. Der Strand ist rein gewaschen. Es gibt hauptsächlich feinen Sand, nur ein paar zerbrochene Venusmuscheln liegen hier und da verstreut. Sie sucht weiter.
    Und genau wie sie erwartet hat, findet sie einen, der nur teilweise aus dem Sand hervorschaut, weiß und schimmernd im Sonnenlicht. Sie hebt ihn auf, dann kauert sie sich an den Rand des Meeres und wartet darauf, dass es kommt und ihren Stein sauber leckt. Sie betrachtet ihn, wie er in ihrer hohlen Hand liegt: weiß und rund und glatt. Anthony würde ihn lieben. Sie lächelt. Jetzt ist sie bereit zu gehen.
    Wieder in ihrer Nachbarschaft angekommen, geht sie
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