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Der letzte Vorhang

Der letzte Vorhang

Titel: Der letzte Vorhang
Autoren: Annette Meyers
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Hemd drückte, dachte
sie an die Bescherung, die das Mascara anrichten würde. »Silvestri...«
    »Sei still, Les«, flüsterte er in ihr Haar.

Es war ein grandioser Abend — hinsichtlich des Gesangs; ein grandioser
Abend — hinsichtlich des Tanzes; und ein grandioser Abend für das
amerikanische Musiktheater. »Combinations« ist wieder da, wenn auch nur kurz,
um uns sogar in der konzertanten Form spüren zu lassen, wie seicht das
Musiktheater heute geworden ist, wo T-Shirts und Reklame wichtiger sind als
das, was auf der Bühne geschieht.
    Bravo, »Combinations«!
     
    Aus The New York Times
    23. Dezember 1994
    Von Andrew Elofison
     
     

50. Kapitel
     
    Der Wind malträtierte die Upper West Side, und
der Regen prasselte gegen Wetzons Fenster.
    »Heiligabend soll es nicht regnen, Izz«, sagte
sie. Der Hund blickte zu ihr auf und gähnte. »Es soll schneien. Nicht viel.
Gerade genug für die weiße Weihnacht.«
    Sie hatte ein Abendessen mit Carlos und Arthur
abgelehnt, desgleichen den Heiligen Abend bei Xenia Smith zu Hause; weil
Silvestri versprochen hatte, er würde heute zu ihr kommen. Aber es war schon
sechs Uhr, und er war noch immer nicht da. Hatte er wieder einmal Rita ihr
vorgezogen?
    Die Benefizvorstellungen von Combinations in
concert waren ein umwerfender Erfolg gewesen, und eigentlich hätte sie nach
zwei Aufführungen erschöpft sein sollen. Sie hatte den Tag damit verbracht,
sich auszuruhen, herumzuwerkeln, Sachen wegzuwerfen. Gedankenverloren knabberte
sie an Carlos’ Weihnachtsstollen, gebacken nach seinem Geheimrezept, den er
Jahr für Jahr allen Freunden mit viel Trara lieferte. Irgendwie schwebte sie
noch immer, aufgekratzt vom Bühnenadrenalin.
    Das Buch über Terri war geschlossen. Doch war
dies jetzt die Wahrheit? Ganz sicher würde sie es nie wissen. Und vielleicht,
nur vielleicht, wollte sie es nicht wissen. Zu viele Jahre waren vergangen.
Medora hatte Terri geliebt — dessen war sich Wetzon sicher.
    Während sie in Meditationshaltung auf ihrer
Matte lag, verlangsamte sie die Atmung. Alles erfunden und zu nichts führend,
dachte sie.
    Immerhin konnte sie den Broadway noch
begeistern. Wenigstens für zwei Abende. Sie lauschte in sich hinein. Keine
Beschwerden, bloß ein Zwicken hier und dort. Carlos wollte unbedingt weiter mit
ihr zusammenarbeiten — aber wäre es richtig, zum Theater zurückzukehren und jedesmal
einen kleinen Tod zu sterben, wenn eine Show durchfiel? Hmhm. Nein. Es war
leichter für Herz und Seele, an der Wall Street zu bleiben.
    Dieses Jahr brach der Rentenmarkt ein,
verschwand Kidder Peabody für immer unter einem Skandal, wackelte Prudential,
zerfiel jedoch nicht, hatte Rosenkind Luwisher die Headhunter aus seinem Budget
eliminiert. Trotzdem ging alles weiter.
    Ihr wurde bewußt, daß sie den Wind nicht mehr
hören konnte. Sie setzte sich auf und sah gerade noch Izz vom Sofa fliegen und
kläffend zur Tür rennen. »Der Meister ist eingetroffen«, sagte Wetzon und
überlegte, was er von ihr halten würde, wenn sie ebenfalls schreiend vom Sofa
aufspränge, um ihn zu begrüßen.
    Silvestri setzte zwei Einkaufstaschen neben dem
Baum ab und legte noch ein paar Päckchen zu den anderen, die dort schon lagen.
    »Möchtest du ausgehen?« fragte er.
    »Wäre vielleicht schön. Wohin?«
    »Ach, wir finden schon etwas.« Er ging ins
Schlafzimmer, und sie folgte ihm. »Ich gehe unter die Dusche.«
    »Regnet es noch?«
    »Nein, aber es ist kalt.«
    Sie zog einen langen Jerseyrock, Stiefel und
einen roten Rollkragenpullover an, dann kämmte sie ihr Haar über dem Scheitel
zusammen und band es mit einem breiten, glänzenden roten Band. Der
Ganzfigurspiegel im Schlafzimmer zeigte ihr, daß sie auch von hinten elegant
aussah. Okay.
    Ihr Magen knurrte. Sie war unruhig. Im
Kühlschrank gab es einen Behälter mit Ziegenkäse und Öl, den sie auf dem
Bauernmarkt auf dem Union Square gekauft hatte. Ein übriggebliebenes Ende
Sauerteigbrot lag in einer Tüte auf der Theke. Sie schnitt das Stück in
Scheiben und steckte sie in den Toaster, bis sie gebräunt waren, dann belegte
sie die Scheiben mit dem Ziegenkäse.
    »Ißt du schon wieder?«
    »Mann«, sagte sie und betrachtete ihn von Kopf
bis Fuß. Silvestri hatte sich richtig feingemacht. Ein todschicker dunkelblauer
Anzug, ein blau und weiß gestreiftes Hemd und eine rote Krawatte mit einer
handgemalten Bogart-Bergman-Szene aus Casablanca darauf. »Was ist das
für eine Krawatte?«
    » Casablanca.« Er wedelte damit herum.
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