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Der letzte Vorhang

Der letzte Vorhang

Titel: Der letzte Vorhang
Autoren: Annette Meyers
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überrascht gewesen, doch freundlich.
    Es hatte keinen Zweck, unter diesen Umständen
ihre Freiheit aufzugeben. Nicht jetzt. Außerdem mußte sie sich den Tatsachen
stellen: daß sie sich nie an die Regeln hielt und den Mund nicht halten konnte.
Sie würde keine gute Angestellte abgeben.
    Auf der 45. Straße ging sie zur Eighth Avenue,
um den Broadway-Bus zu erwischen. Die Sonne war untergegangen, und der Wind
hatte aufgefrischt. Sie zog die Baskenmütze tiefer über die Ohren. Eigentlich
wäre die U-Bahn schneller.
    Sie kehrte um und nahm die Abkürzung durch die
Shubert Alley, die ganz mit weihnachtlichem Grün geschmückt war. Himmel, das
sah nach Silvestri aus, der mit Mort und einem Mann in Trenchcoat vor dem
Shubert stand. Er war es. Sie fiel in einen langsameren Schritt.
    »Da kommt Ihre Freundin«, sagte Mort. »Sie
können genausogut auch sie mitnehmen.« Er wandte sich um und überquerte die
Straße, wo er stehenblieb, um mit der Produzentin Liz McCann zu sprechen, die
im selben Gebäude wie Mort Büros besaß. Silvestri ließ er bei dem anderen
stehen, den Wetzon noch nie gesehen hatte.
    Wetzon näherte sich Silvestri. »Was ist denn
hier los? Geht es um die Einäscherung von George Battle?«
    »Das ist Gordon Bogdon, Les. Er ist von der
Staatsanwaltschaft.«
    Wetzon gab Bogdon die Hand, einem ordentlichen
Mann Anfang Dreißig. Sein feines helles Haar flog in dem scharfen Wind in alle
Richtungen.
    Sie überquerten die Straße und standen vor
Sardi’s. Silvestri sagte: »Medora Battles Rechtsanwältin hat für sechs Uhr eine
Pressekonferenz in Morts Büro angesetzt.«
    »Ihre Rechtsanwältin? Ach, dann wird sie
bekanntgeben, daß sie die Autorin von Tacoma Triptych ist, aber warum
tut sie das in Morts Büro?«
    »Es steckt mehr dahinter; sonst hätten sie nicht
mich gebeten zu kommen«, sagte Silvestri. »Und ich hätte Gordon nicht
mitgebracht.«
    »Vielleicht legt sie ein Geständnis ab. Ich darf
gar nicht daran denken: Wenn ich den Broadway-Bus genommen hätte, wäre ich nach
Hause gefahren und hätte alles verpaßt.«
    »Irgendwie«, sagte Silvestri, indem er die
Spitze überhörte, »irgendwie fällt es mir schwer, das zu glauben. Wir haben
absolut nichts gegen sie in der Hand. Das Blut stammte nicht von ihr. Wir haben
keine Briefe gefunden, die eine Verbindung zu Terri hersteilen. Wir haben
keinen Beweis, daß sie jemals diese Wohnung — oder dieses Gebäude — betreten
hat.«
    »Und Peter Koenigs Erinnerung reicht nicht aus?«
    »Reicht nicht aus.« Gordon Bogdon betonte jedes
Wort. »Kann nicht vor Gericht verwendet werden.«
    Sie hakte sich bei Silvestri unter. »Dann gehen
wir doch rauf und hören, was sie zu sagen hat.«
    Morts ganzes Vorzimmer war mit Klappstühlen
gefüllt. Die verrückte Empfangsdame, in Mantel und Hut, stellte mit mürrischer
Miene die Stühle in Reihen auf. Mehrere Leute, die Wetzon nicht kannte, waren
schon da, aber auch einige, die sie kannte. Pia Lindstrom von NBS; Alex Witchel
von der Times ; die Times war auch noch durch andere vertreten; Va-riety, die News und die Post waren da. Und es strömte noch. Kein Wunder.
In letzter Zeit hatte es nicht viele sensationelle Neuigkeiten im kulturellen
Bereich gegeben.
    Die Tür zu Nancys Büro ging auf, und Nancy
erschien. Sie kontrollierte die Aufstellung der Stühle, fegte alles auf dem
Empfangstisch in eine Schublade und stellte einen zweiten Stuhl hinter den
Schreibtisch. »Sie brauchen nicht hierzubleiben, Susan«, sagte sie zu der
Empfangsdame. Und Susan ging.
    Wetzon entschied sich für einen Platz in der
letzten Reihe, und Silvestri und Bogdon setzten sich vor sie.
    Um zehn nach sechs erschien Medora, flankiert
von ihrer Tochter April und einem nett aussehenden jungen Mann. Der Sohn,
dachte Wetzon. Ihnen folgte eine untersetzte Frau in einem roten Kostüm, deren
rundliche Wangen von einer krausen braunen Mähne umrahmt waren. Ihr Gesicht war
von mehr Jahren gezeichnet, als ihre Haarfarbe verriet. Eine große braune
Samtbaskenmütze — ihr Markenzeichen — saß auf dem Hinterkopf. Bella Weissberg.
Weissbergs Anwaltskanzlei betreute einen Großteil der Theatergemeinde, so
überraschte es nicht, daß sie auch Medora Battle vertrat.
    Bella Weissberg stellte sich neben Medora hinter
den Schreibtisch der Empfangsdame.
    »Ich möchte Ihnen danken, daß Sie den so
kurzfristig angesetzten Termin wahrnehmen konnten«, begann sie.
    »Ich bin Bella Weissberg, vertrete Medora Battle
und verwalte den Nachlaß von Roger Battle.
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