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Der Jadereiter

Der Jadereiter

Titel: Der Jadereiter
Autoren: John Burdett
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juristischen Werken an der einen Wand, ein Sofa, ein Couchtischchen, ein paar Stühle, eine amerikanische Flagge in einer Ecke. Dieses Büro habe ich bestimmt schon Hunderte von Malen im Film gesehen.
    »Jack?« höre ich eine Stimme hinter einer Tür rufen.
    »Ist dieser Detective hier?«
    »Ja, gerade gekommen.«
    Das Geräusch von Wasser in einem Waschbecken, dann öffnet sich die Tür. Der Mann, der das Zimmer betritt, ist älter als Jack, vielleicht Mitte Vierzig, hat graumelierte Haare, breite Schultern und kommt schweren Schrittes mit ausgestreckter Hand auf mich zu. »Gratuliere. Ich kenne niemanden, der es so schnell durch die Stadt hierher geschafft hätte. Tod Rosen. Wie haben Sie das gemacht?«
    »Bangkok-Helikopter«, sagt Jack Nape.
    »Was?« Rosen sieht Nape verständnislos an, der mit den Achseln zuckt.
    Schweigen. Zu spät wird mir klar, daß ich den beiden eine Erklärung schuldig bin. Jack Nape kommt mir zu Hilfe. »Könnte das ein Motorrad sein?«
    »Ja«, antworte ich.
    Ganz ist die Situation noch nicht gerettet. Nape wendet sich Rosen zu: »Diese Motorradtaxis sind die einzige Chance in dem Verkehr hier.«
    »Ach so.« Erst jetzt begreife ich, daß Rosen noch nicht lange in Krung Thep ist. »Hauptsache, es funktioniert. Tolle Stadt, lausiger Verkehr.«
    Wieder verpasse ich meinen Einsatz. Normalerweise stelle ich mich nicht so ungeschickt an. Mein Problem ist, daß ich plötzlich im Gesicht eines jeden Mannes eine Kobra entdecke, die sich in das linke Auge verbeißt. Im Spiegel würde ich bestimmt das gleiche sehen. Dieses Bild versaut mir meine Umgangsformen.
    »Setzen wir uns doch, ja? Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?« Ich verneine. Ich werde nie wieder etwas essen oder trinken. »Wir möchten Ihnen sagen, wie sehr wir Ihre Anwesenheit in einer Situation wie dieser schätzen«, sagt Rosen.
    »Stimmt«, pflichtet Nape ihm bei. »Ich weiß nicht, wie ich mich fühlen würde, wenn mein Partner gerade getötet worden wäre.«
    »Ziemlich mies.«
    »Tja, wahrscheinlich.« Nape schüttelt verwirrt den Kopf. Ich lasse den Blick zwischen den beiden hin und her wandern.
    »Wir fühlen uns auch nicht gerade gut.«
    »Stimmt.«
    »Ich habe Sergeant Bradley nicht persönlich gekannt, aber soweit ich weiß, war er ein guter Mann.«
    »Ein guter Mann, ein guter Sportler und ein großartiger Marine.«
    »Er hat auf der ganzen Welt gedient, hauptsächlich im Sicherheitsdienst der Botschaften.«
    »Wir haben seine Freunde noch nicht informiert. Einige von den Marines werden ziemlich erschüttert sein, wenn sie es erfahren.«
    »Stimmt.«
    Die beiden sehen mich einen Moment lang an, dann sagt Rosen: »Verdammte Budgetkürzungen.« Er wendet sich Nape zu.
    »Ja.« Nape schüttelt den Kopf.
    »Wenn das in den Siebzigern passiert wäre, hätten sie schon einen Charterjumbo aus Washington mit zehn FBI-Ermittlern und einem mobilen forensischen Labor geschickt.«
    »Und wenn’s in den Achtzigern passiert wäre, hätten wir immerhin noch fünf Beamte mit ’nem Linienflug gekriegt.«
    »Stimmt. Aber was kriegen wir heute?«
    Nape sieht mich an. »Seit wir von der Sache wissen, hängt Tod am Telefon und brüllt die Leute in Washington an.«
    »Viel hat’s bis jetzt nicht gebracht.«
    »Wie sieht’s im Moment aus, Tod? Wie viele Leute schicken sie uns, um den gewaltsamen Tod eines langgedienten, zuverlässigen Militärangehörigen aufzuklären?«
    Rosen hält einen Zeigefinger hoch und verzieht gequält das Gesicht. »Einen? Das ist doch nicht zu fassen.«
    »Wenn’s irgendwas mit Terrorismus zu tun hätte, wär’s natürlich was anderes.«
    Plötzlich sehen mich die beiden voller Neugierde an. Ich finde es bewundernswert, wie schnell sie zur Sache gekommen sind. Wer behauptet da noch, Amerikaner wären nicht subtil?
    »Verstehe.«
    Merkwürdigerweise überrascht diese Feststellung sie.
    »Tatsächlich?«
    »Wenn’s nicht Terrorismus ist, muß es das andere sein, oder?«
    Nape seufzt erleichtert, während Rosen unverwandt den Boden anschaut. Als er den Blick wieder hebt, wirkt sein Lächeln so falsch, daß es mich fast verletzt. »Das andere?«
    Nape und ich sehen einander an. Rosen ist wirklich noch neu im Geschäft, und Nape würde sich am liebsten entschuldigen, aber er findet keine Gelegenheit dazu. Rosen erwartet von mir eine Antwort auf seine Frage. Offenbar ist es jetzt aus mit der Subtilität. Ich warte Napes Nicken ab, bevor ich weiterrede.
    »Bradley war Mitte Vierzig«, beginne
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