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Der Jadereiter

Der Jadereiter

Titel: Der Jadereiter
Autoren: John Burdett
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Lächeln. »Wie wär’s mit einer Wette, meine Herren? Eintausend Baht darauf, daß ich das Datum der Zeitung vor Ihnen herausfinde.«
    Nape schüttelt grinsend den Kopf. »Keine Chance. Ich weiß, daß Sie gewinnen.«
    Rosen sieht ihn an, als hätte er Hochverrat begangen.
    »Unsinn. Ich sage den Leuten, es ist dringend. Bis fünf heute nachmittag hiesiger Zeit haben wir eine Antwort.«
    Immerhin habe ich einen Weg gefunden, das Gespräch einigermaßen elegant zu beenden. Nape begleitet mich zum Botschaftseingang und sicher zurück auf thailändischen Boden. Das breite Lächeln ist aus seinem Gesicht verschwunden. In der schwülen Hitze wirkt er älter, nicht mehr so lauter. Als wir uns zu beiden Seiten des Drehkreuzes gegenüberstehen, leckt er sich die Lippen und sagt:
    »Sie machen sie kalt, stimmt’s?« Ich starre ihn einen Moment lang an, dann drehe ich mich weg, um nach einem Motorradtaxi Ausschau zu halten. Es ist zwei Minuten vor drei.
     
    Monsieur Truffaut konnte ich am besten leiden. Wegen seines Alters konnten wir ihn nicht lieben, aber im nachhinein ist mir klargeworden, daß er der einzige war, der mir mehr gegeben als genommen hat. Er hat mir Paris geschenkt und ein bißchen Französisch.

8
    Ich sage dem Jungen auf dem Motorrad, daß er mich zur Nana Entertainment Plaza fahren soll, das ist nicht weit. Wir kommen um elf nach drei dort an; die Plaza befindet sich noch im Tiefschlaf.
    Pichai hat mich immer ausgelacht, weil ich es nicht ertrug, bei der Sitte zu arbeiten. Wahrscheinlich machte ihm seine persönliche Geschichte nicht so sehr zu schaffen wie mir die meine. Doch jetzt, da der Hof fast leer ist und die Bars, Stundenhotels und Bordelle auf den drei Ebenen in der Nachmittagshitze dösen, weiß ich das Gefühl der Vertrautheit zu würdigen, das mich hier überkommt. Vielleicht mag ich das Milieu nicht, wie jemand die Straße nicht leiden kann, in der er aufgewachsen ist, aber meine Vertrautheit damit läßt sich nicht leugnen. Möglicherweise ist an einem schwarzen Tag wie dem heutigen dieser Ort der einzige, der Erleichterung bringt.
    In den Bars im Erdgeschoß unterhalten sich bereits ein paar Mädchen über die vorangegangene Nacht, über die Männer, die die Auslösesumme für sie ans Lokal zahlten und sie dann mit aufs Zimmer nahmen, oder beklagen sich über diejenigen, die nur flirteten und grabschten und wieder verschwanden, ohne ihnen einen Drink auszugeben. Ich weiß, wie gern sie über die farangs klatschen, deren Vorlieben sich bisweilen so sehr von den unseren unterscheiden: Große Machos, die an Zehen nuckeln oder sich auspeitschen lassen wollen. Männer, die weinen und von ihren Frauen erzählen. Männer, die voll bekleidet wie der Inbegriff der westlichen Elite aussehen, aber beim Anblick eines nackten braunen Mädchens auf einem Hotelbett unerklärlicherweise in sich zusammenfallen. Ich kenne alle Geschichten, jedes Detail, jeden Trick des Gewerbes, dessen Kunde ich selbst nie gewesen bin, nicht einmal in Pichais Bordellphase. Ich beobachte die Mädchen, die gerade zur Arbeit kommen, ehrfürchtig vor dem mit Tagetes und Orchideen geschmückten Buddhaschrein in der nördlichen Ecke des Hofs die Hände im Gebet zur Stirn heben, und muß dabei an meine Mutter denken. Ich gehe die Treppe zur zweiten Ebene hinauf.
    Ich will in eine der größeren Bars, die bereits ihre Pforten geöffnet hat, das Hollywood 2. Eine der Doppeltüren wird durch einen Abfalleimer aufgehalten; drinnen wischen Frauen in Arbeitskitteln bei gleißend hellem Licht Tische und Böden. Der Kiefernnadelgeruch von Reinigungsmitteln vermischt sich mit dem von abgestandenem Bier, Zigaretten und billigem Parfüm. Auf einer großen Drehscheibe mit zwei Ebenen befinden sich Edelstahlstangen, um die die Mädchen während der Show kreisen. Ich weiß, daß die Frau, die das Bier hinter einer der Theken auffüllt, die Mamasan der Mädchen ist. Sie gibt ihnen Ratschläge zu allen Aspekten des Gewerbes, auch den intimsten, hört sich ihre Probleme an, hilft ihnen, wenn sie schwanger werden oder sich umbringen wollen. Sie sagt den Mädchen, daß sie aufstehen und gehen sollen, wenn der Kunde nicht bereit ist, ein Kondom zu benutzen, und daß sie das Recht haben, einen Aufpreis zu verlangen, wenn er ungewöhnliche Dienste fordert, oder sich ihm zu verweigern (die Italiener, Franzosen und Amerikaner sind besonders berüchtigt wegen ihrer Vorliebe für Sodomie). Eine gute Mamasan sorgt vor für die Zeit, wenn die Mädchen sich
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