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Der Jadereiter

Der Jadereiter

Titel: Der Jadereiter
Autoren: John Burdett
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ich.
    »Siebenundvierzig«, bestätigt Nape. Er scheint zu hoffen, daß Rosen diese Erklärung genügt, doch der starrt mich immer noch an.
    »Also kurz vor dem Ruhestand?«
    »Er hatte ziemlich genau noch ein Jahr vor sich.«
    »Vermutlich war er schon eine ganze Weile hier?«
    »Fünf Jahre. Viel länger als üblich, aber er paßte hierher.«
    »Er mochte die Stadt?«
    »Er lebte sehr zurückgezogen, aber ja, soweit wir wissen, mochte er sie.«
    »Er genoß einen gehobenen Lebensstil und wollte nach dem Ausscheiden aus dem Dienst hierbleiben?« Ich hebe den Blick.
    Endlich scheint Rosen zu begreifen. Er nickt. »Ich glaube, wir denken ähnlich, Detective. Ich wollte nur sichergehen. Sie meinen also, daß er seine Lieferanten gelinkt hat, stimmt’s?«
    »Das wäre meine erste Vermutung.«
    »Haben Sie schon mal gehört, daß die so was mit Schlangen erledigen?«
    »Nein, noch nie. Aber es ist nichts Ungewöhnliches, wenn der Geschädigte dem Schädiger einen Denkzettel verpaßt. Pour décourager les autres. «Das sollte nicht prätentiös klingen. Der französische Satz fiel mir nur als erster ein, wie so oft. Ich bin erleichtert, als ich Rosens Lächeln sehe.
    »Gute Aussprache. Ich war selber eine Weile in Paris. ›Um die anderen abzuschrecken.‹ Ja, so sieht’s wohl aus, was?« Er schüttelt den Kopf. »Aber was für eine Scheißmethode zu sterben.« Er mustert mich fragend: Wer ist dieser Mischlingscop aus der Dritten Welt, der Englisch und Französisch spricht? Offenbar hat Nape die Antwort erraten. Er kennt Krung Thep. In seinem Gesicht ist jetzt ein Hauch angelsächsischer Verachtung zu lesen für den Sohn einer Nutte.
    Unvermittelt erhebt sich Rosen. »Offen gestanden, weiß ich nicht, wie ernst Washington die Sache nimmt. Sie schicken uns eine Agentin, aber vielleicht nur, um den Schein zu wahren. Wie soll ein Special Agent ohne Kenntnis der Sprache und der Stadt in einer solchen Angelegenheit ermitteln?« Halb zu sich selbst fährt er fort: »Vielleicht hat sie sich’s mit dem FBI verscherzt, und sie möchten sie aus dem Weg haben. Sie wollte ich im Zuge des Informationsaustauschs noch fragen, wie das Ihrer Meinung nach zu Ihrer Hypothese paßt. Wir haben etwas in seinem Spind gefunden.«
    Er geht zu seinem Schreibtisch, schließt die Schublade auf und kehrt mit einem zusammengeknüllten Stück Zeitung zurück. Als er es entfaltet, sehe ich, daß es sich weder um ein thailändisches noch um ein englischsprachiges Blatt handelt. In das Papier eingewickelt ist ein circa fünfzehn Zentimeter langer braunschwarzer Stein, der etwa die Form einer Pyramide hat. Ich betrachte ihn und drehe ihn dann mitsamt der Zeitung um. Der Stein ist zum größten Teil schmutzverschmiert – Flechten und Dschungelschlamm –, aber an der Unterseite entdecke ich Kratzspuren, darunter etwas Grünes.
    »Jade. Die Kratzspuren stammen von potentiellen Käufern, die die Härte prüfen wollten.« Ich betrachte die Zeitung genauer. »Laotische Schrift, dem Thai sehr ähnlich, aber nicht identisch.«
    »Können Sie das Datum lesen?«
    »Nein.«
    »Gut, dann scannen wir das Ding ein und schicken es per E-Mail nach Quantico. Die Antwort müßte in ein paar Tagen dasein.«
    »Könnte ich auch eine Kopie haben?«
    Nape entfernt sich, um die Zeitung zu kopieren. Rosen und ich sehen einander an. Ich frage: »Hatte Bradley eine Wohnung in der Stadt?«
    Rosen reibt die Rückseite seines Ohrs mit dem Daumen.
    »Militärangehörige, die länger hier sind, mieten im allgemeinen eine Privatwohnung an, obwohl sie offiziell in der Botschaft leben. Sie müssen uns nur sagen, wo sie sich befindet. Bradley hat eine Adresse in der Soi 21 an der Sukhumvit Road angegeben, aber als wir vor ein paar Stunden dort waren, mußten wir feststellen, daß er seit vier Jahren nicht mehr dagewesen ist.« Ich sage nichts dazu. »Tja, das heißt also, daß wir nicht wußten, wo er wohnte.« Ich nicke; Rosen betrachtet den Football auf dem Aktenschrank.
    »Falls Washington andeutet, daß wir nicht allzu intensiv ermitteln sollen …«
    Ich zucke mit den Achseln. »Detective Pichai Apiradee war mein Bruder, mein Partner.« Offenbar reicht diese Auskunft Rosen nicht als Antwort. Ich versuche es noch einmal. »Ich werde die Verantwortlichen töten. Es wird keine Verhandlung geben.«
    Zum Glück kehrt in diesem Augenblick Nape mit den Fotokopien zurück. Er reicht eine mir, die andere Rosen, der mich mit offenem Mund anstarrt. Ich erhebe mich und zwinge mich zu einem
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