Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Highlander und der wilde Engel

Titel: Der Highlander und der wilde Engel
Autoren: Lynsay Sands
Vom Netzwerk:
weitersprach.
    „Ich fürchte, er betrachtet mich einfach nur mit den Augen eines Vaters und nimmt dabei nicht wahr, wie farblos und unansehnlich ich bin. Vermutlich sehen alle Väter in ihren Töchtern liebreizende Wesen. Was natürlich wunderbar und richtig ist, aber manchmal wünschte ich doch, er würde erkennen, wie ich wirklich bin. Vielleicht würde er sich die Zurückweisung der Heiratskandidaten dann nicht so zu Herzen nehmen. Ich hasse es, ihn zu enttäuschen.“
    Kade kniff die Augen zu in der Hoffnung, seiner Sehkraft dadurch auf die Sprünge zu helfen. Es tat so gut, sie geschlossen zu halten, dass er kaum die Neigung dazu verspürte, sie wieder zu öffnen. Und sich zwingen, sie aufzuschlagen, mochte er erst recht nicht. Stattdessen lag er nur still da und hörte dem Geplauder zu, das ihn einhüllte und wie wohltuender Balsam wirkte.
    „Eigentlich hatte ich gehofft, dass Vater von seiner Absicht, mir einen Gemahl zu suchen, durch Euch und meinen Bruder abgelenkt würde. Ich bin es satt, immerzu irgendwelchen Lords vorgeführt zu werden wie eine Zuchtstute, allein deshalb, da sie ja doch alle etwas an mir auszusetzen haben. Es ist auch gar nicht einmal die Ablehnung selbst, die mir nahegeht, aber einige Herren sind nicht eben zimperlich, wie sie diese Vorbringen. Sie geben sich kaum Mühe, zu verbergen, wie sehr ich sie anwidere. Montfault erdreistete sich gar, mir ins Gesicht zu sagen, dass er niemals eine Teufelsbrut wie mich heiraten werde.“
    Sie seufzte leise. „Doch genug davon“, murmelte sie. „Es ist wahrlich kein schöner Gesprächsstoff.“ Ein Augenblick des Schweigens verstrich, ehe sie bekümmert fortfuhr: „Allerdings weiß ich nicht recht, was ich Euch sonst noch berichten soll. Ich habe Euch sämtliche Geschichten erzählt, die ich kenne, und die kleinen Alltagsbegebenheiten hier auf Mortagne sind kaum der Rede wert. Ich fürchte, mein Leben war im Gegensatz zu den Abenteuern, die Ihr und Will gemeinsam erlebt habt, recht bieder und eintönig. Gewiss langweilt Euch alles, was ich sage, schier zu Tode.“ Ah, dachte Kade, er war also auf Wills Burg in Nordengland. Nun, wenigstens diese Frage war geklärt. Und die Frau hatte ihrer Hoffnung Ausdruck verliehen, ihr Vater möge durch ihn, Kade, und ihren Bruder von seinen Absichten, sie zu verheiraten, abgebracht werden. Das hieß, dass sie Wills Schwester Averill sein musste. In den letzten Jahren hatte Will oft von ihr gesprochen, und seine Erzählungen hatten Kade stets zum Lächeln gebracht und neugierig auf das Mädchen gemacht.
    Nun war er umso gespannter. Nie hatte Will etwas erwähnt, das hätte erklären können, weshalb Männer das Angebot einer Eheschließung mit ihr ablehnen mochten. Und was hatte dieser Unfug zu bedeuten, sie sei eine Teufelsbrut? Soweit er wusste, war Wills Vater, Lord Mortagne, ein hoch angesehener und beliebter Herr. Kade verspürte den brennenden Wunsch, zu erfahren, wie die Frau aussah und warum sie all die Zurückweisungen erdulden musste, von denen sie gesprochen hatte.
    Doch es schien, als würde er sich in Geduld fassen müssen, denn als er die Lider aufschlug, um sie anzuschauen, stellte er fest, dass sein Augenlicht noch immer getrübt war. Alles, was er ausmachen konnte, war eine schemenhafte Gestalt, die neben dem Bett saß und sich über etwas in ihrem Schoß beugte. Sie wirkte zierlich und trug dunkle Kleidung, und ihr Haar sprühte im Feuerschein gleißende rotgoldene Funken.
    Verzweiflung übermannte Kade. Er blinzelte mehrmals, was jedoch nichts half, sodass er die Augen wieder schloss. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich seiner Situation zu fügen.
    „Oh, ich weiß! “, rief sie auf einmal. Wenn er nun die Augen aufschlüge - und sie ihm zu Diensten wären -, würde er gewiss sehen, dass sie den Kopf gehoben hatte und ihn anblickte. Das jedenfalls vermutete er. „Ich werde Euch berichten, was für ein ungezogenes Kind ich einst war.“
    Kade hörte den spöttischen Unterton in ihrer Stimme. Er wollte erneut einen Versuch unternehmen, die Augen zu öffnen und ihr Gesicht zu mustern, doch das erschien ihm mit einem Mal wie eine unüberwindliche Hürde. Es war einfach zu anstrengend, und er ließ es sein. Während er darauf wartete, dass sie weitersprach, überlegte er, welche Geschichte es wohl sein mochte. Er war sicher, dass Will ihm während ihrer Gefangenschaft alles über sie erzählt hatte, was es zu erzählen gab. Es war ihr einziger Zeitvertreib gewesen, wenn sie des Abends
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher