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Der Highlander und der wilde Engel

Titel: Der Highlander und der wilde Engel
Autoren: Lynsay Sands
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verschwommenen Ganzen, umkränzt von rotgolden schimmerndem Haar, das wie Feuer loderte. „Ich habe einer Magd aufgetragen, Will die Neuigkeit zu überbringen und etwas zu trinken zu holen. Sie sollte bald da sein. Machen Eure Augen Euch zu schaffen, Mylord?“ Kaum war ihr die Frage über die Lippen, als sie hastig hinzufügte: „Sagt nichts, sicherlich schmerzt es Euch zu sprechen. Eure Kehle muss wie ausgedörrt sein. Das wird sich gleich ändern, wenn Ihr ein wenig getrunken habt. Bis dahin nickt einfach oder schüttelt mit dem Kopf.“
    Kade verzog das Gesicht. Sie hatte recht. Ja, es tat weh, wenn er zu reden versuchte, und auch er war sicher, dass sich dies durch ein paar Schlucke bessern würde. Was ihm allerdings weit mehr zusetzte, war die Frage, wie er an diesen Ort gelangt war und was mit seinen Augen nicht stimmte. Doch er nickte nur, um ihr zu verstehen zu geben, dass er in der Tat Schwierigkeiten mit dem Sehen hatte.
    „Oh.“ Sie beugte sich leicht vor, und ein berauschender Duft nach Blumen und Gewürzen kitzelte ihn in der Nase, ehe sie sich auch schon wieder aufrichtete und eine Spur ärgerlich murmelte: „Will hat gar keine Verletzung erwähnt, die Eure Augen in Mitleidenschaft gezogen haben könnte. Womöglich hat dies etwas mit der Kopfwunde zu tun ...“
    Sie stockte und wandte sich halb um, als die Tür sich noch einmal öffnete. Auch Kade sah zum Eingang und machte eine sehr viel größere Gestalt als Averill in dunklem Beinkleid und heller Tunika aus. Polternde, stiefelbewehrte Schritte kamen über die Holzdielen näher.
    „Will?“ Die Frage war heraus, ehe Kade sie zurückhalten konnte, und er schnitt eine Grimasse angesichts des traurigen Krächzens und des heftigen Schmerzes, den es in seiner Kehle hinterließ.
    „Aus irgendeinem Grunde kann er nicht sehen“, erklärte Averill, als der Neuankömmling sich ihr zuwandte. „Es könnte an der Kopfwunde liegen. Vielleicht sind seine Augen aber auch einfach so ausgetrocknet wie seine Kehle und müssen sich erst wieder erholen. Immerhin haben wir in den vergangenen zwei Wochen nicht gerade viel Nahrung und Flüssigkeit in ihn hineinbekommen. “
    „Aye“, stimmte Will zu.
    Averill ging währenddessen zur Tür. „Ich werde sehen, wo das Mädchen bleibt, das ich geschickt habe, etwas zu trinken zu holen. Sie soll auch gleich noch etwas Brühe bringen“, sagte sie und verließ die Kammer.
    Will trat näher ans Bett. Kade sah ihn hoch über sich aufragen. Einen Moment lang schwiegen sie sich an. „Du siehst übel aus, mein Freund“, sagte Will schließlich.
    Als er die Worte nur mit einem missmutigen Grunzen bedachte, lachte Will, umrundete die Liegestatt und ließ sich auf dem Platz nieder, den Averill vorhin eingenommen hatte. „Doch ich muss sagen, ganz gleich wie du aussiehst, bin ich froh, dass du die Augen überhaupt wieder aufgeschlagen hast. Ich hatte schon befürchtet, dies nicht mehr zu erleben.“
    „Was ...?“, setzte Kade an, brach jedoch ab, als Will seinen Arm ergriff.
    „Schone deine Stimme, ich werde dir berichten, was sich ereignet hat, während du nicht bei Sinnen warst. Du kannst deine Fragen stellen, nachdem du etwas getrunken hast.“
    Als Kade sich wieder entspannte, fragte Will: „Erinnerst du dich noch an unsere Schiffsreise?“
    Stirnrunzelnd kramte Kade in seinem Gedächtnis nach.
    Will musste es bemerkt haben, denn in seiner Stimme lag Besorgnis, als er fragte: „Du entsinnst dich doch, dass wir von Baibars’ Männern gefasst wurden und knapp fünf Jahre in Gefangenschaft verbracht haben?“
    Kade nickte. Es war keine Zeit, die er so schnell vergessen würde. Nahezu fünf Jahre seines Lebens hatte er in diesem Kerker vertan. Genau gesagt waren es eintausendsiebenhundertzweiundsiebzig Tage in der Hölle gewesen. Das wusste er so exakt, weil er sie des Nachts in der dunklen Zelle gezählt hatte, während er sich mit seinen Mitgefangenen unterhielt: seinem Cousin Ian und seinem Kameraden Will Mortagne. Zwar war Letzterer ein Engländer, den Kade vor ihrer Gefangennahme kaum gekannt hatte, doch gehörte er längst zu seinen engsten und getreuesten Freunden. Ihre Freundschaft war das einzig Gute, das dieses Erlebnis hervorgebracht hatte.
    „Und unsere Flucht?“, fragte Will. „Erinnerst du dich daran?“
    Wieder nickte er. Fast fünf Jahre der Schinderei waren es gewesen, in denen ihm der Schweiß in Strömen über den Leib geflossen war und in den offenen Striemen auf seinem Rücken gebrannt hatte,
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