Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Highlander und der wilde Engel

Titel: Der Highlander und der wilde Engel
Autoren: Lynsay Sands
Vom Netzwerk:
zu gelangen. Der Tunnelzugang ist mit einer großen Steinplatte verschlossen, die an Gewichten hängt. Ein Erwachsener kann sie mühelos bedienen, aber ich war mit meinen fünf Jahren alles andere als stark. Mit einiger Anstrengung habe ich es schließlich aber geschafft. Die Zugluft löschte meine Kerze, doch da der Tunnel in eine Höhle mündete, in die genügend Sonnenlicht fiel, fand ich den Weg nach draußen auch so. Ich ließ die Kerze zurück und zog meine Decke hinter mir her ins Freie.
    Ich weiß noch, dass mir die Augen nach der langen Zeit in den Gängen angesichts der plötzlichen Helligkeit schmerzten, und all die Strapazen hatten mich erschöpft. Daher kam ich nicht weit, sondern ließ mich bald schon unter einem angenehm schattigen Baum nieder, um die erbeuteten Speisen zu vertilgen. Danach wollte ich meine Reise fortsetzen, doch es war Nachmittag, und zu dieser Zeit hielt ich für gewöhnlich ein Nickerchen. Zudem hatten mich Aufregung und Essen schläfrig gemacht. Also befreite ich die Decke vom gröbsten Schmutz und den Spinnweben, die durch das abenteuerliche Unterfangen an ihr haften geblieben waren, rollte mich unter dem Baum zusammen und schlief ein. So fanden sie mich schließlich.
    Später erfuhr ich, dass es für einigen Wirbel gesorgt hat, als man feststellte, dass ich verschwunden war. Die Bediensteten durchstöberten jeden Winkel der Burg nach mir, und als sie mich nirgends fanden, schickte man auch die Krieger auf die Suche. Sie durchkämmten erst den Burghof und danach das Gelände jenseits der Mauern-, Schließlich war es mein Vater, der mich unter dem Baum entdeckte. Ich schlief tief und fest unter dem verunreinigten Lumpen, der von meiner Decke noch übrig war, hatte Spinnweben im Haar, und mein Gesicht war so dreckverschmiert, dass er schwört, er habe mich zunächst für ein Bauernmädchen gehalten, anstatt für die kleine Dame, die ich doch eigentlich sein sollte.“ Es klang liebevoll, als sie mit diesen Worten ihren Bericht beendete.
    Kade konnte nicht widerstehen. Abermals schlug er die Augen auf und blinzelte in dem Bemühen, das Mädchen besser erkennen zu können. „Hat es Euch sehr verstimmt, ertappt und zurückgebracht zu werden?“, fragte er.
    „Nein, ich meine mich zu erinnern, dass ich eher erleichtert war“, gestand sie und lachte über sich selbst. „Es hatte zu regnen begonnen, wisst Ihr, und mir wurde allmählich kalt. Als ich aufwachte, bibberte ich bereits unter der dünnen Decke. Ich wollte nichts lieber als zur Burg zurück und ...“ Sie verstummte abrupt. Ihr Kopf ruckte hoch, so viel sah er, und bestimmt brannte ihr Blick auf ihm. Ihre verschwommene Gestalt wurde lang und hoch, als sie mit einem Keuchen hochfuhr. „Ihr seid wach?“
    Kade erwiderte darauf nichts. Schon die eine Frage, die er gestellt hatte, war ihm nur unter Qualen über die Lippen gekommen, und ohnehin schien sie keine Antwort auf ihre Feststellung zu erwarten.
    Averill trat näher ans Bett, doch noch immer erkannte er sie nur undeutlich. „Möchtet Ihr etwas trinken? Oder ... Oh, ich muss Will Bescheid sagen! Er hat so oft an Eurer Seite gesessen und bestand darauf, dass ich ihn rufe, sobald Ihr Euch rührt. Nur einen Augenblick, ich werde Euch etwas zu trinken holen und jemanden nach Will schicken.“
    Er hob den Kopf und schaute den vagen Umrissen der Frau nach, deren dunkles Gewand mit den Schatten der Kammer verschmolz. Er verfluchte seine Augen, die ihm nutzlos vorkamen. Das Geräusch der sich öffnenden und schließenden Tür und das Getrappel ihrer sich entfernenden Schritte sagten ihm, dass sie fort war.
    Er verzog das Gesicht, ließ sich zurücksinken und schloss die Lider, wobei er sich fragte, warum seine Sehkraft ihm so übel mitspielte. Sie hatte ihn nie zuvor im Stich gelassen. Und warum nur entsann er sich nicht, wie er hierhergekommen war? Was hatte sie gemeint, als sie sagte, Will habe oft an seiner Seite gesessen? Was ...?
    Erneut hörte er, wie die Tür aufschwang, und der Laut brachte den Sturzbach an Fragen in seinem Kopf ins Stocken. Angestrengt starrte er in Richtung Eingang. Will konnte nicht weit sein, vermutlich unten in der großen Halle, bedachte man die fortgeschrittene Stunde, auf welche die in Dunkelheit getauchte Kammer hinwies. Er blinzelte in dem fruchtlosen Bemühen, besser sehen zu können. „Will?“, fragte er.
    „Nein, ich bin es, Averill.“ Sie klang verwundert, schloss die Tür und eilte zu ihm. Ihr dunkler Schemen löste sich aus dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher