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Magier des dunklen Pfades 1 - Die Suche (German Edition)

Magier des dunklen Pfades 1 - Die Suche (German Edition)

Titel: Magier des dunklen Pfades 1 - Die Suche (German Edition)
Autoren: Peter Hohmann
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Kapitel 1

    Und schließlich gibt es das älteste und tiefste Verlangen, die große Flucht dem Tod zu entrinnen.

    J.R.R. Tolkien

    Die Vergangenheit hat keine scharfen Klingen , die sofort töten, dachte Gerom trübselig. Sie sind rostig und vergiftet, sodass die Wunden, die sie reißt, nie heilen. Sie bleiben offen. Manchmal merkt man sie kaum, nur um jäh zusammenzuzucken, wenn der Eiter alter Taten und Erinnerungen aus ihnen quillt.
    Er stützte die Hände auf den Schanktisch und seufzte. Das Stimmengewirr in der Taverne brummte ihm in den Ohren, zu laut, zu unangenehm; im überschwänglichen Zuprosten zusammenknallende Krüge, Rufe nach mehr Bier, Rufe der Freude und Verärgerung, wenn die Karten dem einen Glück bescherten und es dem anderen nahmen.
    Sein Blick wanderte über die Gesichter der Anwesenden. Alles Menschen, die er kannte. Die Kälte draußen führte sie hierher, wo sie sich mit Bier und Gelächter wärmten und die Sorgen eines harten Lebens vor der Tür ließen. Doch egal wie lange sie hier hockten, egal ob sie Nordenvaards Perle aufrecht verließen oder von ihren Freunden getragen – ihre Sorgen waren geduldig, und ein jeder von ihnen hatte seine eigene Vergangenheit, seine eigenen rostigen, verseuchten Klingen.
    Gerom seufzte abermals, sein Kopf neigte sich, er starrte nun auf seine Hände. Sie waren breit, die Finger dick und kräftig. Adern verliefen auf dem Handrücken, zwischen ihnen kleine Narben. Er war ein guter Handwerker, reparierte und besserte aus, trug Säcke, Kisten und Fässer; am liebsten hackte er Holz. Er genoss die monotone und auf ihre Art doch kunstvolle Bewegung. Das Axtblatt grub sich mit genau dosierter Kraft knackend durch das Holz. Nie fuhr es in den Block und verkeilte sich dort.
    Die Axt, die liebte er.
    Den Griff des Dolches jedoch, der einmal im Jahr so rau und schwer wog, den ertrug er nur im Rausch der Kräuter und des Weins.
    Gerom sah zu seinem Freund Toste, der mit seinen beiden Söhnen Ugdar und Rul sowie zwei weiteren Männern an einem Ecktisch saß und Karten spielte.
    Als spüre er Geroms Blick, hob Toste die Augen. Ein kurzes Nicken und Lächeln, dann konzentrierte er sich wieder auf das Spiel.
    „Vater, was ist?“
    Seine Tochter Laris trat an ihn heran. Sie legte den Kopf schief, als sie ihn musterte, wodurch ihre schwarzen Ringellocken sacht vor- und zurückwippten.
    Das Haar ihres Vaters, dachte Gerom und sah sie an. Und die blauen Augen ihrer Mutter. Kein Wunder, dass ihr die meisten Burschen in Eisbach nachsteigen, dieser Gelehrte mit eingeschlossen! Dann lieber einer aus dem Dorf als ein Fremder, der so unausstehlich gestelzt redet, dass einem schlecht wird!
    Gerom schob den Gedanken an den sonderbaren Kauz beiseite, der seit Sommer ein Zimmer in seiner Herberge bewohnte, und richtete sich auf.
    „Zeit für meine Pfeife“, brummte er, streichelte Laris über die Schulter und ging aus dem Schankraum an der Küche vorbei zur Hintertür. Er warf seinen schweren Mantel über, griff in die Tasche, zog Pfeife und Tabakdose heraus und stopfte sie. Mit der Kerze, die eigens für diesen Zweck neben der Tür brannte, entzündete er sie und betrat den Hinterhof. Seine Stiefel knirschten im Schnee, als er an den Stallungen vorbeischritt. Links führte ein festgetrampelter Pfad zur Herberge, in der nur noch ein einziges Licht brannte: Der dicke Gelehrte ging selten vor Mitternacht zu Bett.
    Gerom hielt sich rechts, folgte der Linie seiner alten Fußspuren zu der Kuppe mit dem knorrigen Baum, bei dem er spätabends zu stehen pflegte.
    Genüsslich sog er an der Pfeife, und die angenehm würzige Rauchnote umschmeichelte seine Nase.
    Seufzend schloss er die Augen, lauschte. Sein eigener Atem, das kaum hörbare Knistern brennenden Pfeifentabaks - und wenn man für einen Moment die Luft anhielt, die Geräusche der Taverne: Stimmen, Gelächter, das Schlagen der Eingangstür. Aber jetzt war alles gedämpft, alles ganz leise. Der Schnee schluckte die Geräusche. Das war gut.
    Er öffnete die Augen, legte den Kopf in den Nacken. Keine einzige Wolke, nur die Sterne, die wie eingenähte Diamantsplitter am blauschwarzen Himmelstuch hingen, und der Mond, der die Landschaft ringsum mit silberner Helligkeit puderte. Die Nacht war rein und kalt wie Glas, und er spürte, wie die Kälte bereits durch seinen Umhang sickerte, an seinen Ohren nagte, an den Lippen, an der Nase. Nur mit seinem dichten Bart tat sie sich schwer.
    Wieder zog er an der Pfeife.
    Bis er fror, würde es
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