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Der Highlander und der wilde Engel

Titel: Der Highlander und der wilde Engel
Autoren: Lynsay Sands
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fertig mit ihnen, und als der Kapitän den Hafen anzulaufen versuchte, wurde der Segler von einer erneuten Riesenwelle erfasst und gegen die Felsen geschleudert.
    Kade erinnerte sich noch vage an die Schreie der Männer und das verängstigte Wiehern der Pferde, ehe ihm ein greller Blitz des Schmerzes durch den Schädel gefahren war.
    „Die Männer? Was ist...?“, fragte er und tat seiner Kehle damit große Qualen an.
    „Nicht sprechen“, ermahnte Will ihn vorwurfsvoll. Er seufzte. „Wir haben Gordon und Parlan verloren, als das Schiff sank.“
    Kade schloss die Augen. Diese Nachricht traf ihn hart. Parlan und Gordon - zwei weitere Männer, die sie der Zahl hinzufügen konnten, die dem Wahn des Kampfes um das Heilige Land zum Opfer gefallen waren. Von den dreißig Mannen, die mit ihm in Gefangenschaft geraten waren, hatten somit nur Domnall, Ian und Angus überlebt. Und Will natürlich, räumte er ein. Im Frühjahr 1268 waren Baibars und seine Heidenkrieger gegen Jaffa gezogen und hatten die Stadt, die Richard Löwenherz einst Saladin entrissen hatte, nach einer blutigen Schlacht unter mamelukische Herrschaft gebracht. Die meisten Christen waren von den Heiden einfach niedergemacht worden, und nur wenige, wie Kade und seine Kameraden, wurden versklavt. Das hatte sie fünf Jahre ihres Lebens gekostet, und obgleich er um all seine Freunde trauerte, empfand er auch Dankbarkeit, wenn er an sein eigenes Los dachte. Ihre Freundschaft hatte ihm während all der Prüfungen geholfen, bei Verstand zu bleiben.
    „Aber Ian, Angus und Domnall haben es an die Küste geschafft“, fuhr Will mit fester Stimme fort. „Und als ich dich mit dem Gesicht nach unten im Wasser treibend fand, habe ich auch dich an den Strand ziehen können. Den Pferden ist es besser ergangen“, fügte er trocken hinzu. „Wir haben nur eines verloren. Die anderen konnten wir zusammentreiben, nachdem sie an Land geschwommen waren. “
    Kade schnaubte. Lieber hätte er sämtliche Gäule eingebüßt als auch nur einen Mann.
    „Ich habe dich vor mir im Sattel gehalten, und wir sind schnurstracks hierher nach Mortagne geritten. Du warst beinahe zwei Wochen lang bewusstlos und ... “
    „Zwei Wochen setzte Kade fassungslos an.
    „Aye, zwei Wochen“, fiel Will ihm ins Wort. Er schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, warum. Du hattest nur eine Beule, nicht einmal eine offene Wunde. Averill meinte allerdings, das sei nicht ungewöhnlich bei Kopfverletzungen. Eine kleine Beule kann einen Mann töten, während ein anderer sogar mit einem gespaltenen Schädel überlebt.“ Er zuckte mit den Schultern. „Wie dem auch sei, Averill hat seitdem wie eine Glucke über dich gewacht und dir mehrmals am Tag tröpfchenweise Brühe eingeflößt, damit du dich nicht doch noch davonstiehlst, indem du uns einfach verhungerst. Auch hat sie unentwegt auf dich eingeplappert. Das werde deine Seele an deinen Körper binden, hat sie beteuert, auf dass sie nicht auf Nimmerwiedersehen gen Himmel entfleuche.“ Er grinste. „Dir müssen die Ohren brausen von ihrem ständigen Gerede. Vermutlich bist du nur zu dir gekommen, um sie zum Schweigen zu bringen.“
    Kade schüttelte den Kopf. Das Letzte, an das er sich erinnerte, war der Schiffbruch. Allerdings musste ein Teil seines Geistes in der Tat Averill gelauscht haben, denn er stellte fest, dass er ihre liebliche Stimme vermisste. Als habe er sie mit seinen Gedanken herbeigerufen, hörte er im nächsten Moment die Tür und das Trappeln von Frauenfüßen.
    „Hier kommt der Trank.“ Die fröhliche Stimme wurde begleitet von einem Hauch des würzigen Blumendufts, der ihm schon mehrmals aufgefallen war. Ihr Erscheinen schien das Gemach aufzuhellen und ihr Frohsinn zumindest einen Teil der bitteren Erinnerungen fortzuspülen, die sich in Kades Gemüt verkrallt hatten. Blinzelnd scheuchte er auch die übrigen fort und beobachtete, wie Averills dunkle, zierliche Gestalt auf ihn zugeeilt kam. Hinter ihr traten mindestens zwei, womöglich auch drei Mägde mit allerlei Dingen ein, die er nicht erkennen konnte. Auch die Frauen selbst blieben verwischte Schatten und weigerten sich, scharf hervorzutreten.
    Das verdross Kade. Er wollte die Hände heben, um sich die Augen zu reiben, weil sie sich anfühlten, als habe jemand Sand hineingestreut. Er vermutete, dass sie nur aus-getrocknet waren, so wie sein übriger Körper. Sein Schädel fühlte sich an, als habe jemand alte Lumpen hineingestopft, sein Mund war so ausgedörrt, dass er nicht
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