Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blitz: Die Chroniken von Hara 2

Blitz: Die Chroniken von Hara 2

Titel: Blitz: Die Chroniken von Hara 2
Autoren: Alexey Pehov
Vom Netzwerk:
Kapitel
1
    Es scherte Luk nicht weiter, dass Ga-nor düster wie eine Gewitterwolke dreinblickte.
    Was sollte er von dem Fährtenleser, der Berge und Eiswüsten gewohnt war, auch schon anderes erwarten? Nein, ihn wunderte nicht, dass der Nordländer den Dreck, den Gestank, die engen Straßen und all die Menschen nur schwer ertrug. Vor allem, da diese Gaffer ständig mit dem Finger auf den Irbissohn zeigten. So selten, wie sich ein Nordländer in diesen Teil des Imperiums verirrte, hätte aber wohl auch nur ein Blinder nicht auf den hochgewachsenen rothaarigen Mann in Kilt und Lederweste geachtet.
    »Wie lange wollen wir hier eigentlich noch rumsitzen?«, fragte Ga-nor in einem derart nörgelnden Ton, dass Luk es für unter seiner Würde hielt, ihm zu antworten.
    »Oh, dem Herrn hat’s anscheinend die Sprache verschlagen«, stichelte Ga-nor.
    »Da platzt doch die Kröte!«, empörte sich Luk nun doch.
    »Du bist ja schon fast selbst wie deine Kröte – und platzt gleich«, knurrte Ga-nor. »Wohl vor Angst?«
    »Lass mich einfach in Ruhe!«, fuhr Luk ihn an. »Ich hab nämlich nicht die geringste Lust, mit dir zu reden.«
    Laut schnaufend stand Ga-nor daraufhin auf, stiefelte zu einem Fensterbrett hinüber und nahm darauf Platz, um finster auf die Stadt und das Meer in der Ferne hinauszustarren.
    Seit geschlagenen zwei Stunden warteten sie nun schon hier, in diesem riesigen Saal mit der hohen, kuppelförmigen Decke, den unzähligen Fenstern und den wuchtigen Kristalllüstern, die im Sonnenlicht glitzerten. Der Raum schien in diesem Licht förmlich zu ertrinken. Die auf Hochglanz polierten Marmorfliesen des Fußbodens spiegelten jede Nuance des goldenen und orangefarbenen Lichtes wider, warfen es an die Wände, die Säulen und Statuen.
    All diese Pracht würdigte Luk jedoch keines Blickes. Dazu wühlte ihn die bevorstehende Audienz, die man ihm nun endlich gewährte, viel zu sehr auf.
    Immer wieder war er versucht, aus dem Turm zu fliehen – aber letzten Endes wusste er genau, dass sich ihm nicht so schnell wieder die Gelegenheit böte, zu einer Schreitenden vorgelassen zu werden. Abgesehen davon würde Ga-nor in diesem Fall vor Wut toben, weil sie ihre Zeit in Alsgara umsonst vergeudet hatten. Womöglich brachte er sogar jemanden um. Er, Luk, konnte aber getrost darauf verzichten, seine Tage im Kerker zu beschließen.
    Er hatte keine Ahnung, wie es Giss gelungen war, eine der Magierinnen dazu zu bringen, sie zu empfangen. Und bis zuletzt hatte er nicht an den Erfolg des Magisters geglaubt, schließlich wussten alle, dass die Schreitenden die Angehörigen des Purpurnen Ordens zwar dulden, sie aber nicht besonders gut leiden können.
    Doch dann hatte Giss sie tatsächlich in den Turm der Schreitenden gebracht.
    Ga-nor dagegen war es im Grunde einerlei, ob diese Audienz zustande kam oder nicht. Keine Träne hätte er vergossen, wenn die Schreitenden, für die er keine sonderliche Sympathie hegte und denen er nicht über den Weg traute, ihn nicht empfangen hätten. Dafür gab es eine Erklärung: Als er noch ein kleiner Junge gewesen war, hatte eine Trägerin der Gabe seine Heimat besucht. Doch auch sie hatte nichts gegen den abgefeimten Untoten auszurichten vermocht, der damals in seinem Dorf gewütet hatte: Er hatte die Schreitende verschlungen, ohne auch nur den geringsten Schaden zu nehmen.
    Seit dieser Zeit stand der Irbissohn der Magie derjenigen, die sich mit ihrem Funken brüsteten, höchst skeptisch gegenüber. Wenn es nur nach ihm gegangen wäre, hätte er auf diese Audienz ebenso bereitwillig verzichtet wie ein Blasge auf Schuhe. So jedoch hielten ihn der Respekt und die Freundschaft mit seinem Gefährten aus der Burg der Sechs Türme davon ab, alles und jeden ins Reich der Tiefe zu wünschen und zu einem der Kriegsschauplätze zu eilen – statt sich im Vorzimmer dieser Magierinnen den Kilt durchzusitzen.
    Endlich öffnete sich eine Tür, und ein Jüngling eilte auf sie zu. Er hatte ein schmales Gesicht, ein spitzes Kinn und abstehende Ohren, die seiner ganzen Erscheinung etwas Komisches verliehen. Ein purpurnes Seidenwams und schwarze Hosen wiesen ihn als Dämonenbeschwörer aus. Genauer gesagt als angehenden Dämonenbeschwörer.
    Vor ihnen stand Ashan, der einzige Schüler von Giss.
    »Meister Luk, Meister Ga-nor, Ihr werdet jetzt vorgelassen«, erklärte er ihnen mit heller Stimme. »Meister Giss bittet Euch, zu ihm zu kommen.« Daraufhin stürzte er davon, ohne sich zu vergewissern, ob ihm die beiden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher