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Blitz: Die Chroniken von Hara 2

Blitz: Die Chroniken von Hara 2

Titel: Blitz: Die Chroniken von Hara 2
Autoren: Alexey Pehov
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dem Norden schätzen diejenigen, die gegen Dämonen kämpfen, nämlich sehr.«
    »Ich weiß, tut mir leid.« Giss schloss kurz die Augen, um die Maske unerschütterlicher Ruhe wieder vor sein Gesicht zu legen. »Aber der Norden ist weit weg. Wenn du dich inmitten
dieser
Hallen aufhältst, vergisst du manchmal, dass man dich nicht überall als Feind, sondern zuweilen auch als Freund empfängt.«
    »Dann komm doch mal zu uns in den Norden. Natürlich nicht im Winter, denn den würdest du kaum verkraften. Aber im Sommer, das müsste dir gefallen. Falls du keine Angst vor Mücken hast, versteht sich.«
    »Nein, hab ich nicht«, sagte Giss lachend. »Übrigens war ich bereits einmal in deiner Heimat, allerdings ist das schon fünfzehn Jahre her. Damals hat mich der Klan der Schneehörnchen aufgenommen. Aber die Zeit fürs Reisen ist vorbei, dazu gibt es momentan zu viel zu tun. Abgesehen davon ist der Weg nach Norden versperrt, seit die Armee aus Nabator vor der Treppe des Gehenkten steht.«
    »Das ist halb so wild, schließlich bleibt immer noch der Westpass bei Burg Donnerhauer. Der wird bis zur Herbstmitte passierbar sein, jedenfalls solange der Schneefall in den Bergen noch nicht einsetzt. Außerdem sind Burg Adlernest und Okny nicht genommen. Und ehe das nicht geschehen ist, kommen die Nabatorer nicht zur Treppe des Gehenkten durch.«
    »Ich fürchte, es ist nur eine Frage der Zeit, wann Okny fällt, mein Freund«, erklärte Giss. »Das Gleiche gilt übrigens für Burg Adlernest. Wenn der Feind die Burg der Sechs Türme nehmen konnte, stellen auch diese Festungen keine Herausforderung für ihn dar. Viele glauben immer noch, der Osten des Imperiums sei uneinnehmbar. Dabei haben wir ihn längst verloren. Wir müssen der Wahrheit ins Auge sehen: Das gesamte Gebiet von den Buchsbaumbergen und dem Waldsaum bis nach Okny, dem Gemer Bogen und den Wäldern der Hochwohlgeborenen befindet sich in Feindes Hand. Und um dieses Land zurückzugewinnen, müssten wir eine Menge Blut vergießen.«
    »Unser Blut wird sowieso fließen«, hielt Luk dagegen. »Noch dazu völlig sinnlos. Nabator hat die Sdisser Nekromanten und die Verdammten auf seiner Seite. Gegen eine solche Übermacht kommt niemand an. Nein, am Ende werden wir alle tot sein – oder, schlimmer noch, untot.«
    »Die Schreitenden hätten schon längst etwas unternehmen müssen«, knurrte Ga-nor. »Aber statt den Soldaten zu helfen, sitzen sie hier, geschützt hinter soliden Mauern, und züchten Blümchen. Das nenn ich wahrhaft heldenmütig!«
    »Du solltest deine Zunge im Zaum halten, Rotschopf«, mischte sich nun Griho ins Gespräch ein. »Wenn der Turm, wie du sagst, nichts unternommen hätte, würden die Untoten längst über die Asche deines Dorfes stampfen. Du hast ja keine Ahnung, wozu diejenigen imstande sind, die über die dunkle Seite der Gabe gebieten.«
    »Es mag dich verwundern zu hören, Glimmender, aber ich weiß nur zu genau, wozu Nekromanten fähig sind. Sogar wesentlich besser als du.«
    Daraufhin hüstelte Griho bloß, um zum Ausdruck zu bringen, dass er den Worten Ga-nors keinen Glauben schenkte. Nach diesem Wortwechsel durchschritten die fünf die prachtvollen Gänge, Säle und Galerien schweigend. Schließlich begaben sie sich über eine schmale, leise knarzende und silbrig schimmernde Treppe in das nächste Stockwerk hinauf, in dem Griho eine in der Wand verborgene Tür öffnete.
    Luk meinte, in einen Kristallkäfig einzutreten, der zwischen Erde und Firmament schwebte. Der Raum bestand aus einem schmalen Gerüst, in dessen Zwischenräume Glas eingelassen war, und schien an unsichtbaren Befestigungen in der Luft zu hängen.
    Über ihnen zogen Wolken dahin, unter ihnen glitzerte ein See, der aus dieser Höhe kaum größer wirkte als eine Pfütze. Auf der durchsichtigen Kuppel hatten Schwalben ihre Nester gebaut, unzählige Vögel schossen über den Himmel.
    Der Glasboden flößte Luk kein großes Vertrauen ein, denn er fürchtete, dieser Untergrund würde bersten wie das erste Eis, sobald einer von ihnen nur den Fuß auf ihn setzte. Und dann stünde ihnen allen ein Sturz von mindestens zweihundert Yard in die Tiefe bevor.
    Ihm wurde mulmig, die Beine drohten ihm wegzuknicken, seine Kehle trocknete aus, und Schweiß trat ihm auf die Stirn. Um das Schwindelgefühl zu überwinden, kniff er die Augen zusammen, doch auch das half nicht – am Ende musste er sich wie ein Ertrinkender mit beiden Armen an Ga-nor festklammern.
    »Sieh nicht nach unten!«,
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