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Der Heiratsantrag - Almost a Bride

Titel: Der Heiratsantrag - Almost a Bride
Autoren: Jane Feather
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seinem Nacken vertreiben.
    Charlotte ließ ein Lächeln sehen und atmete tief ein, als die aufgehende Sonne ihr Gesicht traf. Mit dem Fortschreiten des Tages aber wurde ihr Lächeln immer rarer. Das Geholper des Wagens rüttelte sie arg durch, so dass Arabella den Arm um sie legte und versuchte, sie so gut es ging von den Stößen abzuschirmen. Sie selbst fühlte sich alles andere als gut. Das Schwanken bereitete ihr Übelkeit, und das Geholper machte ihrem Kreuz zu schaffen, doch sie biss die Zähne zusammen und konzentrierte sich auf Charlotte.
    Jack wollte nirgends anhalten, wo man Notiz von der kleinen Gruppe nehmen könnte. Die Nacht verbrachten sie in einer Scheune. Marcel ging ins nächste Dorf und kam mit Wein, Brot, Fleisch und Obst wieder. Charlotte versuchte zu essen, doch sie war erschöpft und ließ sich in das Stroh zurücksinken, das ihr als Nachtlager diente.
    Arabella bot ihr Laudanum an, und diesmal nahm sie es an. »Nimm es selbst«, murmelte sie. »Du siehst so müde aus, wie ich mich fühle.«
    »Letzte Nacht habe ich kaum Schlaf gefunden«, sagte Arabella. »Aber heute werde ich wie ein Murmeltier schlafen.« Sie lag neben Jack auf ihrem Strohlager, in ihren Mantel gehüllt. Er hielt sie die ganze Nacht fest, doch sie spürte, dass er sie nicht richtig wahrnahm. Es betrübte sie, dass ihre Nähe ihn nicht tröstete, doch sie fand sich damit ab, dass die Sorge um seine Schwester ihn dermaßen in Anspruch nahm, dass er für nichts anderes Zeit hatte. Sie hatte lange genug mit ihm zusammengelebt, um zu wissen, dass man nicht an ihn herankam, wenn er sich so zurückzog, sie konnte nur hoffen, dass er zu seiner Frau zurückfinden würde, wenn Charlotte Frankreich hinter sich gelassen hatte und in Sicherheit war. Sie erlaubte sich keinen Gedanken daran, welche Wirkung der Tod seiner Schwester auf ihn hätte, ein Ende, das sich nicht lange hinauszögern ließ.
    Als sie am sechsten Tag Calais erreichten, war Charlotte so geschwächt, dass sie kaum den Kopf heben konnte. Ara- bella war steif, jeder Muskel und jedes Gelenk schmerzte, als hätte sie auf der Folterbank gelegen, man brauchte nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, wie die Ärmste sich fühlen musste. Sie hatte kein Fleisch auf den Knochen, das sie vor dem Gerüttel schützte, und die heftigen Hustenkrämpfe erschöpften sie dermaßen, dass sie kaum Atem schöpfen konnte.
    Aber Tom Perrys Schiff lag am Kai, die Laufplanke war herabgelassen, Matrosen liefen vom Kai zu den Decks und schleppten Postbündel, Fässer mit Wein und Kognak, Kisten und Steigen mit Gütern, die sie nach England beförderten.
    Jack sprang vom Wagen und lief über den Kai zum Deck, auf dem Tom stand und das Verladen der Güter überwachte. Arabella sprang auch herunter und streckte sich, kreiste mit den Schultern und atmete tief die Seeluft ein.
    »Sie riecht so frisch«, gab Charlotte matt von sich.
    »Horch doch ... die Möwen. Nie hätte ich gedacht, sie wieder zu hören.« Sie setzte sich mühsam auf, lehnte sich an die Seitenwand des Wagens und hob ihr Gesicht dem Himmel entgegen, an dem Wölkchen bei einer leichten Brise dahinglitten.
    »Das reicht«, sagte sie leise und reichte Arabella eine Hand, die sie fest umfasste. »Es genügt. Nie hätte ich erwartet, das alles noch einmal zu sehen.« Sie lächelte ihrer Schwägerin zu. »Mach dir nichts daraus, wenn Jack sich zurückzieht. So ist er seit seiner Kindheit. Seine Seele hat dunkle Winkel.«
    »Das ist mir nicht entgangen. Ich habe die Absicht, sie demnächst gründlich zu fegen.«
    Ihre Äußerung entlockte Charlotte ein Lächeln. »Viel Glück, meine Liebe.«

24
    Charlotte bestand darauf, auf Deck zu sitzen, als sie ablegten und das Postschiff zwischen den anderen Schiffen im Hafen auf die offene See zusteuerte. Sie blickte zurück zum Hafen, Jack neben ihr, eine Hand auf ihrer Schulter. Beide sagten auf ihre Art Frankreich Adieu. Arabella stand ein Stück weiter an der Reling und überließ es ihnen, diesen Augenblick gemeinsam zu erleben. Schließlich hatten sie den Hafen hinter sich, das kleine Schiff gewann mit der auffrischenden Brise an Fahrt, und die roten Mauern der Festung von Calais blieben rasch zurück. Charlotte blickte zu ihrem Bruder auf. »Es ist also vorbei, Jack.«
    »Für uns trifft das zu. Komm, ich bringe dich unter Deck.«
    Sie nickte. Die Kraft, die sie zu diesem Abschied an Deck festgehalten hatte, verebbte mit der entschwindenden Küstenlinie. Jetzt wollte sie nur noch liegen.
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