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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1
Autoren: Alexandre Dumas
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ihn empfi ng; ich erzähl-te ihm die Vorgänge, deren Zeuge ich gewesen war, und erwähn-te voll Unruhe die Geschichte mit dem Diamanten. Gegen meine Erwartung war sie Punkt für Punkt wahr, und er schenkte dem, was ich sagte, vollständig Glauben. Hingerissen von seinem mil-den Wesen und da ich sah, daß er die Sitten meiner Heimat genau kannte, erzählte ich ihm unter dem Siegel des Beichtgeheimnisses das Abenteuer von Auteuil in allen seinen Einzelheiten, in der Hoff nung, daß die Vergebung für das einzige Verbrechen, das ich begangen hatte, von seinen barmherzigen Lippen kommen könnte.
    Das Geständnis dieses Mordes, den ich ihm nicht hätte zu off enbaren brauchen, bewies ihm, daß ich den andern nicht begangen hatte, und als er mich verließ, sagte er mir, ich solle die Hoff nung nicht sinken lassen, und versprach, alles, was er vermöge, zu tun, um die Richter von meiner Unschuld zu überzeugen.
    Ich erhielt bald den Beweis, daß er sich tatsächlich für mich verwendet hatte, denn meine Gefangenschaft wurde allmählich gemildert, und ich hörte, daß mein Prozeß erst in der zweiten Schwurgerichtssession stattfi nden sollte.
    Die Vorsehung fügte es, daß Caderousse bald darauf im Ausland festgenommen und nach Frankreich gebracht wurde. Er gestand alles und erklärte, von seiner Frau zu dem Mord verleitet worden zu sein. Er wurde zu lebenslänglicher Galeerenstrafe verurteilt, und ich wurde freigelassen.«
    »Und dann stellten Sie sich bei mir mit einem Brief vom Abbé Busoni vor?«
    »Ja, Exzellenz, er hatte sichtlich Interesse für mich bekommen.
    ›Ihr Schmugglerhandwerk wird Sie verderben‹, sagte er mir, ›wenn Sie frei sind, geben Sie es auf.‹
    ›Aber, mein Vater‹, fragte ich, ›wovon sollen ich und meine arme Schwägerin denn leben?‹
    ›Eins meiner Beichtkinder‹, antwortete er, ›hat große Achtung vor mir und mich beauftragt, ihm einen Vertrauensmann zu suchen.
    Wollen Sie der Mann sein? Ich werde Sie an ihn verweisen.‹
    ›O mein Vater‹, rief ich, ›welche Güte!‹
    ›Aber Sie geloben mir, daß ich es nie zu bereuen haben werde.‹
    Ich erhob die Hand zum Schwur.
    ›Das ist nicht nötig‹, sagte er, ›ich kenne und liebe die Korsen, hier ist meine Empfehlung.‹
    Er schrieb einige Zeilen, die ich Ihnen überbrachte und auf die hin Eure Exzellenz die Güte hatten, mich in Ihren Dienst zu nehmen. Jetzt frage ich Eure Exzellenz mit Stolz: Haben Sie sich je über mich zu beklagen gehabt?«
    »Nein«, erwiderte der Graf; »und ich gestehe gern, daß Sie ein guter Diener sind, Bertuccio, obgleich es Ihnen an Vertrauen fehlt.«
    »Mir, Herr Graf!«
    »Ja, Ihnen. Wie kommt es, daß Sie eine Schwägerin und einen Adoptivsohn haben und mir nie etwas davon gesagt haben?«
    »Ach, Exzellenz, es bleibt mir noch der traurigste Teil meines Lebens zu berichten. Ich hatte es eilig, meine arme Schwägerin wiederzusehen und zu trösten; aber als ich in Rogliano ankam, fand ich das Haus in Trauer; es hatte sich etwas Furchtbares ereignet.
    Meine Schwägerin widerstand nach meinem Rate den Forderungen Benedettos, der jeden Augenblick das ganze Geld verlangte, das im Haus war. Eines Morgens drohte er ihr und ließ sich den ganzen Tag nicht sehen. Der Abend kam, sie wartete auf ihn, ohne sich niederzulegen. Als er um elf Uhr mit zwei Freunden, den gewöhnlichen Genossen seiner Streiche, nach Hause kam, streckte sie ihm die Arme entgegen; aber die drei bemächtigten sich ihrer, und einer von ihnen – ich zittere bei dem Gedanken, daß es der ungeratene Benedetto selbst war – rief: ›Los mit der Folter! Sie soll gestehen, wo sie ihr Geld hat.‹
    Der Nachbar Wasilio war gerade in Bastia; seine Frau war allein zu Hause geblieben, und niemand außer ihr konnte sehen und hö-
    ren, was bei meiner Schwägerin vorging. Zwei hielten Assunta fest, der dritte verbarrikadierte Türen und Fenster, und alle drei schleppten Assunta ans Feuer, wobei sie ihr den Mund zuhielten, um ihre Angstschreie zu ersticken. Sie hielten ihr die Füße über das Feuer, um ihr das Geständnis zu erpressen, wo unser kleiner Schatz versteckt läge. Bei dem Kampf aber fi ngen ihre Kleider Feuer; da ließen sie sie los, um nicht selbst zu verbrennen. Mit brennenden Kleidern eilte sie an die Tür, aber die Tür war verschlossen.
    Sie stürzte ans Fenster, aber das Fenster war verbarrikadiert. Die Nachbarin hörte entsetzliche Schreie; es war Assunta, die um Hilfe rief. Aus dem Schreien wurde bald ein Stöhnen, und als am
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