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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1
Autoren: Alexandre Dumas
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Habgier gesehen wie auf diesen Gesichtern, die von der fl ackernden Lampe beleuchtet wurden. Besonders die Frau war entsetzlich anzusehen; das fi ebrige Zittern, das sie gewöhnlich hatte, war stärker geworden; ihr bleiches Gesicht war erdfahl, ihre hohlen Augen fl ammten.
    ›Warum hast du ihm denn angeboten, hier zu schlafen?‹ fragte sie mit dumpfer Stimme.
    ›Nun eben‹, antwortete Caderousse bebend, ›weil … damit er nicht die Mühe hätte, nach Beaucaire zurückzugehen.‹
    ›Ah!‹ entgegnete die Frau mit einem nicht wiederzugebenden Ausdruck. ›Ich glaubte, aus einem andern Grund.‹
    ›Frau! Frau!‹ rief Caderousse. ›Warum hast du solche Gedanken, und warum behältst du sie nicht für dich?‹
    ›Einerlei‹, sagte die Frau nach einem Augenblick des Schweigens,
    ›du bist kein Mann.‹
    ›Wieso?‹ fragte Caderousse.
    ›Wenn du ein Mann wärst, wäre er nicht von hier fortgekom-men.‹
    ›Weib!‹
    ›Oder er käme nicht nach Beaucaire.‹
    ›Weib!‹
    ›Die Landstraße macht einen Bogen, und er muß auf der Landstraße bleiben; aber es gibt einen kürzern Weg am Kanal entlang.‹
    ›Frau, du beleidigst den lieben Gott. Da, höre …‹
    In der Tat hörte man einen furchtbaren Donnerschlag, während zugleich ein bläulicher Blitz den ganzen Raum erhellte.
    ›Jesus!‹ rief die Frau, sich bekreuzigend.
    In demselben Augenblick wurde an die Tür geklopft. Caderousse und seine Frau fuhren zusammen und sahen sich erschrocken an.
    ›Wer ist da?‹ rief Caderousse, indem er aufstand, das auf dem Tisch liegende Gold und die Scheine zu einem Haufen zusammenraff te und mit den Händen zudeckte.
    ›Ich‹, sagte eine Stimme.
    ›Wer sind Sie?‹
    ›Ei, zum Kuckuck, Joannes, der Juwelier.‹
    ›Nun, was sagtest du denn‹, fl üsterte die Frau mit einem schrecklichen Lächeln, ›daß ich den lieben Gott beleidigte …! Da schickt ihn der liebe Gott wieder zu uns.‹
    Caderousse sank bleich und keuchend auf seinen Stuhl zurück. Die Frau aber stand auf, ging festen Schritts an die Tür und öff nete.
    ›Kommen Sie nur herein, lieber Joannes‹, sagte sie.
    ›Wahrhaftig‹, rief der Juwelier, der von Wasser tropfte, ›der Teufel scheint nicht zu wollen, daß ich heute abend wieder nach Beaucaire komme. Mein lieber Herr Caderousse, Sie haben mir Gastfreundschaft angeboten; ich nehme sie an und komme zurück, um bei Ihnen zu schlafen.‹
    Caderousse stammelte einige Worte, indem er sich den Schweiß von der Stirn wischte.
    Die Frau drehte hinter dem Juwelier den Schlüssel zweimal um.
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    Der Juwelier warf beim Eintreten einen forschenden Blick um sich, aber nichts schien seinen Argwohn zu wecken oder zu bestätigen.
    Caderousse hielt noch immer beide Hände auf das Geld. Die Frau lächelte dem Gast freundlich zu.
    ›Aha‹, sagte der Juwelier. ›Sie scheinen Angst gehabt zu haben, daß Sie sich verzählt haben könnten.‹
    ›Das nicht‹, antwortete Caderousse, ›aber der Besitz ist so unerwartet gekommen, daß wir nicht daran glauben können und uns einbilden, wir hätten geträumt, wenn wir den Beweis nicht vor Augen haben.‹
    Der Juwelier lächelte.
    ›Haben Sie Reisende im Hause?‹
    ›Nein‹, antwortete Caderousse, ›wir geben keine Betten; wir sind der Stadt zu nahe, und niemand kehrt hier ein.‹
    ›Dann falle ich Ihnen wohl sehr zur Last?‹
    ›Sie uns zur Last fallen, mein lieber Herr!‹ entgegnete freundlich die Wirtin. ›Durchaus nicht!‹
    ›Wo bringen Sie mich denn unter?‹
    ›In dem Zimmer oben.‹
    ›Ist das aber nicht Ihr Zimmer?‹
    ›Oh, das schadet nichts, wir haben im Zimmer nebenan ein zweites Bett.‹
    Caderousse sah seine Frau voll Erstaunen an.
    Der Juwelier trällerte ein Liedchen, indem er sich den Rücken am Feuer wärmte, das die Wirtin für den Gast angezündet hatte.
    Die Frau legte an dem einen Ende des Tisches eine Serviette auf und brachte die mageren Überreste einer Mahlzeit und dazu einige frische Eier.
    Caderousse hatte die Scheine wieder in die Brieftasche gelegt, das Gold in den Beutel getan und alles wieder in den Schrank gepackt.
    Er ging fi nster und nachdenklich im Zimmer auf und ab und warf von Zeit zu Zeit einen Blick auf den Juwelier, der sich von allen Seiten am Feuer trocknen ließ.
    ›So‹, sagte die Wirtin, indem sie eine Flasche Wein auf den Tisch stellte, ›wenn Sie essen wollen, es ist fertig.‹
    ›Und Sie?‹ fragte Joannes.
    ›Ich esse nicht zu Abend‹, antwortete
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