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Der goldene Thron

Titel: Der goldene Thron
Autoren: Katia Fox
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schloss.
    Matilda musterte ihre Stickerei. Die Nadel steckte noch im Stoff, doch der Faden war herausgerutscht und vollkommen verknotet. »Himmel, ich will nicht!« Sie sah auf. »Ich kann es nicht, und ich habe auch gar keine Lust, es zu lernen!«, fauchte sie Lesceline an und schleuderte ihr den Stickrahmen entgegen. »Darum wirst du das für mich erledigen!«
    »Aber … ich muss doch auch …«, begehrte Lesceline zaghaft auf, befeuchtete das Ende eines neuen Fadens, indem sie ihn kurz in den Mund steckte, und führte ihn dann in das Nadelöhr ein.
    Matilda funkelte sie aus finsteren Augen an. »Das Kätzchen ist noch arg nass. Ich sollte es ein wenig ans Feuer halten. Wenn es dabei bloß nicht zu dicht an die Flammen gerät!«
    »Nein, nicht!«, flehte Lesceline und sprang auf. »Bitte! Ich tue alles, was du sagst!«
    »Deine Stickerei ist ohnehin viel hässlicher als meine«, sagte Matilda herablassend.
    »Weil du die wenigen Stiche auf meinem Leinen gemacht hast und ich alles auf deinem«, gab Lesceline ihr unwillig zu bedenken.
    »Sag ich doch. Ich will feine Monogramme auf meiner Aussteuer haben, wenn ich heirate, und nicht so etwas Hässliches. Darum wirst du auch weiterhin meine Arbeit erledigen. Wäre doch traurig, wenn dem Kätzchen schon wieder ein Unglück zustieße …« Matilda sah Lesceline scheinbar mitfühlend an. Sie hatte das Kätzchen am Bach mit Absicht ins Wasser getaucht und mit wachsender Begeisterung beobachtet, wie es um sein Leben gekämpft hatte. Lesceline hatte nur geheult und nichts dagegen unternommen. Was für ein Dummerchen sie doch war! So leicht unter Druck zu setzen! Und mithilfe des Kätzchens würde es künftig noch leichter sein, von ihr zu verlangen, was immer Matilda wollte.
    Mit dem Vater umzugehen, war ebenfalls einfach. Matilda verstand es, ihn um den kleinen Finger zu wickeln. Nur die Mutter und Arlette machten es ihr hin und wieder schwer. Furcht jedoch empfand Matilda nicht vor ihnen. Sie wusste ob ihrer ungewöhnlichen Stärke und dass kaum jemand dagegen ankam. Das war immer so gewesen, schon im Leib ihrer Mutter, den sie sich mit ihrem Zwillingsbruder hatte teilen sollen. Die Leute erzählten sich, dass Matilda vor ihm geboren wurde, und munkelten, dass der schmächtige kleine Kerl tot zur Welt gekommen sei, weil sie ihm nicht genügend Platz gelassen habe. Sie bekreuzigten sich dreimal, wenn sie darüber sprachen, und mieden Matildas Blick, wenn sie ins Dorf kam. Sie war vom ersten Tag an groß für zwei gewesen und die Niederkunft so schwierig und gefährlich, dass ihrer Mutter seitdem weitere Kinder versagt geblieben waren.

Tancarville im Juni 1163
    A ls Guillaume den Burghof überquerte, flog sein Blick zu den Strohballen am Rand des Übungsplatzes. In den vergangenen Wochen hatte Alan, der junge Waffenschmied, häufig dort gesessen und den Knappen bei ihren Schwertkampfübungen zugesehen. Mit vor Aufregung geröteten Wangen, die Rechte zuweilen zuckend, als wollte er sogleich ins Kampfgeschehen eingreifen, hatte er sie beobachtet. Vollkommen gebannt, konzentrierter und begeisterter als so mancher von Guillaumes Kameraden. Dann und wann hatte sich sein Mund bewegt, als wiederholte er leise, was Ours seinen Schützlingen eintrichterte.
    Das Herz eines tapferen Mannes schien der junge Schmied zu haben. Vor wenigen Tagen erst war er auf dem Übungsplatz erschienen, um sich als Kampfgegner für die jüngeren Knappen zu verdingen. Eine schlecht bezahlte, undankbare Aufgabe war das, bei der er für einen einzigen Penny am Tag nichts als Prügel einzustecken hatte.
    Obwohl er im Umgang mit dem Stock ganz offensichtlich überfordert war, hatte er sich den Angriffen der Knappen jedoch wacker gestellt.
    Thibault de Tournai, einer der Knappen, schikanierte den jungen Schmied ganz besonders. Thibault war ein Angeber, der, wie Guillaume zu seinem Leidwesen zugeben musste, nicht vollkommen unbegabt war, dafür aber selbstgefällig und anmaßend. Guillaume schnaubte abfällig. Warum nur ließ Alan sich von ihm erniedrigen? Es war wohl kaum der Penny, den er dafür bekam, sondern eher die Hoffnung, eines Tages mit dem Schwert gegen die Knappen antreten zu dürfen, die ihn dazu bewog. Ours aberwürde das niemals zulassen, da war Guillaume ganz sicher. Er zuckte mit den Schultern. Alan musste selbst wissen, was er tat.
    Guillaume überquerte den Platz, um sich mit seinen Kameraden auf den nächsten Zweikampf vorzubereiten. Er sprach sich mit seinem Gegner ab und stellte sich
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