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Der gefangene Stern

Der gefangene Stern

Titel: Der gefangene Stern
Autoren: Nora Roberts
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der Himmel.
    Nicht fühlen, befahl sie sich, sondern denken. Denk nach, M.J.
    Langsam öffnete sie die Augen und betrachtete den Raum.
    In einem Wort: grässlich.
    Offenbar hatte ein fehlgeleiteter Mensch geglaubt, dass die verheerende Kombination aus Orange und Blau diesem billig möblierten Zimmer eine exotische Note verleihen würde.
    Die Vorhänge waren dünn wie Papier, doch fest zugezogen. Im TV lief laut plärrend ein schlecht synchronisierter Herkules-Film. Eine schmutzige Kommode, darauf ein gelber Glasaschenbecher, der allerdings nicht schwer genug aussah, um als Waffe zu dienen. Selbst über Herkules’ Krakeelen hinweg konnte sie das Dröhnen der Klimaanlage hören, die jedoch in keiner Weise dazu beitrug, dass es im Zimmer etwas kühler wurde.
    Das Poster neben einer schmalen Tür, die vermutlich ins Badezimmer führte, zeigte dümmlich aussehende Kühe vor einem roten Stall in einer herbstlichen Landschaft. Sie probierte die Nachttischlampe aus, ein Ungetüm aus hellblauem Glas, das aber zumindest ein gewisses Gewicht aufwies. Nun, die könnte sie vielleicht noch brauchen.
    Als sie Schlüsselklappern hörte, ließ sie die Lampe eilig los und starrte zur Tür.
    Mit einer kleinen rotweißen Kühlbox unterm Arm kam Jack herein. Er stellte sie auf der Kommode ab. M.J.s Herz machte einen Satz, als sie sah, dass er ihre Handtasche über der Schulter trug. Doch als er sie einfach nur auf den Boden neben das Bett warf, entspannte sie sich wieder.
    Der Diamant war also noch in Sicherheit. Genauso wie das Pfefferspray, der Flaschenöffner und die Rolle Münzgeld. Waffen, die sie immer bei sich trug.
    „Es gibt nichts Schöneres als einen richtig schlechten Film“, meinte er, während er einen Kampf zwischen Herkules und verschiedenen grimmig dreinblickenden, in Felle gehüllten Kriegern beobachtete. „Ich frage mich immer, wer sich solche Dialoge ausdenkt. Ob die wirklich schon so schlecht waren, als sie auf Litauisch oder was auch immer geschrieben wurden, oder ist die Übersetzung einfach nur miserabel?“
    Mit einem Schulterzucken durchquerte er das Zimmer, öffnete die Kühlbox und nahm zwei Dosen Cola heraus.
    „Ich schätze, Sie sind durstig.“ Er hielt ihr eine Dose hin. „Da können wahrscheinlich selbst Sie nicht Nein sagen.“ Seine Einschätzung erwies sich als richtig. Gierig griff sie nach der Dose, öffnete sie und nahm einen tiefen Schluck. „Hier gibt es keinen Zimmerservice“, fuhr er fort. „Aber die Straße runter ist ein Imbiss. Wir werden also nicht verhungern. Wollen Sie etwas essen?“
    Über den Dosenrand hinweg warf sie ihm einen Blick zu. „Nein.“
    „Gut.“ Er setzte sich aufs Bett, machte es sich bequem und lächelte sie an. „Wir sollten uns unterhalten.“
    „Sie können mich mal.“
    „Wie gern ich das würde, Herzchen. Aber lassen Sie uns erst gar nicht damit anfangen. Also, wie ich das sehe, haben wir beide ein Problem. Sie können es lösen, wenn Sie mir endlich verraten, wer hinter Ihnen her ist und warum. Dann kann ich mich um die Sache kümmern.“
    Nachdem M.J.s erster Durst gestillt war, trank sie jetzt in kleinen Schlucken. Ihre Stimme triefte vor Sarkasmus. „ Sie wollen sich darum kümmern?“
    „Klar. Betrachten Sie mich als Ihren Retter – wie den guten alten Herkules hier.“ Er deutete mit dem Daumen auf den Fernseher. „Sie erzählen mir, was los ist, und ich kümmere mich um die bösen Jungs. Ich stelle Ihnen eine Rechnung aus. Sollte Ihr Angebot von eben noch stehen, werde ich gern darauf zurückkommen.“
    „Tja.“ Sie lehnte den Kopf zurück und sah ihm direkt in die Augen. „Was haben Sie Ihrem Kumpel Ralph vorhin noch vorgeschlagen? Ach ja, stimmt.“ Wortgetreu wiederholte sie die Beschimpfung.
    Lächelnd schüttelte Jack den Kopf. „Spricht man so mit jemandem, der einen davor bewahrt hat, eine Kugel ins Hirn zu kriegen?“
    „Ich habe Sie davor bewahrt, eine Kugel ins Hirn zu kriegen, Freundchen. Obwohl ich ernsthaft bezweifle, dass der Typ Ihr Hirn überhaupt getroffen hätte, so klein, wie es ist. Und jetzt danken Sie es mir, indem Sie mich misshandeln, fesseln, knebeln und in ein billiges Stundenhotel bringen.“
    „Mir wurde versichert, dass es sich um ein ordentliches Familienhotel handelt“, erwiderte er trocken. Himmel, die war vielleicht eine Nummer. Sie beschimpfte ihn, obwohl er klar im Vorteil war. Und sah dazu in ihren engen Jeans und mit dem zerknitterten T-Shirt auch noch verdammt sexy aus.
    „Jetzt hören Sie
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