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Der gefangene Stern

Der gefangene Stern

Titel: Der gefangene Stern
Autoren: Nora Roberts
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einfach nicht übers Herz brachte.
    Also war er zu First Stop Bail Bonds gefahren und hatte die Unterlagen über eine gewisse M.J. O’Leary abgeholt. Besagte Lady war offenbar nicht zum vereinbarten Termin vor Gericht erschienen, um zu erklären, warum sie ihren verheirateten Liebhaber angeschossen hatte.
    Jack ging davon aus, dass die Frau dumm wie Bohnenstroh war. Eine attraktive Frau – und das war sie dem Foto nach zu urteilen – brauchte doch nur ein Minimum an Grips, um den Richter und die Geschworenen davon zu überzeugen, dass es nicht weiter schlimm war, einem ehebrecherischen Buchhalter ein bisschen Angst einzujagen.
    Schließlich hatte sie den armseligen Bastard ja nicht getötet.
    Der Job war ein Kinderspiel, und Jack konnte nicht begreifen, warum Ralph so nervös geklungen hatte. Jedenfalls wollte er die Sache nun so schnell wie möglich hinter sich bringen, um endlich sein kühles Bierchen zischen und das Honorar verprassen zu können.
    Mit dem Extrageld dieses Jobs könnte er die Erstausgabe von Don Quixote kaufen, auf die er schon so lange scharf war. Dafür war er durchaus bereit, noch ein paar Stunden länger im Auto zu schwitzen.
    Er sah nicht gerade aus wie ein Mann, der seltene Bücher sammelte oder mit Vergnügen philosophische Debatten über die Natur des Menschen führte. Jack trug sein sonnengesträhntes braunes Haar zu einem dicken Pferdeschwanz gebunden – kein modisches Statement, sondern eher Ausdruck einer angeborenen Skepsis gegenüber Friseuren. Allerdings unterstrich die Frisur sein schmales Gesicht mit den hohen Wangenknochen, den vollen, festen Lippen und der tiefen Kerbe am Kinn. Seine Augen waren grau wie blitzender Stahl, der dahinschmelzen konnte beim Anblick der vergilbten Seiten einer Dante-Erstausgabe oder aber rauchdunkel wurde, wenn eine hübsche Frau im Sommerkleid des Weges kam.
    Gelangweilt streckte Jack die langen Beine aus, rollte die verspannten Schultern und überlegte, ob er sich noch ein Mineralwasser genehmigen sollte, solange er wartete.
    Als der MG an ihm vorbeifuhr, mit geöffnetem Dach und dröhnend lauter Musik, schüttelte er nur den Kopf. Dumm wie Bohnenstroh, tatsächlich – obwohl sie zumindest einen guten Musikgeschmack hatte. Das Auto passte zu der Beschreibung in seinen Unterlagen, und der flüchtige Blick, den er auf die Fahrerin hatte werfen können, bestätigte seine Vermutung. Das kurze, vom Wind zerzauste rote Haar war ein untrügliches Signal.
    Erschreckend, dass eine so attraktive Frau so furchtbar dumm sein kann, dachte er, während er beobachtete, wie sie einparkte und aus dem Wagen stieg.
    Man konnte sie nicht im klassischen Sinne als schön bezeichnen. Sie war groß – und Jack hatte eine Schwäche für langbeinige, gefährlich große Frauen. Ihre schmalen, knabenhaften Hüften steckten in einem Paar ausgewaschener und an den Knien zerrissener Jeans. Dazu trug sie ein schlichtes weißes T-Shirt, unter dessen Stoff sich ihre kleinen Brüste abzeichneten.
    Als sie eine Tasche vom Rücksitz hievte, gewährte sie ihm einen aufschlussreichen Blick auf ihren festen Hintern. Kein Wunder, dass irgendein Schwachkopf mit ihr seine Frau betrogen hatte.
    Ihr Gesicht war so kantig wie ihr Körper, und obwohl es mädchenhaft blass war – perfekt zu dem flammend roten Haar –, hatte sie überhaupt nichts Mädchenhaftes an sich. Aufregend ausgeprägte Wangenknochen und ein üppiger, sinnlicher Mund rundeten das Bild ab.
    Sie trug eine dunkle Sonnenbrille, doch er wusste aus seinen Unterlagen, dass sie grüne Augen hatte. Blieb die Frage, ob es sich eher um Moosgrün oder um Smaragdgrün handelte.
    Mit einer riesigen Tasche über der Schulter und einer Einkaufstüte unter dem Arm steuerte sie auf ihn und das Apartmenthaus zu. Er gestattete sich einen letzten Seufzer angesichts des lässigen und zugleich aufreizenden Gangs – lange Frauenbeine waren wirklich sein Ding – und stieg dann ebenfalls aus, um ihr zu folgen. Vermutlich würde sie ihm keine großen Schwierigkeiten machen. Vielleicht würde sie ein bisschen beißen und kratzen, aber zumindest sah sie nicht so aus, als würde sie in Tränen ausbrechen.
    Das konnte er wirklich nicht leiden.
    Sein Plan war einfach. Natürlich hätte er sie sich hier draußen schnappen können, aber er hasste Szenen in der Öffentlichkeit, wenn sie sich vermeiden ließen. Also wollte er die Sache lieber in ihrer Wohnung klären und sie dann mitnehmen.
    Als Jack hinter ihr das Gebäude betrat, ging ihm durch den
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