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Der Frauenhaendler

Der Frauenhaendler

Titel: Der Frauenhaendler
Autoren: Giogio Faletti
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die Straße und nähere mich der Frau. Die Handtasche über die Schulter gehängt, steht sie da und raucht. Dabei beobachtet sie mich und macht sich ihre Gedanken. Von nahem ist sie noch hübscher. Tatsächlich ist sie sogar schön. Sie hat haselnussbraune, melancholische Augen, die vielleicht zu viel von der Peripherie gesehen haben und die von Dingen sprechen, die sie stets erträumt, aber nie gehabt hat.
    Ich lächele sie an.
    »Hallo. Hast du mal Feuer?«
    Sie nimmt die Tasche von der Schulter, kramt darin herum und reicht mir ein Plastikfeuerzeug. Lange kann sie noch nicht hier arbeiten. Ihre Hände tragen noch nicht die Spuren von Reinigungsmitteln und Hausarbeit, egal ob zu Hause oder anderswo. So wie sie mich anschaut, weiß sie, dass die Sache mit dem Feuer nur ein Vorwand war. Besonders originell war das natürlich auch nicht, wenn ich ehrlich bin.
    Ich nehme meine Marlboroschachtel und stecke mir eine an. Durch den Qualm zeige ich auf das Gebäude hinter ihr.
    »Arbeitest du hier?«
    Sie macht eine unbestimmte Kopfbewegung.
    »Putzfrau. Wenn du das Arbeit nennen willst, ja, dann arbeite ich hier.«
    »Wie heißt du?«
    »Carla.«
    »Gut, Carla. Darf ich dich etwas Persönliches fragen?«
    Ihr Schweigen bedeutet Zustimmung. Offenbar ist sie neugierig. Das heißt, dass sie nicht dumm ist.
    »Was zahlen sie dir?«
    Sie mustert mich und versucht zu begreifen, worauf ich hinauswill. Ihre Augen verraten keinerlei Angst, und das gefällt mir.
    »Hundertachtzig.«
    »Möchtest du hundertfünfzig in ein paar Stunden verdienen?«
    Sie begreift sofort. Ich mache mich auf eine Ohrfeige gefasst, aber sie bleibt aus. Das ist interessant. Vielleicht ist ihr eine gewisse Art von Anträgen nicht fremd. Vielleicht ist sie in einer besonderen Notsituation. Vielleicht hat sie auch einfach in einem Geistesblitz einen Weg erkannt, wie sie Peripherie, Tiefkühlkost und Billigmode von Upim hinter sich lassen kann. Viele Hypothesen sind möglich, aber mich interessiert keine davon.
    Bleibt nur eines zu klären, und das tut sie.
    »Mit wem?«
    Ich deute mit dem Kopf auf eine Stelle in meinem Rücken. Sie blickt zu Daytona auf der anderen Straßenseite hinüber. Dann schaut sie wieder mich an. Ihren Augen ist eine gewisse Enttäuschung anzumerken. Schließlich senkt sie den Blick und starrt auf den Asphalt, bevor sie antwortet.
    »Robert Redford ist er nicht gerade.«
    Ich setze eine unschuldige Miene auf, wie man es in Anbetracht des Offensichtlichen tut.
    »Wenn er es wäre, wäre ich nicht hier, um mit dir zu reden.«
    Sie schaut zu den anderen hinüber, die ein paar Schritte weiter auf sie zu warten scheinen. Seit Beginn unserer Unterhaltung haben sie uns beobachtet und sich ihre Gedanken gemacht. Gelegentliches Kichern, gelegentliche Blicke. Nicht auszuschließen, dass auch Neid dabei ist. Carla wendet sich wieder mir zu. In ihren haselnussbraunen Augen liegt eine gewisse Herausforderung.
    Sie spricht leise, als wäre der Gedanke versehentlich ihren Lippen entschlüpft. Sie schlägt eine Alternative vor.
    »Mit dir würde ich auch umsonst mitgehen …«
    Ich schüttele leicht den Kopf und beende jede Spekulation in diese Richtung.
    »Das steht nicht zur Debatte.«
    Das will sie so nicht stehen lassen.
    »Gefalle ich dir nicht, oder stehst du nicht auf Frauen?«
    »Nichts von beidem. Sagen wir mal, dass ich in dieser Angelegenheit lediglich ein Vermittler bin.«
    Carla schweigt. Offenbar wägt sie das Für und das Wider ab. Ich glaube nicht, dass es sich um eine moralische Frage handelt, eher um eine der Angemessenheit. Vielleicht stammt sie aus einer dieser Familien, in denen der Vater alles, was zum Haushalt gehört, als sein Eigentum betrachtet, Töchter eingeschlossen. Man muss nur einen angemessenen Preis bieten für das, was sie ohnehin zuzugestehen gezwungen ist, ohne im Normalfall allerdings die Wahl zu haben. Vielleicht sind das auch nur Hirngespinste, und die Wahrheit ist eine ganz andere, wie so oft. Niemand kann wissen, was in den Köpfen der Menschen vor sich geht.
    Manchmal ist nur interessant, was die Menschen zu tun gedenken.
    Carla nickt.
    »Sag ihm, dass er vor dem Alemagna auf mich warten soll. Via Monte Bianco. Ich bin in zwei Minuten dort.«
    Ich zeige auf Daytonas orangefarbenen Porsche. Es ist ein altes Modell, das nicht mehr viel hermacht. Sein einstiges Prestige ist in den Händen des ehemaligen Besitzers verblieben, der jetzt sicher das neueste Modell fährt. Doch bei Typen wie Daytona und den Leuten,
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