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Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Titel: Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)
Autoren: Cathy Lamb
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1. Kapitel
    Ich würde meinen BH verbrennen müssen.
    Und meinen Tanga.
    Schade, dass es sein musste, denn eigentlich bin ich sehr eigen mit meiner Unterwäsche. In meiner Kindheit waren wir so arm, dass ich fadenscheinige Schlüpfer und kaputte BHs trug, die mit Sicherheitsnadeln oder Büroklammern zusammengehalten wurden, deshalb lege ich heute Wert auf elegante Dessous.
    »Brennen sollst du, mein BH«, flüsterte ich, als das goldene Morgenlicht auf mich fiel. »Brennen sollst du, mein Tanga.«
    Ich musterte den Mann, der neben mir auf meinem weißen Laken unter meiner weißen Decke inmitten meiner weißen Kopfkissen lag. Er war muskulös, gebräunt, hatte volle schwarze Haare und eine Rasur bitter nötig.
    Er war durchaus nett gewesen.
    Ich würde den Anzünder mit dem roten Griff nehmen.
    Ich stellte mir vor, wie die Flamme gleich einer Feuerschlange über die beiden Körbchen kroch, der Tanga sich kräuselte und der Schritt schwarz verkohlte.
    Herrlich.
    Ich reckte mich, warf die dünnen braunen Zöpfe nach hinten und tastete unter dem Bett nach meiner Flasche Kahlúa.
    Regen schlug gegen die Scheiben. Ich trank ein paar Schluck und schritt dann nackt über den Holzfußboden meines Lofts, um aus dem Fenster zu sehen. Die klotzigen Gebäude und schnittigen Wolkenkratzer im Zentrum von Portland waren nurmehr Schemen von Stahl und Glas.
    Man hat mir gesagt, die Menschen im Geschäftshaus gegenüber könnten mich sehen, wenn ich das Fenster öffne und mich hinauslehne. Wenn ich nackt sei, gebe es immer ein wildes Durcheinander, aber das juckt mich nicht die Bohne. Es ist mein Fenster, meine Luft, mein Wahn. Meine Nacktheit.
    Außerdem musste ich dringend mal durchatmen, nachdem ich gestern diesen rosa Brief bekommen hatte. Er rief mir meine Vergangenheit in Erinnerung, was ich zu vermeiden suchte, und gemahnte mich an meine Zukunft, an die ich nicht denken möchte.
    Ich öffnete das Fenster, lehnte mich weit hinaus und schloss die Augen. Der Regen rann durch meine Zöpfe, sickerte in winzigen Bächen über die Perlen an deren Enden und über meine Schultern und Brüste.
    »Ich bin nackt«, verkündete ich laut. »Nackt und halb wahnsinnig.«
    Ich wollte nicht tun, was in dem Brief stand.
    Nein, das war einfach zu viel verlangt.
    Ich streckte die Arme weit aus, als wollte ich den Regen umarmen. Die Flasche Kahlúa baumelte in meiner Hand, und ich betrachtete mich: feste Brüste, schmale Taille, Ring im Bauchnabel. Ein Regentropfen nach dem anderen löste sich von meinen Brustwarzen, rein, klar und kalt. »Ich habe kalte Nippel. Kaltnippel«, verkündete ich laut.
    Als ich durchnässt war, winkte ich mit beiden Händen lächelnd den fleißigen, faden Arbeitsbienen im Geschäftshaus gegenüber zu in der Hoffnung, sie würden ihren Spaß haben. Den brauchten sie dringend.
    »Euer Hirn löst sich auf! Eure Seelen verfaulen! Seht zu, dass ihr da rauskommt!« Ich hielt mir die Kahlúa-Flasche an den Mund und rief: »Befreit euch! Befreit euch! «
    Zufrieden mit meinem kreativen morgendlichen Ausbruch, ging ich in die Küche und fuhr mit der Hand über den schwarzen Granit der Arbeitsplatte. Ich hievte mich hoch und legte mich, nass vom Regen, flach wie ein nackter menschlicher Pfannkuchen darauf und ließ die Füße über den Rand baumeln.
    Ich musterte den gegen die Wand gelehnten rosa Brief und nahm sein blumiges, zitroniges Parfüm wahr. Es roch erstickend.
    Nicht schreien, mahnte ich mich. Nicht schreien!
    Auf einmal spürte ich Cecilia in meinem Kopf. Ich schloss die Augen, fühlte grenzenlose Verzweiflung. Angst. Abgrundtiefe Erschöpfung.
    Das Telefon klingelte. Es verschlug mir den Atem.
    Das war Cecilia. Ich wusste es einfach.
    Solche Sachen kommen so häufig zwischen uns beiden vor, dass wir in einer Kuriositätenschau für Zwillinge auftreten könnten. Vor einer Woche rief ich sie an, weil ich sie weinen gehört hatte. Das war noch nicht mal ein bewusster Gedanke. Als sie sich am Telefon meldete, hockte sie tatsächlich im Wandschrank und heulte sich die Augen aus dem Kopf. »Beruhige dich«, sagte ich zu ihr.
    »Halt die Klappe, Isabelle«, fuhr sie mich an. »Halt einfach die Klappe!«
    Wir sind zweieiige Zwillinge, und unsere irrwitzige psychische Verbindung machte sich schon früh bemerkbar. Mit drei Jahren wurde Cecilia von einem Hund angefallen. Er ging ihr direkt an die Kehle. Sie war in unserem Vorgarten, ich war mit Momma einkaufen. In dem Moment, als Cecilia gebissen wurde, stieß ich einen Schrei aus
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