Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann
Autoren: Friedrich Gerstäcker
Vom Netzwerk:
gesetzt, die wir die größte Mühe haben, ihnen aus den Rippen wieder herauszupeitschen. Es hieß allerdings einmal, daß eine Verschwörung unter ihnen im Werke sei und daß sie im Sumpf drinnen Waffen versteckt hätten. Das ist aber Larifari, und wie wir erst einmal ein paar von den Dickköpfigen ergriffen, ausgepeitscht und zum guten Beispiel für die anderen aufgehängt hatten, sind sie vernünftig genug gewesen, ihre Dummheit einzusehen.«
    »Hm«, sagte der Händler und strich sich mit der Rechten das glattrasierte Kinn. Es war ihm eben nicht besonders lieb, das zu hören, denn wo derartige Sachen vorfielen, wurde gewöhnlich auf die Schwarzen zu scharf aufgepaßt, ihnen freie Hand zu lassen. Je stärker der Druck freilich, desto stärker auch der Widerstand, und Poleridge war überhaupt nicht der Mann, sich von einem einmal gefaßten Plan abschrecken zu lassen, noch dazu, wenn sein eigener Nutzen im Hintergrund lag.
    »Aber was habt Ihr eigentlich zu verkaufen?« fragte da der Aufseher wieder, der überhaupt gewohnt war, in dann und wann anlegenden Booten die Monotonie seines Pflanzerlebens unterbrochen zu sehen. »Man wird sich die Sachen doch wohl einmal anschauen können?«
    »Oh, gewiß - heut abend ist's nur zu spät«, sagte der Händler, »kommt aber morgen früh einmal an Bord und wir finden doch am Ende etwas, mit dem wir ein Geschäft zusammen machen können. Ich habe beinahe ein ›bißchen von allem‹, wie wir Yankees gewöhnlich unsere Fracht einnehmen.«
    »Nur keinen Whisky?«
    »Aus Grundsatz«, erwiderte Poleridge ruhig. »Ich selber gehöre zum Mäßigkeitsverein und halte es für Sünde, das Gift zu verbreiten. Das veranlaßt mich aber nicht, ihn meinen Leuten zu mißgönnen, die auch überdies weit besser und williger arbeiten, wenn sie einen Schluck von dem nichtswürdigen Stoff im Leib haben. Die Verantwortung dafür mögen sie auf sich selber nehmen; das geht mich nichts an.«
    »Sehr christlich gedacht«, lachte der Aufseher. »Man gibt auch einem Pferd Branntwein auf Bord, damit es besser laufen soll.«
    »Und warum nicht?« brummte der Händler. »Aber wenn's Euch recht ist, schickt mir nachher was von Euren Früchten herunter. Wieviel Tabak wollt Ihr haben?«
    »Ich komme morgen früh an Bord und werde ihn mir ansehen«, lautete die Antwort des Aufsehers, der wieder in den Sattel stieg und sein Pferd rasch beiseite lenkte. Die Straße herauf von dem weiter unten liegenden Herrenhaus kamen vier Reiter, zwei Herren und zwei Damen, angaloppiert, und die schnellen Ponys berührten kaum den Boden, über den sie dahinbrausten. Der Aufseher behielt auch eben nur Zeit, auf die Seite zu reiten, wobei er ehrerbietig den Hut abnahm. Der Händler blieb auf dem Damm, die Hände in den Taschen, stehen. Die Herrschaften nickten kaum nach dem Aufseher hinüber, nach dem Fremden drehten sie nicht einmal den Kopf.
    »War das der Baas?« fragte der Yankee, als sie vorüber und in einer hinter ihnen aufwirbelnden Staubwolke verschwunden waren, indem er nur eben mit dem Kopf nach der Richtung nickte.
    »Der vorn, ja. Mr. Beauchamps mit seinen beiden Töchtern und einem Besuch aus New Orleans.«
    »Ahem! Furchtbar aufgeschwollen, aber...«
    »Hat seine Ursache - wenn wir beide das nur im Jahr zu verzehren hätten, was der in jedem Monat allein durchbringt.«
    »Phew!« pfiff der Alte zwischen seinen Zähnen durch, drehte sich ab und schlenderte langsam am Ufer hinaus, sich die Gegend und Gelegenheit ein wenig zu betrachten.
    Eine halbe Stunde später kam ein alter Neger und brachte einen Korb voll Apfelsinen und Feigen. Der alte Poleridge nahm ihm die Früchte selber ab und drückte ihm dabei ein Geldstück in die Hand, aber er sprach keine drei Worte mit ihm. Drüben auf dem Damm hielt der Aufseher wieder, der aus dem Feld zurückgekommen war, und sah nach dem Boot hinab.
    Ein kleiner Bursche kam etwas später und brachte einen Armvoll Feuerholz, den er, ohne an Bord zu klettern, von der Uferbank hinunterwarf. Als ihm der Alte etwas dafür geben wollte, war er schon wieder hinter dem Damm verschwunden.
    In der Pflanzung läutete nämlich die Negerglocke, die den Sklaven ihren heutigen Feierabend verkündete. Hinter dem niederen Waldstreifen, der die nächsten Felder begrenzte und den Sumpf bezeichnete, sank eben die Sonne. Die Dämmerung ist in Amerika nur kurz, und bald darauf strichen lange Züge von Wildenten schwirrend über die mit einem leichten Nebel bedeckte Stromfläche. Weit draußen auf der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher