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Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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der Stelle liegenzubleiben, und deshalb lag es in seinem Vorteil, den Aufseher hinzuhalten. Sein Hauptplan bestand nämlich darin, mit den Negern heimlichen Branntweinhandel zu treiben, und der konnte nur dann für ihn erfolgreich sein, wenn die Schwarzen Zeit behielten. Sie selber haben selten oder nie Bargeld, stehlen aber dafür alles, was sie in der Nachbarschaft bekommen können. Die eigene und nächste Plantage schonen sie allerdings soviel wie möglich - gerade wie es der Fuchs und Marder auf ihren Raubzügen machen -, sonst aber ist ihnen auch kein Platz zu entlegen, wo sie Hühner, Ferkel, oder was sonst gerade zu bekommen ist, finden können. Unverdrossen laufen sie die ganze Nacht hindurch, ja hetzen nicht selten ihrer Herren Pferde zuschanden, und sind am nächsten Morgen wieder so rüstig und zeitig bei der Arbeit wie nur je. Wenn der Lohn der so streng verbotene Branntwein ist, dünkt ihnen keine Mühe zu groß, kein Weg zu weit.
    In ein oder zwei Tagen ließ sich aber kein ordentliches Geschäft mit ihnen machen. Sie brauchten länger, um in der ganzen Nachbarschaft herumzukommen. Nur wenn er vier bis fünf Tage liegenblieb, durfte der Yankee hoffen, seine Zeit bezahlt zu bekommen. Dann freilich war es aber auch geraten, sein Boot wieder loszuwerfen und den freien Strom zu erreichen, denn kam einer oder der andere von den Diebstählen wirklich heraus, hätte es doch unangenehme Erörterungen und Untersuchungen geben können. Denen entging er aber vollständig, sowie er sich nur wieder einmal im Strom befand. Wer wollte sein Boot dann von den anderen unterscheiden, hätten sie ihm selbst folgen mögen!
    »Für Bargeld?« wiederholte er deshalb die Frage, als ob er sich die Sache erst ein wenig überlegen müsse. »Für Bargeld nicht gerade gern - es müßte denn ein entsprechender Gewinn dafür in Aussicht stehen. Am liebsten treib ich Tauschhandel, denn Güter oder Produkte, die ich im Norden wieder gut verwerten kann, sind mir eigentlich fast lieber als Bargeld.«
    »Ich fragte Euch, ob Ihr auch Bargeld für Produkte gebt?« sagte der Aufseher. »Ihr versteht doch Englisch?«
    »Hm ja, ein wenig - ja so, in der Art - oh, gewiß, wenn ich einen vorteilhaften Handel machen kann!«
    »Und kauft Ihr auch Baumwolle?«
    »Nicht gern. Unsereiner kann da nicht mit den Dampfbooten konkurrieren, und so billig bekommt man sie selten, daß das Risiko zugleich gedeckt wäre.«
    »Und wenn Ihr sie nun so billig bekämt?«
    »Das wär freilich etwas anderes«, schmunzelte der Händler. »Habt Ihr welche? Na, ich will Euch was sagen«, schnitt er aber die Antwort selber ab, als er sah, daß der Aufseher damit zögerte. »Wenn Ihr glaubt, daß sich hier ein mögliches Geschäft machen läßt, bleib ich auch morgen hier liegen. Ich möchte überdies etwas ›Holz einnehmen‹, wie die Dampfboote sagen, das heißt, so mancherlei Frisches vom Lande holen, und wenn ich das hier bekommen könnte, wär mir's recht. Bauen Eure Neger keine Wassermelonen, Feigen oder sonstige Sachen?«
    »Mehr als genug«, brummte der Aufseher. »Anstatt sich nach Feierabend aufs Ohr zu legen und für den nächsten Tag auszuruhen, kriechen sie oft noch so lange in ihren kleinen Gärten herum und hacken und graben, bis ich sie mit der Peitsche ins Bett jage. Die haben schon derlei, aber - keinen Whisky dafür, Kamerad. - Ihr kennt wahrscheinlich die Strafe, die darauf steht?«
    »Whisky? Unsinn«, lachte der Händler. »Ich wollte, ich hätte selber welchen; das einzige Spirituose, was ich an Bord führe, ist Apfelwein. Wenn Ihr ein Freund von dem seid, damit kann ich Euch dienen...«
    »Nein, ich danke Euch«, sagte der Aufseher kopfschüttelnd. »Aber - noch eins möcht ich Euch sagen, wenn Ihr denn doch morgen hier liegenbleibt. Laßt Euch nicht mit den Niggern, die Ihr hier oder da trefft, in lange Gespräche ein. Der ›Alte‹ hat's nicht gern und ich auch nicht. Die Schufte sind so schon zu übermütig und müssen tüchtig im Zaum gehalten werden.«
    »Habt Ihr Not mit Euren Schwarzen?« fragte der Händler, den das von früheren Zeiten her noch interessierte.
    »Not?« lachte der Aufseher mit einem finsteren Blick, indem er langsam und wie in Gedanken die Peitsche hob. »Not? Wenn jemand Not hat, so sind die's. In Ordnung wissen wir sie schon zu halten, und aufmucksen darf mir keiner, sonst gnade ihm Gott. Seit einiger Zeit aber streicht hier so ein sogenanntes frommes Gesindel im Süden herum und hat den Niggern Ideen in den Kopf
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